Der Glasfaserausbau kommt in Deutschland langsamer voran als bisher angenommen. So wird im ersten Halbjahr 2024 die Glasfaserversorgungsquote nur um 1,1 Prozentpunkte auf 17,7 Prozent zunehmen.
Damit sind gerade einmal 8,1 Millionen Haushalte an das schnelle Internet angeschlossen, was einer Zunahme von nur 500.000 Haushalten in den ersten sechs Monaten dieses Jahres entspricht. Das geht aus der Gigabitstudie 2024 hervor, die der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) zusammen mit dem Beratungsunternehmen Dialog Consult vorgelegt hat.
Bislang wurde die Glasfaserversorgungsquote mit etwa einem Drittel angegeben. „Fast jeder dritte Haushalt hat die Möglichkeit, einen Glasfaseranschluss zu buchen“, heißt es noch in einer Mitteilung des Bundesdigitalministers Volker Wissing anlässlich des Zwischenberichts zur Umsetzung der Digitalstrategie der Bundesregierung.
Bis 2030, so das politische Ziel der Regierung, soll jeder Haushalt in Deutschland mit Glasfaser versorgt sein. „Bei der jetzigen Geschwindigkeit wird das Ziel 2030 nur schwer zu halten sein“, sagte VATM-Präsident David Zimmer.
Dass der VATM nun eine ganz andere Quote nennt, liegt an ihrer Definition. Bisher hat die Branche alle Haushalte als „versorgt“ definiert, die in der Nähe eines Glasfaserkabels liegen. Dabei genügte es, wenn eine Glasfaser bis zu 20 Meter von der Grundstücksgrenze entfernt lag. Im Fachjargon heißen diese Haushalte: „homes passed“, also an den Häusern vorbeigeleitet.
Tatsächlich haben aber die meisten dieser Haushalte nicht die Möglichkeit, sich anschließen zu lassen, weil ihre Wohnungen und Häuser eben nicht mit Glasfaserkabel verbunden sind, das meist nur in der Straße liegt. Dafür müsste eine Leitung von der Straße zu ihrem Haus gelegt werden, was Bauarbeiten erfordert. Doch sind die Bagger nach dem Ausbau in der Straße erst einmal weg, kommen sie so schnell nicht zurück.
Die ehrlichere Glasfaserversorgungsquote
Der VATM hat jetzt die ehrlichere Währung „homes connected“ für die Glasfaserversorgungsquote angelegt – und kommt so nur noch auf 17,7 Prozent, die tatsächlich einen Anschluss buchen könnten. Von diesen 8,1 Millionen Haushalten haben aber nur 4,6 Millionen einen solchen Glasfaseranschluss gebucht. Damit dürfte es also noch viele Jahre dauern, bis Deutschland in der Glasfaserzukunft angekommen ist.
Dass es hier nur schleppend weitergeht, liegt an der mageren Take-up-Rate, mit der die Branche den Anteil der Haushalte umschreibt, die sich anschließen lassen, wenn die Bautrupps die Glasfaser in ihre Straße legen. Der VATM-Gigabit-Studie zufolge liegt diese Rate bei der Deutschen Telekom bei lediglich 13 Prozent, bei den Konkurrenten bei gut 35 Prozent.
„Bei der Telekom geht es ganz vornehmlich um Handtuchwerfen zur Investitionsverdrängung und einer lukrativeren Weiterversorgung mit Kupfer DSL“, sagte Andreas Walter, Leiter der Gigabitstudie und Geschäftsführer der Dialog Consult. Der Vorwurf: Die Telekom baue an den Häusern vorbei, damit keine Konkurrenten Glasfaser in die Straße legten. Denn zwei Glasfasernetze lohnen sich am Ende betriebswirtschaftlich nicht mehr.
Allein die Androhung führe schon dazu, dass Investoren zurückschreckten und deswegen ihre Ausbaupläne einstellten „Die Telekom macht hier einen strategischen Überbau“, sagt VATM-Geschäftsführer Frederic Ufer.
Für die Telekom habe der tatsächliche Anschluss der Kunden an das Glasfasernetz keine Priorität, weil viele der Anwohner sowieso DSL-Anschlusskunden seien, sie müssten betriebswirtschaftlich auch nicht unbedingt ans Glasfasernetz. Damit betreibe die Telekom Rosinenpicken.
Telekom-Deutschland-Chef Srini Gopalan weist diese Vorwürfe regelmäßig zurück. Die Telekom betreibe kein Rosinenpicken. Vielmehr baue das Unternehmen in Gebieten, in denen die Anwohner mit DSL bereits leistungsfähige Anschlüsse hätten.
Deutsche halten sich bei Glasfaser zurück
Dass die Take-up-Rate der Telekom-Konkurrenten deutlich höher ist, liegt auch an ihrer Ausbaustrategie. Denn sie bauen – anders als die Telekom – häufig erst ein Glasfasernetz, wenn mindestens 30 Prozent der Anwohner für einen Anschluss gewonnen werden konnten. Ihre Investoren interessieren sich nur noch wenig an „homes passed“, mit denen kein Geld zu verdienen ist.
Offenbar halten sich die Deutschen bei der Nachfrage nach schnelleren Internetgeschwindigkeiten aber nach wie vor zurück. Zwar hätten die meisten Haushalte in Deutschland die Möglichkeit, das Gigabit zu buchen. Sechs von zehn Haushalten könnten das über die TV-Kabelnetze machen, die ebenfalls in der Lage sind, diese hohe Geschwindigkeit zu bieten. Doch die wenigsten greifen tatsächlich zu diesen hohen Bandbreiten.
Nur gut ein Viertel der Haushalte, die das Gigabit buchen könnten, machen das auch. Zwei Drittel der möglichen Gigabit-Haushalte buchen weniger als 500 Megabit pro Sekunde, vier von zehn Haushalten sogar weniger als 250 Megabit.
Das hat vor allem zwei Gründe: Zum einen reicht vielen eine niedrigere Geschwindigkeit, zum anderen sind viele nicht bereit, für mehr Geschwindigkeit auch mehr Geld zu bezahlen.