Gerade beenden wieder viele Jugendliche ihre Schulkarriere mit dem Abitur, in einigen Wochen stehen für den Rest Zeugnisse an, ab Herbst beginnen die neuen Semester an den Universitäten, dazu werden dringend Fachkräfte in der Industrie gesucht. Und welches Fach verbreitet bei Schülern, Studenten und Auszubildenden Angst und Schrecken? MATHEMATIK!
Matheklausuren im Abitur sind zu schwer, Aufgabenstellungen zu missverständlich, der Bezug zur Praxis fehlt, und die Abbrecherquote im Studium ist ebenfalls zu hoch. Doch auch wenn Mathe selten Freude erzeugt, so ist es doch die Basis für die Zukunft.
Wir unterrichten wie vor 100 Jahren
Alles in Wirtschaft und Technologie basiert auf Mathematik – heute mehr denn je! Die Digitalisierung durchdringt alle Bereiche in der Industrie. Händeringend werden Informatiker, Techniker und Naturwissenschaftler gesucht. Mathematik ist das verbindende Element, die Sprache der Technik. Deshalb braucht die Jugend dringender als je zu zuvor einen neuen Zugang zur Mathematik.
Wie konnte Mathe eigentlich so in Verruf geraten? Das Problem sind Verständnislücken, hervorgerufen durch ein Schulsystem, das für eine veraltete Industrie erschaffen wurde. Steigt jemand im Jahr 1919 in eine Zeitmaschine und findet sich plötzlich im Hier und Jetzt wieder, sieht er eine völlig andere Welt. Nur eines ist überwiegend gleich geblieben: der Klassenraum – inklusive der Methodik, auf Tests hinzuarbeiten.
Wichtig wird sein, Zusammenhänge zu erkennen und Probleme zu lösen
Ich selbst war immer fasziniert von Mathe. Es ist eine fantastische Sprache, mit der man selbst komplexe Zusammenhänge vereinfacht darstellen kann. In einer sich exponentiell ändernden Welt wird es mehr denn je wichtig sein, schnell Zusammenhänge zu erkennen und Probleme zu lösen. Genau da hilft die Mathematik samt entsprechender Algorithmen. Muster und Strukturen zu erkennen sollte daher immer im Fokus des Unterrichts stehen.
Es gibt aber noch mehr Ansätze, um den Matheunterricht zu verbessern: Technologie kann den Lehrer entlasten. Unterrichtsmitschnitte und Übungen könnten auch online von zu Hause aus abgerufen werden. Speziell in der Mathematik sollten (Rechen-)Fehler kein Malheur sein, sondern der Beginn guten Unterrichts, denn darin steckt Erkenntnis. Praxisnähe sollte man nicht künstlich vortäuschen, indem man in Textaufgaben den Filmanbieter in „Netflix“ umbenennt. Es bedarf relevanter Beispiele auf Basis dessen, was in der Wirtschaft an Fähigkeiten gebraucht wird, wie das Erfassen, Abschätzen und In-Bezug-Bringen von Daten. Auch die Robotik wird immer wichtiger. Berührungsängste zu ihr lassen sich vermeiden, indem Schüler schon früh spielerisch an diese Thematik herangeführt werden – ebenso wie an das Programmieren.
Statt Rechnen müssen Schüler das Interpretieren lernen
Großartige Tools ermöglichen das computergestützte Erleben der Mathematik, wie das Programm GeoGebra oder die Plattform WolframAlpha. In einem Gespräch mit dessen Gründer, Conrad Wolfram, sprach ich über sein aktuelles Projekt, Computerbased Math. Die Idee ist, dass routinemäßige mathematische Berechnungen im Unterricht mit einem Computer durchgeführt werden, sodass sich die Schüler auf die Anwendung und Interpretation mathematischer Techniken konzentrieren können.
Ich hoffe, dass mehr und mehr Lehrer den Umbruch mitgestalten – doch dafür müssen ihnen die Bildungsministerien auch „mehr Leine geben“, damit sie Dinge ausprobieren können. Das kann zu Beginn auch einfach mal ein klasseneigener Youtube-Channel sein.
Diskutieren Sie mit, liebe Leserinnen und Leser! Wie sind Ihre Erfahrungen mit der Schule und speziell dem Mathe-Unterricht gewesen? Teilen Sie die Vorschläge des Autors, was sich an der Wissensvermittlung ändern sollte? Was wären Ihre Ansätze? Wir freuen uns auf lebhafte Debatten!
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