Lernen wir wirklich etwas, wenn wir scheitern?

Mittlerweile gehört es zum guten Ton: das Scheitern. Wer Fehler in seinem Unternehmen nicht zulässt, ist auch nicht New Work. Doch sind Fehler den Hype wert und wie sollte man mit Fehlern umgehen?

Marcell Jansen
  • Wenn man nicht gut zusammenspielt, verliert man – auch als Unternehmer
  • Eitelkeit ist jedoch fehl am Platz – es muss immer um die Sache gehen
  • Aufgeben wird erst dann zum Problem, wenn man nichts daraus lernt

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Hinfallen tut weh, egal ob als Sportler oder Unternehmer. Ich spreche aus Erfahrung. Doch ich versuche, immer wieder aufzustehen und neuen Anlauf zu nehmen.

Ich wurde vor Kurzem gefragt, ob sich die Angst vor dem Scheitern als Unternehmer genauso anfühlt wie als Leistungssportler. Die Frage hat mich ins Grübeln gebracht. Ich stehe nun seit gut vier Jahren nicht mehr selbst als Profi auf dem Platz, kann mich aber noch an unzählige Momente erinnern. Druck und Euphorie liegen da dicht beieinander, und natürlich war der Sieg immer das Ziel – aber es klappt eben nicht jedes Mal. Fakt ist: Wenn man nicht gut zusammenspielt, verliert man. Das ist als Gründer nicht anders. Scheitern tut immer weh, vor allem wenn der Ehrgeiz groß ist und viel Herzblut drinsteckt, im Sport wie im Business.

Aber ich habe auch gelernt, dass es um die Sache gehen muss, nicht um die einzelne Person. Eitelkeit ist da fehl am Platz. Man kann zwar auch als Einzelkämpfer gewinnen, aber aus meiner Erfahrung fühlt es sich als Team einfach besser an. Ziel als Unternehmer – und auch als Fußballtrainer – sollte es daher immer sein, sich die besten Leute ranzuholen, die mit dir gemeinsam eine Vision nach vorn bringen wollen. Und überall, wo Menschen am Werk sind, passieren nun mal auch Fehler – und das ist vollkommen okay.

Ohne Arbeit kein Erfolg

Am Ende geht es doch nicht darum, ständig der oder die Beste zu sein und nur eine Fassade aufrechtzuerhalten. Wenn wir alle mit ein bisschen mehr Menschlichkeit und Verständnis füreinander an die Dinge herangehen würden, wäre uns glaube ich schon sehr geholfen. Dabei darf aber auch nicht vergessen werden, dass Erfolg harte Arbeit vorausgeht. Ich treffe in meiner Rolle als Unternehmer immer wieder Leute, die irgendetwas gründen und damit supererfolgreich sein wollen. Doch bereit, auch ordentlich anzupacken, sind sie nicht.

Erfolg kommt aber eben nicht von allein, und schon gar nicht über Nacht. Manchmal braucht es kräftezehrende, frustrierend lange Jahre, bis tolle Unternehmen ganz realistisch Erfolgszahlen verbuchen können. Und manche schaffen den Durchbruch leider nie, sondern scheitern mit ihrem Projekt.

Ich schaue immer zuerst auf mich selbst

Dann kommt der Punkt, an dem man sich eingestehen sollte, dass es nicht klappt. Aufgeben ist keine Schande – ein Problem wird es erst, wenn man nichts daraus lernt.

Ich hinterfrage mich im ersten Schritt erst mal selbst: Woran hat es gelegen? Was hast du persönlich vielleicht falsch gemacht? Lag es an der Idee oder an den Ressourcen? Ohne Selbstreflexion geht es nicht – vor allem wenn man nach dem Scheitern ein neues Projekt anstoßen möchte.

Auch das Unternehmertum ist ein Mannschaftssport

Man hat nur eine Chance. Wenn du deine eigenen Schwachstellen kennst, dann kannst du auch viel besser mit Kritik umgehen. Am Ende zählt das Wissen, alles gegeben zu haben und sich selbst treu geblieben zu sein. Dann spuken irgendwann auch nicht mehr die Stimmen von außen durch den Kopf. Wenn ich immer auf Kritiker gehört hätte – und von denen gab es einige –, dann hätte ich wahrscheinlich nie etwas auf die Reihe bekommen.

Letztendlich ist das Unternehmertum – ähnlich wie der Fußball – ein Mannschaftssport. Man braucht eine gute Startaufstellung mit den unterschiedlichsten Kompetenzen und einen guten Teamgeist, um gemeinsam für die gleiche Sache zu kämpfen. Mal verliert man, und mal gewinnt man – das ist das Leben.


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Veröffentlicht:

Marcell Jansen
© privat
Marcell Jansen

Ex-Profifußballer und Unternehmer

für Sport, Lifestyle, Health Management

Der ehemalige Profi-Fußballer (Jg. 1985) spielte für Borussia Mönchengladbach, den FC Bayern München und den Hamburger SV. Mit der dt. Nationalmannschaft nahm Marcell Jansen an der WM 2006 und 2010 sowie an der EM 2008 teil. 2015 beendete er im Alter von 29 Jahren seine Profikarriere. Seit dem 19. Januar 2019 ist Jansen Präsident des Hamburger SV. Zudem ist er Gründer und Unternehmer mehrerer Firmen im Gesundheits-, Sport- und Lifestylebereich, u.a. das Sanitätshaus S'Tatics und die glutenfreie Pâtisserie Isabella.

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