Der Mini-Exit ist da: Was bedeutet das für Unternehmen?

In Österreich und Deutschland dürfen kleinere Läden wieder öffnen, die Kontaktbeschränkungen aber bleiben. Der Druck auf die Wirtschaft nimmt kaum ab. Wie können Unternehmen reagieren?

Jetzt ist die Zeit, in europäische Start-ups zu investieren

Sebastian Borek
  • Viele Start-ups und Mittelständler sind von der Coronakrise existenziell bedroht
  • Risikokapital wird in diesen Zeiten dringend benötigt
  • Invests in verantwortungsvolle Unternehmen zahlen sich auch ethisch aus

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Die Regierung hat entschieden: Ein paar Läden dürfen wieder öffnen, aber die Kontaktbeschränkungen werden verlängert. Einen Großteil unserer Unternehmen trifft jeder Tag davon trotz zugesagter Hilfen hart, die Hälfte von ihnen gilt bereits als gefährdet. Doch ich sehe darin auch eine Chance, und zwar besonders für Investoren. Die wirksamste Waffe gegen das Virus ist, Verantwortung füreinander zu übernehmen – und das kann auch unternehmerisch im wahrsten Sinne des Wortes zum Gewinn werden.

Aber zunächst einmal zurück zu Corona: Wenn man so einer Krise überhaupt etwas Positives abgewinnen kann, dann ist es für mich, dass sich Menschen, Unternehmen und Politik gemeinsam in eine Richtung bewegen – um füreinander einzustehen, die Zahl der Infektionen zu verlangsamen und insbesondere den Schutz älterer Menschen zu gewährleisten. Der Schutz der Menschen steht für mich über allem – weit vor den Interessen der Wirtschaft.

Auch das einvernehmliche Vorgehen in Deutschland und Europa beeindruckt mich. Plötzlich ist es möglich, etwas beherzt anzupacken und von heute auf morgen zu verändern. Und ich frage mich: Warum ist es bei der Digitalisierung nicht auch so? Denn gerade in diesen Tagen erleben wir, was wir ihr alles zu verdanken haben. Zum Beispiel dass viele von uns – vielleicht zum ersten Mal – im Homeoffice arbeiten. Und das Risiko einer Ansteckung für uns und andere damit minimieren.

Auch dank vieler Start-ups können wir so komfortabel von zu Hause arbeiten

Dank digitaler Entwicklungen können wir zu Hause unseren Jobs nachgehen und gleichzeitig Kinder betreuen. Wir werden unserer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht, während wir gleichzeitig mit unserer beruflichen Tätigkeit die Wirtschaft stützen. Wir können in unseren Teams kommunizieren und mit Menschen auf der ganzen Welt zusammenarbeiten.

Corona beschleunigt die Digitalisierung. Aber nicht nur deswegen haben es digitale Entwicklungen verdient, mehr Aufmerksamkeit und Förderung zu bekommen. Genauso wie zahlreiche Start-ups, die diese Entwicklungen maßgeblich vorangetrieben haben. Ihre Produkte und Dienstleistungen sind lange nicht alles, wovon wir aktuell in besonderer Weise profitieren – sondern auch ihre Arbeitsweisen. Die haben sich in Zeiten, in denen heute niemand sagen kann, was morgen sein wird, auch Politiker und Wirtschaftslenker zu eigen gemacht.

Damit meine ich, Dinge einfach anzupacken, zu sehen, was passiert, entsprechende Anpassungen vorzunehmen – sogenanntes iteratives Arbeiten – so lange, bis das gewünschte Ergebnis erreicht ist. Nicht zu warten, bis eine Sache perfekt zu sein scheint, sondern loszulegen und gemeinsam in die richtige Richtung zu arbeiten. Besonders in Krisenzeiten sind neue Ideen und Lösungen gefragt, genauso wie Mut und Macher. Es geht darum, Neues zu denken und zu kreieren, Dinge zur rechten Zeit proaktiv anzugehen – statt erst kurz vor knapp oder zu spät zu reagieren. Denn Zukunft will gestaltet sein. Dafür braucht es auch finanzielle Unterstützung – im Moment sogar sehr dringend.

Wer jetzt investiert, kann nicht nur finanziell profitieren

Es geht für viele Unternehmen um alles – deshalb sollten Investoren jetzt handeln und Sonderdarlehen zur Verfügung stellen. Das Kapital ist vorhanden, und gebraucht wird es zur Sicherung von Liquidität und Fortbestand von Unternehmen – jetzt, in diesem Moment, in dem Sie diesen Text lesen! In besonderer Weise möchte ich Ihnen den folgenden Abschnitt ans Herz legen. Denn ich möchte damit enden, wie verantwortliches unternehmerisches Handeln zur Hoffnung für die ganze Weltbevölkerung in der Coronakrise werden kann.

Im Moment wird vielen Menschen bewusst, dass ihre teils lebensnotwendigen Medikamente dort hergestellt werden, wo es günstig ist. Meist zulasten von Menschen, die zu Niedriglöhnen beschäftigt werden. Sodass es sich lohnt, Produkte auf Kosten der Umwelt durch die ganze Welt zu transportieren, statt sie in Deutschland oder Europa herzustellen.

Doch es geht auch anders, wie aktuelle Beispiele zeigen. So hat Bosch einen Coronaschnelltest entwickelt. Der Impfstoffentwickler Curevac mit Sitz in Tübingen bietet uns die Chance, in absehbarer Zeit einen in Deutschland entwickelten Impfstoff zu haben. Das Projekt PEPP-PT ist eine europäische Plattform, auf deren Grundlage gerade Apps entwickelt werden, mit denen Infektionsketten schneller nachverfolgt werden können – und zwar ohne in die Privatsphäre und den Datenschutz der Nutzer einzudringen.

Das sind alles Beispiele dafür, wie wichtig es ist, Top-Forschungs- und -Technologieunternehmen mit ethischen Werten in Deutschland und Europa aufzubauen und zu finanzieren. Denn Verantwortung zu übernehmen endet nach meinem Verständnis nicht an einer Landesgrenze oder an der Schwelle zu einem anderen Kontinent.

Unser Anspruch ist hoch: Wir wollen Menschen zu Tech-Unternehmern und -Unternehmerinnen ausbilden, die das Rüstzeug haben, den neuen digitalen Mittelstand aufzubauen. Mit europäischen Werten und dem Anspruch, eine wünschenswerte Zukunft für uns alle zu kreieren. Wer schnell skaliert, dabei aber seine Angestellten nicht entsprechend am Wertzuwachs teilhaben lässt, braucht sich erst gar nicht bei uns zu bewerben.

Es geht um Menschlichkeit und darum, Unternehmen zu fördern, die dieses grenzenlose Verständnis von Verantwortung teilen. Wer jetzt in solche Unternehmen investiert oder ein solches Unternehmen gründet, der wird mehr als seiner Verantwortung gerecht – er darf zudem einen Return erwarten, dem ebenfalls keine Grenzen gesetzt sind.

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Sebastian Borek
© Borek
Sebastian Borek

CEO, Founders Foundation

Sebastian Borek ist CEO der Founders Foundation, Start-up Coach, Angel Investor und Serial Entrepreneur. In den vergangenen Jahren hat er mehrere Unternehmen aufgebaut und geleitet und unterstützt Unternehmer Talente in der Start-up Szene.

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