Frohes Neues! Ganz ehrlich, ich finde den Hype um die guten Vorsätze zum Jahreswechsel schwachsinnig. Ich habe daher vor einigen Jahren beschlossen, an diesem Gesellschaftsspiel nicht mehr teilzunehmen. Warum soll ich mir ausgerechnet zum Stichtag Neujahr Gedanken über meine Zukunft machen? Weil wir es gewohnt sind, vom Rausch der Besinnlichkeit und im Schatten des Weihnachtsbaumes Resümee zu ziehen? Weil ein neues Jahr nur erfolgreich werden kann, wenn wir es mit großartigen Visionen beginnen? Nein, meine Zukunft ist mir zu wichtig, als müde von Weihnachtsfeiern, verkatert vom „Prosit Neujahr!“ und mit vollgeschlagenem Bauch ernsthaft über Ziele und Pläne für das neue Jahr nachzudenken.
Alle Jahre wieder: Warum so viele Neujahrsvorsätze scheitern
Alle Neujahrsvorsätze klingen gut und erscheinen attraktiv, doch bei näherem Hinsehen sind sie das Blei nicht wert, aus dem sie gegossen wurden. Kein Wunder, dass 50 Prozent aller Neujahrsvorsätze den März nicht überleben.
Weniger Stress und weniger Onlinezeit sind aktuell die Vorsätze, die ganz oben auf der Agenda vieler Menschen stehen. Ja, es sind genau solche Vermeidungsziele, die uns beim gestressten Blick zurück zuerst einfallen. Doch dummerweise sind für unser Gehirn solche Ziele nicht attraktiv, die uns von etwas wegführen. Erst die eigene Klarheit über echte Annährungsziele macht aus fixen Weglaufideen gute Vorsätze: Weniger Stress – wovon möchten Sie denn stattdessen mehr empfinden? Weniger Onlinezeit – und womit möchten Sie ihre Zeit dann lieber verbringen? Dies ist nicht mehr mal eben so zwischen Weihnachtsgans und Silvesterkarpfen zu beantworten.
Selbst positiv formuliert dürfte „Mehr Sport treiben“ für die meisten von uns eine gute Idee sein, doch warum genau ist es eigentlich für Sie oder mich so wichtig? Geht es darum, Gewicht zu reduzieren, Ausdauer anzutrainieren, Muskeln aufzubauen, Rückenschmerzen zu vermeiden, den Kopf frei zu bekommen, Wettkämpfe zu gewinnen oder Teil einer Mannschaft zu sein? Wem selbst nicht bewusst ist, auf welches persönliche Ziel gute Vorsätze einzahlen, der wird schnell die Lust darauf verlieren. Vorsätze ohne echte Motivation sind wie Nudeln ohne Soße.
Für gute Vorsätze ist zwischen Silvester und Neujahr keine Zeit
Mit fast allen Klienten arbeite ich im Karrierecoaching intensiv daran, was ihnen im Beruf und Leben heute und in Zukunft wirklich wichtig ist. Wir klären, was genau für sie hinter mehr Sinn im Beruf-Erleben steckt, wie viel Abwechslung herausfordert und wann Routine langweilt oder woran sie konkret bemerken werden, dass sie im nächsten Jahr erfolgreich sind. Ohne Klarheit über die eigenen Werte ist jeder gute Vorsatz wortwörtlich wertlos.
Erlauben und nehmen Sie sich ausreichend Zeit mit sich selbst und finden Sie heraus, was für Sie in den nächsten Monaten wichtig sein wird und welche persönliche Motivation sich tatsächlich dahinter verbirgt. Ich werde mir diese Zeit an einem Wochenende Ende Januar nehmen und in Ruhe entscheiden, was ich gern verändern und auch beibehalten möchte.
Neues Jahr, neues Glück? Sorry, aber Veränderung ist Arbeit
Entscheiden wir uns, etwas im Leben zu verändern, dann geben wir immer Gewohntes auf, um Neues zu gewinnen. Ein Tausch von Sicherheit gegen Entwicklung. Jede Veränderung führt aus unserer Gewohnheitszone heraus und bedeutet Arbeit, auch wenn sie leicht sein und uns Freude machen darf. Und sie ist nur von Dauer, wenn es uns – wieder angekommen im Alltag – gelingt, konsequent und dauerhaft Freiräume für das Neue zu schaffen.
Veränderungen haben Konsequenzen. Sie gewinnen nichts, wenn Sie mit gutem Vorsatz ab sofort die Abende im Fitnessstudio verbringen, der Stress jedoch zwei Stunden später zu Hause auf Sie wartet. Gute Vorsätze zeichnen sich auch durch das Bewusstsein über die erwarteten Konsequenzen sowie durch Ihre aktive Entscheidung hierfür aus. „Im neuen Jahr wird alles besser“ ist das, was uns die fröhliche Sektlaune bei der Party zum Jahreswechsel einredet. Nüchtern betrachtet kommt es vielmehr darauf an, sich der eigenen Werte und Ziele sowie der persönlichen Motive und Bedürfnisse wirklich bewusst zu werden, um echte Lust sowie die nötige Offenheit und Neugierde dafür zu entwickeln, neue Möglichkeiten zu entdecken, Entscheidungen mit gutem Gefühl zu treffen und mit einem konkreten Plan gelassen an ihrer Umsetzung zu arbeiten.
Wir sollten über dies alles nicht entscheiden, nur weil es der Kalender so vorsieht, sondern weil wir als Chef unseres eigenen Lebens jederzeit entscheiden dürfen, wann uns welche und wie viel Veränderung guttut. Und vielleicht darf auch gerade alles so bleiben, wie es ist.
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