Wie hart trifft die aktuelle Entlassungswelle die Arbeitnehmer?

Der deutsche Jobmotor gerät ins Stottern: Die Deutsche Bank will 18.000 Menschen entlassen, Ford 5000, Volkswagen 4000, BASF 3000. Was bedeutet heute der Arbeitsplatzverlust für die Betroffenen?

Unternehmen sollten zuerst umschulen, statt zu entlassen

Christian Summa
  • Unternehmen müssen Personalentscheidungen langfristiger treffen
  • Häufig werden Mitarbeiter entlassen, die man anderswo hätte einsetzen können
  • Arbeitnehmer ziehen eine Umschulung dem Jobwechsel vor

6.787 Reaktionen

Und weg ist der Job! Der Schock war groß, als die Deutsche Bank ankündigte, 18.000 Stellen abzubauen. Das angeschlagene Finanzinstitut folgte mit dieser Entscheidung anderen Dax-Größen wie Volkwagen, Bayer oder BASF. Sie alle haben massiven Stellenabbau angekündigt. Aber die Deutschen beunruhigt diese Entwicklung (noch) wenig: Die aktuelle Von-Rundstedt-Umfrage „Talents & Trends“ zeigt: Jeder Dritte ist der Meinung, im Kündigungsfall schnell einen neuen Job zu finden. Massenentlassungen, die früher breiten gesellschaftlichen Widerstand auslösten, scheinen die Deutschen heute nicht mehr in Panik zu versetzen: 46 Prozent macht negative Berichterstattung keine Angst vor Jobverlust.

Eine vorausschauende Planung setzt zuerst auf Personalumbau statt -abbau

Die erste Sparwelle der Großkonzerne ist jedoch nur der Anfang. Durch Globalisierung und technischen Fortschritt verändern sich die Märkte, auch der Arbeitsmarkt. Für Unternehmen bedeutet das, dass sie Personalstrukturen an die neuen Bedürfnisse anpassen müssen – neue Fähigkeiten und Spezialwissen sind gefragt.

So wird beispielsweise in der Lagerlogistik Personal eingespart, während in anderen Bereichen, zum Beispiel in der IT, Mitarbeiter dringend benötigt werden. Gerade diese Mitarbeiter sind jedoch gefragt und schwer zu rekrutieren. Hier ist der Bewerbermarkt leergefegt.

Oftmals fehlt hierbei der Blick fürs Ganze. Viele Unternehmen vernachlässigen beim Personalabbau, Mitarbeiter auf der Entlassungsliste systematisch zu evaluieren und zu prüfen, ob sie gegebenenfalls über gesuchte Qualifikationen verfügen oder kurzfristig für offene Stellen qualifiziert werden könnten. Denn meist ist die Fortbildung vorhandener Mitarbeiter durch einen staatlich unterstützten internen Qualifizierungsbetrieb kostengünstiger als ein aufwendiger Recruitingprozess, der häufig wenig Aussicht auf Erfolg bietet. Zudem ist Stellenabbau im großen Stil hart – nicht nur für die gekündigten Arbeitnehmer, sondern auch für diejenigen, die bleiben. In der Regel leiden das Arbeitsklima und die Unternehmenskultur unter dem einschneidenden Erlebnis.

Es stellt sich die Frage: Warum gehen Unternehmen den harten Weg, wenn sie häufig auch aus dem vorhandenen Mitarbeiterpool schöpfen könnten?

Die Gründe sind (meist) trivial. Manche Personalverantwortliche sind überfordert, wenn Unternehmen im großen Stil Personal ab- und umbauen. Oft genug wird dann anhand von Personalunterlagen und Informationen ausgesiebt, die längst nicht mehr aktuell sind. Dabei gelingt ein umfassender Umbau nur über den aktiven Austausch mit den Mitarbeitern. Nur so ist es möglich, Fähigkeiten und Talente in der Belegschaft zu identifizieren und geeignete, motivierte Mitarbeiter zu finden und für neue Aufgaben fit zu machen.

Mitarbeiter fürchten im Kündigungsfall jobbedingte Umzüge und weniger Gehalt

Mit einer vorausschauenden Strategie würden Unternehmen zudem den Wünschen von Mitarbeitern entgegenkommen. Denn diese wünschen sich im Job vor allem Kontinuität: Laut der „Talents & Trends“-Umfrage fürchten 43 Prozent der Deutschen, im Kündigungsfall eine schlechtere Position oder weniger Gehalt annehmen zu müssen. Viele würden daher einen internen Wechsel, bei gleichwertiger Position, einer Kündigung vorziehen. Rund 29 Prozent sorgt ein jobbedingter Umzug – auch diese Gruppe würde gegebenenfalls eine Umschulung einem Umzug aufgrund eines Jobwechsels vorziehen.

Unternehmen müssen die Veränderungsbereitschaft der eigenen Mitarbeiter fördern

Durch ständigen Wandel und zunehmenden Wettbewerbsdruck sind die Unternehmen mittlerweile im Dauerumbau. Und dies vor dem Hintergrund eines abgegrasten Bewerbermarkts und oftmals überlasteter Personalabteilungen – eine chronische Entwicklung. Arbeitgeber sollten daher im Dialog mit ihren Mitarbeitern bleiben und diese für den Wandel sensibilisieren, aber auch aktiv auf Veränderungen vorbereiten und schulen. Denn diese Investition in das Bestehende entscheidet maßgeblich über den künftigen Erfolg von Unternehmen.


Debattieren Sie mit, liebe Leserinnen und Leser! Würden Sie auch eine Umschulung einem Jobwechsel vorziehen? Haben Sie persönlich einmal eine Situation erlebt, in der Sie Angst um Ihren Arbeitsplatz hatten? Welche Erfahrungen haben Sie dabei mit Ihrem Arbeitgeber gemacht? Wir freuen uns auf Ihre Beiträge!

Veröffentlicht:

Christian Summa
© v. Rundstedt & Partner GmbH
Christian Summa

Director Workforce Transformation, von Rundstedt & Partner GmbH

Christian Summa (Jg. 1971) ist Director Workforce Transformation und Partner bei der Beratungsfirma von Rundstedt. Er leitet die Kundenbetreuung in Personalumbau- und Personalabbauprojekten. Der Diplomkaufmann verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung als Führungskraft und Berater bei Restrukturierungen und im Changemanagement. Bevor er bei von Rundstedt einstieg, war er in den Branchen Luft- und Raumfahrt sowie Automotive tätig. Ehrenamtlich engagiert sich Summa als Vorstandsvorsitzender im Verein „Zeit für Ethik“.

Mehr anzeigen

Werd kostenlos XING Mitglied, um regelmäßig Klartext-Debatten zu aktuellen Themen zu lesen.

Als XING Mitglied gehörst Du zu einer Gemeinschaft von über 21 Mio. Berufstätigen allein im deutschsprachigen Raum. Du bekommst außerdem ein kostenloses Profil, spannende Fach-News und passende Job-Vorschläge.

Mehr erfahren