Bundeskanzlerin Angela Merkel ist von ihrem Ziel, Deutschland zur Bildungsrepublik zu machen, weit entfernt. Die deklarierte Marke, ein Zehntel des Bruttoinlandsprodukts für Bildung auszugeben, wird längst nicht erreicht. Die Wirtschaftsnation Deutschland liegt im OECD-Vergleich bei den Bildungsausgaben sogar unter dem Durchschnitt. Das wirkt sich natürlich auch auf die Schulen aus. Im Klartext: Sie sind unterfinanziert. Der Job des Schulleiters gleicht deshalb immer mehr der Verwaltung einer Mangelwirtschaft. Da sollte sich die Politik nicht wundern, wenn der Nachwuchs ausbleibt und viele Stellen nicht besetzt werden können.
Politiker halsen Schulleitern immer mehr zusätzliche Aufgaben auf
Als eine der zwei großen Gewerkschaften für Lehrer haben wir das Meinungsforschungsinstitut Forsa beauftragt, Schulleitungen nach den gravierendsten Belastungsfaktoren in ihrem Alltag zu fragen. Die Antworten sind eindeutig: Fast alle Befragten (89 Prozent) benennen das stetig wachsende Aufgabenspektrum, die zunehmenden Verwaltungsarbeiten (88 Prozent) und den dadurch verursachten Zeitmangel (79 Prozent). Da wundert es nicht, dass die Schulleiterinnen und Schulleiter die Politik und ihre alltagsfernen Entscheidungen als ihre Arbeit erschwerend wahrnehmen (82 Prozent). Die Entscheider kennen den tatsächlichen Schulalltag nicht – oder zumindest berücksichtigen sie ihn nicht in ihrer Politik. Sie betonen lediglich die Bedeutung der Digitalisierung und reden seit fast zwei Jahren über den Digitalpakt. Aber davon wird keine Schule mit entsprechender Infrastruktur ausgestattet oder auch nur ein Lehrer fortgebildet.
Das ist ein Armutszeugnis für die Bildungsministerien landauf und landab. Und das Problem ist nicht neu. Schon vor zwei Jahren ergab unsere Umfrage unter Lehrkräften ähnlich schlechte Werte. Die Frage ist nur: Warum wird eigentlich nichts dagegen getan? Im Wahlkampf wird Bildung regelmäßig zum Thema gemacht. Plötzlich wollen die Parteien die Bezahlung der Grundschullehrkräfte und Schulleitungen erhöhen. Die Realität nach den Wahlen ist aber ernüchternd. Der dramatisch zunehmende Lehrermangel zwingt die Politik jetzt zwar zum Handeln, und in einigen Bundesländern wird die Besoldung angehoben. Trotzdem: Es braucht Ressourcen und keine Sonntagsreden. Gute Schulen sind auf Investitionen, Fortbildungen und effiziente Verwaltungsprozesse angewiesen. Und auf eine den Aufgaben angemessene Bezahlung für die dort Arbeitenden.
Schulleitungen bekommen gerade einmal 200 Euro mehr Gehalt
Wer gute Führungskräfte für Schulen gewinnen will, muss dafür auch bezahlen. In manchen Bundesländern erhält man nach dem Aufstieg von der normalen Lehrkraft zur Schulleitung an Grundschulen gerade einmal 200 Euro mehr. In Anbetracht der stetig hinzukommenden Aufgaben und der Verantwortung ist das ein schlechter Witz. Mit Wertschätzung hat das wenig zu tun. Nordrhein-Westfalen geht hier mit gutem Beispiel voran und hat nicht nur die Besoldung der Rektoren und Konrektoren angehoben, sondern testet auch Jobsharingmodelle.
Trotz allem sehen wir auch: Fast zwei Drittel der Schulleiterinnen und Schulleiter gehen sehr gern zur Arbeit. Der Rest zumindest gern. Die Leitungen von Schulen machen ihren Job aus Freude und Überzeugung. In einer Zeit, in der die Möglichkeiten immer weniger und die Herausforderungen immer größer werden und in der dazu noch das Angebot an gut qualifizierten Lehrkräften schwindet, darf sich die Politik nicht länger auf dem Engagement von einzelnen Personen ausruhen. Es ist Zeit, zu (re-)agieren. Zeit, anständige Gehälter für gute Führungskräfte zu bezahlen, die Verantwortung für unsere Kinder übernehmen. Zeit, sie von unnötigen Verwaltungsaufgaben zu befreien. Zeit, moderne Arbeitsformen wie das Jobsharing auch für Leitungsstellen einzuführen. Und vor allem Zeit, für jede neue Aufgabe, die an unsere Schulen herangetragen wird, auch die entsprechenden Ressourcen bereitzustellen.
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