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Meetings in unserem Team sind alle sinnlos – Tipps vom Produktivitätsberater

Gute Moderation im Meeting strukturiert und regt die Produktivität an. © Getty Images

Kerstin ist völlig entnervt. Die Meetings in ihrem Unternehmen fressen Zeit, bringen aber selten Ergebnisse. Was soll Sie tun?

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Frage der Woche:

Wir haben unglaublich viele Meetings, aber sie enden meist ohne Ergebnis. Es ist verschwendete Zeit, in der ich etwas Produktives machen könnte. Wie kann ich das ändern?
Dr. Peter Modler ist Unternehmensberater, Lehr-Coach und Bestseller-Autor.

Liebe Kerstin,

diese Situation gibt es vermutlich in vielen Jobs: Gelangweilt schleichen wir aus einem Meeting und bedauern die Zeit, die wir hier wieder einmal vergeudet haben. Wir sind genervt von den unsachlichen Verbalattacken von Kolleg·innen oder Chef·innen und deprimiert, weil immer dieselben Rituale aus Unterbrechungen, Eitelkeit und Desinteresse alles lähmen.

Das sind weit verbreitete Erfahrungen. Denn es ist alles andere als selbstverständlich, dass eine Gruppe von Menschen, die sich über ein fachliches Thema unterhält, tatsächlich auch produktiv wird.

Studien belegen sogar, dass die Hälfte unserer Meetings nachweislich völlig sinnlos ist. Die Gründe: Sie sind sie zu 50 Prozent ohne Tagesordnung angesetzt und extrem schlecht vorbereitet. Sie verlaufen mehr oder weniger chaotisch, mit den falschen Leuten am falschen Platz. Auf diese Weise werden laut der Beratung Proudfoot pro Arbeitsjahr 84 Tage mit sinnlosen Tätigkeiten verschwendet. Die Schweizer Doodle AG hat das in einer weltweiten Studie einmal volkswirtschaftlich hochgerechnet. Unter der optimistischen Annahme, dass pro Woche nur zwei Stunden in überflüssigen Meetings verbracht werden, ergibt das für die Schweiz einen Verlust von 33 Mrd. US-Dollar, für Deutschland sogar von 65 Mrd. US-Dollar.

Der unterschätzte Faktor Moderation

Dabei gibt es einen einzigen Faktor, der darüber entscheiden kann, ob ein Meeting glückt oder versandet: die Moderation. Der Moderator oder die Moderatorin klärt die Kommunikationsmethoden und -tools einer Gruppe und setzt diese auch durch. Moderator·innen haben also sowohl defensive wie offensive Aufgaben. Was Ihr in Eurem Team braucht, ist also als erstes eine klare Zuordnung, wer Moderator ist und was diese Person tun darf oder sogar tun muss. Wie das geht, erkläre ich hier.

Denn es ist gar nicht so leicht, die Grundlagen zu klären, wie kommuniziert werden soll (am besten, bevor das Meeting losgeht!) – die einen wollen ihre Kamera im Zoom-Meeting anhaben, die anderen nicht; die einen wollen während des Meetings auch chatten, dass es kracht, die anderen stört gerade das massiv. Wenn es dann aber tatsächlich einen verbindlichen Stil gibt, muss er von den Moderator·innen auch verteidigt werden. Denn dass so ein Standard nicht gestört wird, gehört ins Reich der Träume.

Produktivität gibt es nicht gratis: Kein Ärger, keine Ergebnisse

Leider entscheiden sich viele Moderatorinnen und Moderatoren, um des lieben Friedens willen, solche Störungen zu ignorieren. Damit geraten Meetings aber auf eine völlig schiefe Bahn. Das Ergebnis ist der bekannte Meeting-Horror. Es lässt sich sogar nachweisen, welches Verhalten von den meisten Menschen in Meetings als besonders unangenehm empfunden wird:

  • Leute, die während des Meetings an ihrem Laptop arbeiten
  • Permanent Schweigende
  • Essen während des Meetings
  • Leute, die endlos über alles reden, nur nicht über das Thema
  • Unangekündigtes Zu-spät-Kommen, Zu-früh-Gehen
  • Nebengespräche/Chat
  • Laufende Unterbrechungen
  • Entgegennahme von Anrufen während des Meetings

Eine Moderation, die das alles geschehen lässt, kann den Termin eigentlich auch gleich absagen. Wenn jemand im Unternehmen per se den Job hat, eine offene, schöpferische Gesprächskultur zu verteidigen, dann sind es Moderator•innen. Produktivität gibt es nun einmal nicht gratis.

Moderator·innen haben die Macht

Moderation ohne Macht ist unmöglich. Daher wird Moderator•innen von der Chefin oder dem Chef (die müssen sich dann allerdings auch selbst daran halten!) oder von einer wechselnden oder festen Gruppe Macht verliehen, die sie im Interesse der Gruppe einsetzen müssen. Zum Beispiel, indem sie unter Berufung auf ihre Moderationsrolle das Meeting schützen. Konkret: Die Laberer müssen gestoppt, die Nebengespräche müssen unterbunden werden, die Schweigenden hereingeholt, die Unterbrecher gebremst werden.

Es ist im Übrigen ein Missverständnis zu glauben, dass die Moderationsrolle in Firmenkulturen mit flachen Hierarchien nicht nötig ist. Genau anders herum wird ein Schuh daraus. Gerade dort, wo ein Stil wichtiger ist als die Funktionen, braucht es diese Rolle. Sonst läuft es wie in der berühmten Corona-Ministerpräsidentenkonferenz, in der Markus Söder Olaf Scholz anpflaumte: „Sie müssen hier gar nicht so schlumpfig rumgrinsen“ und sich laut fragte, was der wohl getrunken habe, während andere Sitzungsteilnehmer·innen Candy Crush spielten und Sitzungsinterna per What’sApp nach draußen verbreiteten. Hier hatte niemand moderiert mit dem Effekt, dass es fast zu einem kommunikativen Eklat kam.

Wenn eine Moderation gut funktioniert, strukturiert sie und regt an. Wo sie schlecht gemacht wird, kann sie Menschen lähmen und demotivieren. Wenn man sie ernst nimmt, kommt es zu einem interessanten Paradox: denn im Interesse der Höflichkeit muss man im Bedarfsfall auch mal unhöflich werden.

Sobald Du die Moderationsrolle einnimmst, hast du die Macht, Deinem Team mehr Produktivität zu ermöglichen. Ich wünsche Dir das nötige Durchsetzungsvermögen.

Herzliche Grüße

Dr. Peter Modler

Welche Taktiken hast Du schon ausprobiert, um ein Meeting produktiver zu gestalten? Schreibe uns Deine Herangehensweise in die Kommentare. Für weitere Fragen kannst Du uns über redaktion@xing.com kontaktieren.

Wer schreibt hier?

Peter Modler betreibt seit 1998 in Freiburg im Breisgau eine eigene Unternehmensberatung mit Schwerpunkt Firmensanierungen und Coaching. Über 2000 Führungskräfte haben an seinen Workshops und Trainings teilgenommen. Zuletzt erschien von ihm das Buch "Wenn Höflichkeit reinhaut".

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