Dr. Alexandra Hildebrandt

Dr. Alexandra Hildebrandt

für Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Mit Körperwissen bessere Entscheidungen treffen

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Verblüffendes Körperwissen

Warum werden verbrauchte Leberzellen fortwährend durch neue ersetzt? Warum macht stundenlanges Lesen kurzsichtig? Zeigen auch Männer typische Schwangerschaftssymptome? Kann übermäßiger Konsum von Schmerztabletten Kopfschmerzen noch verstärken? Warum riechen Kranke anders? Hemmt Alkohol die Verdauung? Warum wissen wir auch mit geschlossenen Augen und bei völliger Dunkelheit, wo sich unsere Hände und Füße befinden und ob wir gerade stehen, sitzen oder liegen? Warum können wir im fahrenden Zug lesen, obwohl sich unser Kopf ständig hin- und herbewegt? Wird Fieber am besten mit Wärme oder Kälte bekämpft? Warum altert unsere Leber nicht? Weshalb schmeckt Tomatensaft im Flugzeug so viel besser schmeckt als auf dem Boden? Wie ist es möglich, dass wir unsere Muskeln allein durch intensives Denken stärken? Ist Multitasking ein Trugschluss? Warum sind Träume lebensnotwendig? Welche Bedeutung hat das Gähnen? Körperwissen ist eine wichtige Basis, um sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen. Es bezeichnet das lebensweltliche und intime Wissen von Individuen über den eigenen Körper, aber auch die normierenden Wissensbestände über menschliche Körperlichkeit.

Der Arzt und Autor Dr. Jürgen Brater macht wissenschaftliche Forschung allgemein verständlich und vermittelt sie auf unterhaltsame Weise. In seinem aktuellen Buch „Verblüffendes Körperwissen“ vermittelt er überraschende Phänomene unseres Körpers und zeigt, was unsere Zellen und Organe leisten. Die nützliche Alltagstipps und die notwendigen Hintergrundinformationen werden durch aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Medizin und Forschung untermauert. Brater, Jahrgang 1948, hat nach dem Medizin- und Zahnmedizinstudium in diversen Kliniken gearbeitet. Seine Bücher beschäftigen sich mit den Themen „Unnützes Medizinwissen“ und „Mathe Magic“ sowie „Wer weiß das? Das geniale Quiz für Senioren“.

Warum Kopf und Darmhirn zusammengehören

Eine besondere Bedeutung hat der Darm, der zwei Drittel unseres Immunsystems ausmacht, 100-mal die Fläche der Haut hat, mehr als 20 Hormone produziert und Heimat für 100 Trillionen Bakterien ist, die bis zu zwei Kilogramm wiegen. Viele Nahrungsmittel enthalten billige Bestandteile sowie eine lange Liste von Chemikalien. Das belastet den Darm und infolgedessen den gesamten Körper. Das Thema wird wie viele andere aus der Igitt-Ecke herausgeholt – auch wird auf die Verbindung von Darm und Psyche verwiesen. Stress ist vermutlich einer der wichtigsten Reize, was vor allem daran liegt, dass unser Gehirn, wenn es ein bestimmtes Problem (wie Zeitdruck) fühlt, es lösen möchte und dafür die entsprechende Energie benötigt. Diese leiht sich das Gehirn dann vor allem vom Darm: „Bei Stress gelangen viele chemische Botenstoffe wie das Hormon Adrenalin, in die Blutbahn und wirken auf Herz, Gefäße, Magen und Darm. Adrenalin verengt kleine Arterien, sodass sich der Blutdruck erhöht. Die einen merken etwas im Bauch, andere in der Brust oder auf der Schulter, andere in den Fingerspitzen. Im Sprachgebrauch eingebürgert hat sich das ‚Bauchgefühl‘, bemerkt der Sportwissenschaftler Prof. Karsten Schumann im Sammelband „Bauchgefühl im Management“. Auch hier wird gezeigt, dass wir Kopf und Bauch zusammendenken sollten. Doch Denken und Fühlen sind bei vielen Menschen – besonders dann, wenn sie chronisch gestresst sind – getrennt. Beides zusammenzubringen, sodass die betreffende Person fühlen kann, während sie denkt, und zu denken vermag, während sie fühlt, ist ein wesentlicher Schritt dieser Integration.

Der Begriff „Bauch“ steht auch bei Jürgen Brater immer für den gesamten Körper, denn der Darm ist über die somatischen Marker sehr eng mit seinem (Zell-)Gedächtnis verbunden. 

Im Bauch fühlen wir, ob eine Situation stimmig ist oder nicht („ein mulmiges Gefühl im Bauch haben“). Stress ist vermutlich einer der wichtigsten Reize, die Hirn und Darm miteinander besprechen. Ein Grund ist vermutlich , dass unser Gehirn, wenn es ein bestimmtes Problem fühlt, dies lösen möchte und dafür die entsprechende Energie benötigt. Diese Energie leiht sich das Gehirn dann vor allem vom Darm. Brater spricht sogar davon, dass das Bauchhirn das Kopfhirn schlägt. Er verweist auf Forschungen, die belegen, dass die Probanden zufriedener waren, die Entscheidungen heraus aus dem Bauch getroffen haben. Noch ein weiteres Thema aus dem Sammelband zum Bauchgefühl findet bei ihm Erwähnung: die richtige Entscheidungsfindung. „Noch eine Nacht über die Entscheidung schlafen“, empfiehlt der Energieexperte Olaf Schulze. Das ist auch für den Stifter Reiner Meutsch ein wichtiges Instrument für das Abwägen von Entscheidungen: „Manchmal hilft es auch, wenn man eine Nacht drüber schläft – vielleicht hat sich das Bauchgefühl dann verändert, oder man sieht die Kopfentscheidung nochmals aus einem anderen Blickwinkel.“ Die schnellste Entscheidung, von der der Unternehmer Alexander Stoeckel je gehört hat, traf ein Privatinvestor aus dem Silicon Valley, der sich nach einem eintägigen Meeting mit den Gründern eine Nacht Bedenkzeit ausbedungen hatte – und dann eine Mio. US$-Dollar investierte. Es ist sinnvoll, eine Entscheidung oder neu Gelerntes eine Nacht zu überschlafen, empfiehlt auch Jürgen Brater: „Denn wenn wir müde sind, funktioniert die Zusammenarbeit zwischen unserem emotionalen Bauchgefühl und dem rational operierenden Gehirn eher schlecht. Das sieht am nächsten Morgen ganz anders aus.“

Das Buch:

  • Jürgen Brater: Verblüffendes Körperwissen. Konkurrierende Augen, schmerzende Geräusche, denkende Muskeln – ein Arzt erklärt erstaunliche Phänomene unseres Organismus. Yes Publishing, München 2024.

Weiterführende Informationen:

  • Alexandra Hildebrandt und Reiner Meutsch: Es geht ums Tun und nicht ums Siegen - Olaf Schulze: Das Gesetz der großen Zahlen! Wie man mit Bauchgefühl der Realität sehr nahekommen kann - Karsten Schumann: Spitzenfußball zu „erfühlen“ macht den Unterschied. Alle Beiträge in: Bauchgefühl im Management. Die Rolle der Intuition in Wirtschaft, Gesellschaft und Sport. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. SpringerGabler Verlag 2021.

Wer schreibt hier?

Dr. Alexandra Hildebrandt
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Freie Publizistin und Autorin, Nachhaltigkeitsexpertin, Dr. Alexandra Hildebrandt

für Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".
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