Ausblick auf 2019: Das erwartet uns in Politik und Wirtschaft

2018 war geprägt von politischen und wirtschaftlichen Konflikten - in Europa und weltweit. Auch in diesem Jahr stehen die Zeichen auf Rezession. Zudem stehen einige Wahlen an. Das kommt auf uns zu.

Prof. Dr. Thomas Mayer
  • Zinserhöhungen, Handelsstreit und Brexit verunsicherten 2018 die Märkte
  • Die Weltkonjunkturuhr des Ifo-Instituts bewegt sich auf eine Rezession zu
  • Für Anleger heißt das, ihr Portfolio wetterfest zu machen

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Bis Ende September vergangenen Jahres schien die Welt noch in Ordnung zu sein. Globale Aktienindizes erreichten neue Höchststände, und der Internationale Währungsfonds prognostizierte in seinem „World Economic Outlook“ vom 3. Oktober 2018 ein stabiles Wachstum der Weltwirtschaft von 3,7 Prozent für 2018 und 2019. Doch im letzten Quartal des Jahres ging es bergab. Der globale, in US-Dollar ausgedrückte, Aktienindex MSCI sank bis Ende 2018 im Vergleich zum Vorjahr um 12 Prozent. Die Ökonomen begannen, ihre Prognosen zurückzustutzen. Zwar beteuerten sie, dass mit einer Rezession nicht zu rechnen sei, doch die Darstellung des Weltwirtschaftsklimas durch die sogenannte Weltkonjunkturuhr des Ifo-Instituts bewegt sich darauf zu.

Was war geschehen? Eine ganze Reihe von Ereignissen verunsicherte die Märkte und verschlechterte die Stimmung in den Unternehmen:

  • Die Zinserhöhungen der US-Notenbank Fed begannen ihre Wirkung auf hoch verschuldete Unternehmen und Staaten zu entfalten. Schon im Sommer 2018 erlebte die Türkei deshalb eine Zahlungsbilanzkrise, die einen Flächenbrand in den Schwellenländern auszulösen drohte. Zudem verunsicherten auch die damit einhergehenden Auseinandersetzungen zwischen US-Präsident Donald Trump und Fed-Chef Jerome Powell die Anleger zunehmend.
  • Auch in China, der nach Kaufkraftparität inzwischen größten Wirtschaft der Welt, gab es zahlreiche Warnsignale, die Sorgen um das Wachstum auslösten. Die wohl wichtigsten waren der Widerstand der People’s Bank of China gegen die weitere Zunahme der Verschuldung chinesischer Unternehmen, aber auch deren Finanzierung mit strukturierten Produkten durch „Schattenbanken“ wie Geldmarktfonds, Investmentfonds und Hedgefonds.
  • Das ganze Jahr wurde von dem US-Handelsstreit begleitet. Im März verhängte Trump zunächst Strafzölle auf Aluminium und Stahl aus der EU, Kanada und Mexiko. Doch auch der Handelskonflikt mit China spitzte sich zu und fand im September seinen Höhepunkt, als Trump die Hälfte aller Importwaren mit Zöllen belegte und auch China mit Vergeltungszöllen reagierte. So wurde der Handelskonflikt zwischen den beiden Großmächten immer mehr als Kampf um die Vormachtstellung in der Welt empfunden, der den Welthandel nachhaltig belasten sollte.
  • Auch die politischen Spannungen in der Europäischen Union nahmen zu. Ein immer wahrscheinlicher werdender „harter Brexit“ drohte zu Verwerfungen im Austausch zwischen Großbritannien und dem Kontinent zu führen, während populistische Regierungen in Italien und Osteuropa die Autorität der Europäischen Kommission infrage stellten. Der Protest der „Gelbwesten“ ließ das Vertrauen in den französischen Präsidenten schwinden, und der Rückzug Angela Merkels aus dem Parteivorsitz ließ die deutsche Bundeskanzlerin als das erscheinen, was in den USA „lame duck“ genannt wird, eine lahme Ente. Denn danach war eine Diskussion über die Kanzlernachfolge nicht mehr zu vermeiden.
  • Die Furcht vor technologischer „Disruption“ und nicht erfüllbaren Umweltstandards belasteten vor allem Unternehmen in Deutschland, einem der letzten hoch entwickelten Länder mit einem großen Industriesektor, dem durch politische Entscheidungen die „Deindustrialisierung“ droht.

