Dr. Alexandra Hildebrandt

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für Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Warum das Thema Wasser für Wirtschaft und Gesellschaft von höchster Relevanz ist

© Dr. Alexandra Hildebrandt

Weltweit müssen nach Angaben der WHO mehr als eine Milliarde Menschen verunreinigtes Wasser trinken, weitere 2,3 Milliarden leiden unter Wassermangel. Täglich sterben Tausende Menschen an Durchfallerkrankungen. Gleichzeitig ist die Vielfalt der Süßwasserarten seit 1970 um mehr als 80 Prozent zurückgegangen. 

Das geht mit großen finanziellen Verlusten von Unternehmen weltweit einher: Im Zusammenhang mit Wasserknappheit oder -verschmutzung beliefen sie sich 2018 auf 38,5 Milliarden US-Dollar (Quelle: BCG). Wächst die weltweite Wassernachfrage weiter, wird sie das verfügbare Angebot im Jahr 2030 (in Milliarden Kubikmetern) um 40 Prozent übersteigen (Quelle: 2030 Water Resources Group).

Wenn heute von weltweiter Wasserknappheit gesprochen wird, bedeutet das nicht nur, dass es faktisch zu wenig Wasser gibt – sie kann auch durch andere Umstände wie die Privatisierung von Gewässern entstehen: Private Konzerne kaufen sich beispielsweise verstärkt in die Wasserversorgung von Städten ein. In Deutschland verdienen sie bei vier bis zehn Wasserhähnen mit. In Entwicklungsländern ist der Anteil häufig sogar noch höher. Dabei hatte die UNO am 28. Juli 2010 beschlossen, dass sauberes Trinkwasser ein Menschenrecht sei und keine Handelsware, Konsum- oder Geldanlage.

Das Thema Wasser ist für Wirtschaft und Gesellschaft von höchster Relevanz.

Anders als die globalen CO2-Emissionen sind die Risiken des Mangels als auch des Überflusses von Wasser eine sehr lokale Herausforderung, was die Komplexität in der Problemanalyse und -lösung erhöht. Experten der Boston Consulting Group sind davon überzeugt, dass in den nächsten Jahren eine Vielzahl von Unternehmen in unterschiedlichen Sektoren eine „Wasserrisikoanalyse“ und eine „Wasserstrategie“ benötigen werden. Die Wasserwirtschaft bzw. das System der Trinkwasserversorgung wird durch den Klimawandel vor enorme Herausforderungen gestellt. 

Neben häufiger auftretenden Starkregenereignissen wird künftig mit länger anhaltenden Trockenperioden zu rechnen sein. Um die Trinkwasserversorgung flächendeckend zu gewährleisten, muss die Trinkwasserinfrastruktur in einigen Regionen angepasst und gestärkt werden. Um die Grundwasserneubildung zu verbessern, muss allerdings auch der Städtebau neu gedacht werden: Es werden mehr Versickerungsflächen sowie die Anlage von Flutrinnen und Retentionsräumen benötigt, um Regenwasser in den Wasserkreislauf zurückzuführen.

Die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser für den menschlichen Gebrauch ist „Teil der Daseinsvorsorge“ (BCG) - ebenso wie die Landwirtschaft, für die effiziente Bewässerungsmethoden gefördert werden müssen (z. B. die Tröpfchenbewässerung, wie sie in trockeneren Weltregionen angewandt werden). Der Schutz unserer Wasserressourcen muss deshalb ganz oben auf der politischen Agenda stehen, so die BCG

Rund 70 Prozent des weltweiten Wasserverbrauchs entfallen auf die Landwirtschaft.

Hier gibt es ein enormes Potenzial zur Umsetzung von effizienzsteigenden Maßnahmen. Ein Ansatz, der als „Präzisionslandwirtschaft“ bezeichnet wird, kann beispielsweise durch Ferndatenerfassung die Wasserstände der einzelnen Kulturen in Echtzeit überwachen und so den Wasserbedarf und die Wasserverluste in landwirtschaftlichen Betrieben berechnen. Jüngsten Studien zufolge kann auf Grundlage dieser Informationen der Wasserverbrauch in der Landwirtschaft um 60 bis 75 Prozent gesenkt senken. 

Auch mit Blick auf Hitzeperioden wird es immer wichtiger, die Grundwasserqualität zu sichern. Je weniger Wasserressourcen verschmutzt werden, desto mehr Grundwasser steht zur Verfügung. Leider ist die Hälfte des Grundwassers in Deutschland mit Nitrat belastet - am höchsten sind die Werte in Regionen mit viel Massentierhaltung. Nitrateinträge durch den Einsatz von Düngemitteln müssen in der Landwirtschaft deshalb unbedingt reduziert werden. 

Die vergangenen Jahre zeigten leider, dass vorwiegend Verschmutzungen aus konventioneller industrieller Landwirtschaft immer mehr Mineralquellen erreichen. Es wurden viele Stoffe im Wasser gefunden, die dort nicht hingehören: Chemikalien, Abbauprodukte von Pestiziden, Nitrat, Arzneimittelrückstände oder künstliche Süßstoffe. Von etlichen Substanzen sind die Auswirkungen auf den menschlichen Organismus nicht einmal bekannt, auch gibt es für den Großteil von ihnen in den gesetzlichen Bestimmungen noch keine Grenzwerte. Da die Natur diese Substanzen nicht abbauen kann, müssen sie mit aller Konsequenz von den Quellen ferngehalten werden.

Jährlich gehen etwa 32 Milliarden Kubikmeter Wasser aufgrund einer schlechten oder veralteten Wasserinfrastruktur verloren.

Das geht aus einer Analyse der Weltbank hervor. Für ein zukunftsweisendes Wassermanagement ist deshalb besonders die Wiederverwendung von Abwasser essenziell. Vor allem chemische Substanzen und Arzneimittelrückstände belasten deutsche Abwässer (und wurden sogar in Trinkwässern nachgewiesen): Viele Kläranlagen können diese Rückstände nicht vollständig herausfiltern, und so gelangen diese in die Gewässer. Deshalb müssen neue Filter entwickelt und zusätzliche Reinigungsstufen in die Kläranlagen eingebaut werden. 

Effizienter als die nachträgliche Reinigung ist es, wenn Abwässer in geschlossenen Kreisläufen direkt vor Ort gereinigt und wiederverwendet werden. Neue Technologien können Abfälle aus Grubenlatrinen in sauberes Trinkwasser und Strom umwandeln – aber auch in nützliche Endprodukte wie organischen Dünger und aus Insekten gewonnenes Tierfutter. 

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Freie Publizistin und Autorin, Nachhaltigkeitsexpertin, Dr. Alexandra Hildebrandt

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Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".
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