Fast 40 Jahre war ich im Schuldienst – zunächst als Lehrer, dann als Schulleiter. Meine letzte Station war die Gotthard-Kühl-Schule in Lübeck. Acht Jahre lang habe ich die Grund- und Gesamtschule als Rektor geleitet. Nun gehe ich in Rente. Und hinterlasse eine freie Schulleiterstelle. In Ostholstein bleiben insgesamt voraussichtlich sieben Schulleiterstellen zum Beginn des neuen Schuljahres unbesetzt. Einige Posten wurden sogar zum wiederholten Male ausgeschrieben, darunter Eutin oder auch Heiligenhafen („Lübecker Nachrichten“ vom 3. August 2018).
Für meine Stelle haben wir unglücklicherweise ebenfalls noch keinen Nachfolger gefunden. Zudem suchen wir seit mehr als zwei Jahren nach einem/er Konrektor/in. Nach der dritten erfolglosen Ausschreibung haben wir die Stelle nicht erneut bekannt gegeben. Und wir sind nicht die Einzigen, die Stellen nach mehreren erfolglosen Versuchen nicht erneut ausschreiben. Viele freie Stellen werden also gar nicht mehr offiziell erfasst. Der Umkehrschluss: Der Mangel ist noch dramatischer, als er erscheint – besonders im Grundschulbereich.
Grundschulleiter erhalten genauso viel Geld wie Lehrer der Sekundarstufe
Ein wichtiger Grund dafür ist die Gehaltssystematik. Sie ist in eine nicht mehr zu vertretende Schieflage geraten. Der Schulleiter einer kleinen Grundschule erhält genauso viel Gehalt wie ein Lehrer der Sekundarstufe, der die Jahrgänge fünf bis zehn unterrichtet. Der Konrektor einer Grundschule verdient sogar noch weniger – nämlich genauso viel wie ein Grundschullehrer.
Grundschulleiter verdienen also deutlich weniger als ihre Kollegen an Haupt- und Realschulen sowie an Gymnasien. Gleichzeitig müssen sie jedoch dieselben Verwaltungsaufgaben erledigen. Als ehemaliger Leiter einer Grund- und Gesamtschule kann ich das beurteilen. Gleichermaßen nahm ich an Schulleiterdienstversammlungen teil, bearbeitete Statistiken und beantwortete Anfragen der Schulaufsicht. Zudem war immer auch die knappe Personalauslastung ein Thema. Wenn der Schulträger uns die Sekretärin nur noch stundenweise genehmigte oder uns den Hausmeister aus dem Personalplan strich, musste ich zusätzliche Arbeitszeiten einplanen, um Anschreiben fertigzustellen oder die Entsorgung des Mülls zu organisieren.
Die Politik verspricht viel, doch es passiert nichts
Da ist es kein Wunder, dass kein Lehrer Konrektor werden will. Sie verdienen genauso viel, haben aber deutlich mehr Arbeit. Immer wenn ich Kollegen auf unsere freie Stelle ansprach, erhielt ich daher die verständliche Antwort: „Lass mich mal lieber einfache Lehrkraft bleiben. Für diese Besoldung muss ich mir nicht den Ärger einhandeln.“ Nur durch eine angemessenere Bezahlung können wir dem Mangel an Schulleitern und Konrektoren entgegentreten.
In Festreden wird ständig die Bedeutung der Grundschule propagiert. Sie sei die Basis für die zukünftigen Bildungserfolge unserer Kinder. Das stimmt – doch die Verantwortlichen werden nicht dementsprechend behandelt. Zum Start des Schuljahrs 2017/2018 hat die schleswig-holsteinische Bildungsministerin angekündigt, die Gehälter der Grundschulleitung zu erhöhen. Seitdem ist jedoch nichts passiert. Im Gegenteil: Bis heute ignoriert die Politik die Problematik. Bildungsministerium und Schulrat scheinen sich nicht zu sorgen. In den „Lübecker Nachrichten“ sagte Ministeriumssprecher Thomas Schunck, dass man nicht von einem generellen Problem sprechen könne. Denn die Suche nach Schulleitern gestalte sich für einige Regionen einfach schwieriger als für andere. Also: alles ganz normal – zumindest für die Politiker.
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