Wie geht es weiter mit Weltwirtschaft? Unser Gastautor Henning Vöpel zeichnet ein Drama in fünf Akten.


„Wirtschaft ist zu 50 Prozent Psychologie“, sagte Altbundeskanzler Ludwig Erhard einmal und hatte damit recht. Wenn sich die Stimmung so rapide verschlechtert wie gegen Ende 2018, ist die Rezession nicht mehr fern. Um die Jahreswende 2015/16 brach der Aktienmarkt allein deshalb ein, weil Anleger eine Abschwächung der chinesischen Konjunktur befürchteten. Dies wurde damals durch einen auf Weisung der Regierung gegebenen Kreditimpuls der Banken verhindert. Heute hat die Furcht vor der Rezession verschiedene Gründe. Um die Rezessionsgefahr tatsächlich zu bannen, müssten die meisten der Gründe entfallen. Darauf hoffen die Märkte seit Beginn dieses Jahres, aber dass nun alle Belastungen der Weltwirtschaft verschwinden, ist weniger wahrscheinlich als die Auflösung einer spezifischen Belastung wie in 2015/16.

Für den Anleger heißt dies, sein Portfolio wetterfest zu machen. Dazu sollte er:

  • genügend liquide Mittel vorhalten, um laufende Ausgaben bestreiten und günstige Einkaufspreise auf den Aktienmärkten nutzen zu können, wenn die Rezession da ist,
  • sein Aktienportfolio so aufstellen, dass während einer Rezession mögliche Totalverluste durch Unternehmensbankrotte vermieden werden und die der Rezession folgende Markterholung sich im Portfoliowert widerspiegelt,
  • damit rechnen, dass die Zentralbanken durch erneute Flutung der Wirtschaft mit Geld den realen Ertrag auf nominale Werte wie Bankguthaben und Anleihen noch tiefer in den negativen Bereich drücken werden, und
  • zur Versicherung gegen einen daraus entstehenden Vertrauensverlust ins Bankengeld einen gewissen Anteil seines Portfolios in Gold, dem traditionsreichen harten Warengeld, halten.

Niemand kennt die Zukunft – und schon gar nicht die Ökonomen und Marktstrategen, die sich nun wie immer zum Anfang eines neuen Jahres mit Prognosen überbieten. Dennoch geht es nicht ohne Planung für die Zukunft. Bei dem gegenwärtigen Zustand von Wirtschaft und Finanzmärkten sollte man mit einer Rezession und erneuten Finanzkrise rechnen – und sich darüber freuen, wenn es viel besser kommt als gedacht.


Diskutieren Sie mit, liebe Leserinnen und Leser: Haben auch Sie ihr Geld angelegt? Wie machen Sie ihr Portfolio wetterfest?

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Prof. Dr. Thomas Mayer
© Thomas Mayer
Prof. Dr. Thomas Mayer

Gründungsdirektor, Flossbach von Storch Research Institute

Prof. Dr. Thomas Mayer (Jg. 1954) ist Gründungsdirektor des Flossbach von Storch Research Institute mit Sitz in Köln. Zuvor war er Chefvolkswirt der Deutsche Bank Gruppe und Leiter der Deutsche Bank Research. Bevor er in die Privatwirtschaft wechselte, bekleidete er verschiedene Funktionen beim Internationalen Währungsfonds in Washington und beim Institut für Weltwirtschaft in Kiel.

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