Dr. Julian Stahl

Dr. Julian Stahl

für Job & Karriere, Politik & Gesellschaft, Wirtschaft & Management

Brückenbauer im Beruf, Spagat zwischen Kindern und Karriere: So ticken die Millennials im Job wirklich

© Getty Images
Millennials gelten als Brückenbauer zwischen den Generationen und meistern den Spagat zwischen Job und Familie.

Aufmerksamen Leserinnen und Lesern meiner Insider-Beiträge wird nicht nur aufgefallen sein, dass ich mich gern mit den verschiedenen Generationen und ihren Bedürfnissen im Arbeitsleben beschäftige, sondern auch, dass eine Generation dabei bislang noch nicht Thema war: die Millennials – oder auch Generation Y genannt.

Da ich selbst Teil dieser Generation bin, ist es mir ein Anliegen nun auch über „unsere“ Bedürfnisse zu schreiben. Um dabei aber nicht nur auf meine Einschätzungen zurückzugreifen, fußen meine Ausführungen wie gewohnt auch auf aktuellen, repräsentativen Umfragen.

Die Herausforderung: Vereinbarkeit von Beruf und Familie

In einer kürzlich von XING und dem Marktforschungsinstitut Appinio durchgeführten Befragung gaben 85% der Mitglieder der Millennial-Generation an, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für sie wichtig oder sehr wichtig sei. Dass dieser Wert höher ist als in der jüngeren Generation Z, ist wenig überraschend, wenn man bedenkt, dass die Millennials nun, da sie das Alter von Ende 20 bis Anfang 40 erreicht haben, vor der komplexen Aufgabe stehen, ihre Karriere voranzutreiben und gleichzeitig für ihre Familien da zu sein.

Der Knackpunkt: das Gehalt

Laut der ebenfalls kürzlich erschienen Wechselbereitschaftsstudie von XING und forsa sind die Millennials die mit Abstand am unzufriedensten mit ihrem Gehalt im Vergleich aller Generationen – nämlich 48% der Millennials. Mehr als jeder Zweite (58%) der Befragten, die unzufrieden mit ihrem aktuellen Gehalt sind, geben zudem an, dass sie sich vorstellen können, für ein höheres Gehalt den Arbeitgeber zu wechseln.

Wenn man bedenkt, dass die Millennials zunehmend in Management-Positionen aufrücken und Verantwortung übernehmen, ist es nicht verwunderlich, dass sie auch besser entlohnt werden wollen – gerade, wenn sie von dem Gehalt auch noch eine (wachsende) Familie ernähren müssen.

Das Selbstverständnis: Geprägt in Krisenzeiten

Um die Millennial-Generation zu verstehen – insbesondere in Abgrenzung zur GenZ – ist es wichtig, sich vor Augen zu führen, dass diese in einem grundlegend anderen Arbeitsmarkt sozialisiert wurden, als wir ihn heute vorfinden. Die Millennials wurden in einem „Arbeitgebermarkt“ groß und haben teils bereits eine Wirtschaftskrise (2008) miterlebt bzw. deren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt (hohe Arbeitslosenquote, wenige offene Stellen). Man sprach seinerzeit auch von der „Generation Praktikum“, die sich enorm ins Zeug legen musste, um eine Festanstellung zu ergattern. Das hat sie und ihre Einstellung zur Arbeit und zu Arbeitgebern natürlich geprägt. Die Generation Z wiederum ist in Zeiten eines „Arbeitnehmermarkts“ mit Fachkräftemangel und offenen Stellen allenthalben ins Arbeitsleben eingetreten und hat in diesem Umfeld von Anfang an gelernt, dass man dem Arbeitgeber gegenüber mit breiter Brust auftreten kann.

Wie blicken die Millennials auf die Jüngeren im Arbeitsmarkt?

In der Tat fühlen sich laut der Befragung von XING und Appinio mehr als ein Drittel der Millennials (34%) gegenüber jüngeren Kollegen benachteiligt. 41% der Millennials finden zudem die Forderungen jüngerer Arbeitnehmer überzogen und mehr als jeder zweite Millennial (57%) ist davon überzeugt, dass jüngeren Beschäftigten die Freizeit wichtiger ist als ihre Karriere.

Trotz allem zeigen Befragungen wie die Wechselbereitschaftsstudie, dass die Millennials in vielen der abgefragten Dimensionen – wie zum Beispiel Treue dem Arbeitgeber gegenüber oder die Sorge um den Arbeitsplatz – Ansichten vertreten, die zwischen den teils extremen Merkmalsausprägungen der jungen Generation Z und den älteren Generationen X bzw. den Babyboomern stehen.

Das Fazit: Millennials als Brückenbauer

Was also lernen wir daraus? In Zeiten des demografischen Wandels und des intensiven Wettbewerbs um Talente kommt der Millennial-Generation eine Schlüsselrolle zu. Sie sind nicht nur Fach- und Führungskräfte, sondern auch Brückenbauer zwischen den Generationen. Sie verstehen sowohl die „modernen“ Forderungen der Generation Z als auch die „klassischen“ Erwartungen der Babyboomer und der Generation X. Durch das Fördern des Dialogs und das Verständnis zwischen den Altersgruppen können Millennials einen entscheidenden Beitrag zum Unternehmenserfolg und zur Schaffung einer inklusiven Arbeitskultur leisten … und dafür dürfen sie auch gern fair bezahlt werden. Außerdem sollte man ihnen Gehör schenken, selbst wenn sie nicht ganz so (vor)laut auftreten.

Der Realitätscheck: Eure Meinung

Was mir stets das Liebste an den Insider-Artikeln hier auf XING ist, ist der Austausch mit euch, den Leserinnen und Lesern der Artikel. Deshalb:

Teilt Ihr meine Einschätzungen? Habe ich Aspekte vergessen? Ich freue mich auf Eure Kommentare!

Wer schreibt hier?

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Head of Market Intelligence, New Work SE

für Job & Karriere, Politik & Gesellschaft, Wirtschaft & Management

Promovierter Ökonom, nach vielen Jahren in der Unternehmensberatung nun seit 2019 bei XING als "Head of Market Intelligence".