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In Familienbetrieben fehlen immer öfter die Nachfolger

Familienbetriebe werden immer öfter an Externe vergeben.
Familienbetriebe werden immer öfter an Externe vergeben.Imago / Christian Vorhofer
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Fast ein Viertel aller Betriebe mit mindestens einem Mitarbeiter steht bis 2029 vor einer möglichen Übergabe. Eine geeignete Nachfolge zu finden wird immer schwerer – besonders auch in Familienunternehmen.

Der demografische Wandel verändert nicht nur Österreichs Arbeitsmarkt, sondern auch das Unternehmertum. Denn die Zahl der Betriebe, die hierzulande übergeben werden, steigt seit Jahren an. 2022 waren es bereits 7110 Unternehmen, die ihren Eigentümer wechselten, 2015 waren es noch knapp weniger als 6000. Bis 2029 stehen laut Wirtschaftskammer (WKO) rund 51.500 Betriebe mit mindestens einem Mitarbeiter vor einer möglichen Nachfolge. Gelingen diese Nachfolgen nicht, stehen demnach mehr als 692.000 Jobs auf dem Spiel.

Zwar sei Österreich bei Unternehmensnachfolgen gut aufgestellt, betont man bei der Kammer. Doch würden die Herausforderungen für eine erfolgreiche Übergabe tendenziell steigen. Und zwar nicht nur wegen des demografischen Wandels, aufgrund dessen eine immer größere Zahl an Unternehmern im pensionsfähigen Alter einer immer kleineren Zahl an potenziellen Nachfolgern gegenübersteht. Die zunehmende Urbanisierung etwa mache den ländlichen Raum für potenzielle Nachfolger weniger attraktiv. Und gerade auch in Unternehmerfamilien gehe die junge Generation immer öfter neue Lebenswege, anstatt in die Fußstapfen ihrer Elterngeneration zu treten. Die externe Nachfolge – etwa durch Verkauf – wird laut Kammer an Bedeutung gewinnen.

Ruf nach Entlastungen

Bettina Dorfer-Pauschenwein, Vorsitzende der Jungen Wirtschaft, forderte am Donnerstag vor Journalisten Erleichterungen von Betriebsübergaben. Sie appellierte dabei an alle wahlwerbenden Parteien. Die von der Jungen Wirtschaft vorgestellte Nachfolgestrategie sieht neben zahlreichen weiteren Maßnahmen etwa steuerliche Begünstigungen für Übergeber, Bürokratieabbau bei der Übergabe und Investitionsanreize vor. Es gehe im geforderten Maßnahmenkatalog nicht nur um standortpolitische Vernunft, sondern auch um Generationengerechtigkeit. Pures Gift für Betriebsübergaben seien neue Steuern wie etwa eine Vermögens- oder Erbschaftsteuer, sagte WKO-Vizepräsidentin Martha Schultz.

Rund 50 Prozent aller Unternehmen in Österreich sind Familienunternehmen, weiß Reinhard Prügl, Leiter des Institute for Family Business an der WU Wien. Familienunternehmen seien das Rückgrat der heimischen Wirtschaft. „Wir können auf kein funktionierendes Unternehmen in Österreich verzichten“, sagt der Wirtschaftsforscher. Denn laut Zahlen der KMU-Forschung Austria erhöhen erfolgreiche Übergaben in 61 Prozent der Fälle den Umsatz der Unternehmen, in 36 Prozent bringt eine Übergabe auch neue Jobs. Prügl wünscht sich deshalb, dass Familienübergaben auch politisch jenes Augenmerk bekommen, das Start-ups zuteilwird. Auch Familienunternehmen seien Innovationstreiber, so Prügl. Aber sie seien auch regional verwurzelt, sehr häufig Ausbildungsbetriebe und sehr langfristig und nachhaltig orientiert. Gehen Familienbetriebe verloren, gehe auch Lebensqualität in den Regionen verloren.

Unternehmertum „sexy“ machen

„Gründen ist sexy“, sagt Prügl. Dieses Image wünscht sich der Wirtschaftswissenschaftler auch für Betriebsübernahmen. Denn mit einem guten Image von Unternehmertum würden sich Unternehmerfamilien auch leichter damit tun, gegebenenfalls einen externen Nachfolger zu finden. Familieninterne Übergaben sind längst keine Selbstverständlichkeit mehr. Hielten sich familieninterne und externe Übergaben im Jahr 2023 noch mehr oder weniger die Waage, wird der Anteil externer Übernahmen in den kommenden Jahren laut Experten deutlich steigen. Oft arbeiten die externen Nachfolger schon im Betrieb. Aber tendenziell steigt auch die Zahl etwa kleinerer, hochspezialisierter Betriebe, die in ausländisches Eigentum gelangen.

Anfang der Woche hat das Parlament übrigens eine Erleichterung für Betriebsübergaben beschlossen. Mit dem Grace-Period-Gesetz können Betriebe bei der Unternehmensübertragung im Familienverband künftig von der Finanz begleitet werden, um abgabenrechtliche Probleme während dieser Phase zu vermeiden.

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