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KI-Agent oder Betrug? Warum viele Tools untauglich und sogar gefährlich für Unternehmen sind

Immer mehr Anbieter machen aus simplen Chatbots angeblich smarte KI-Agenten. Doch von Tausenden getesteten Tools erfüllen nur 130 die nötigen Kriterien.

Du hast sicher schon mal von Begriffen wie „Greenwashing“ oder „AI-Washing“ gehört. Jetzt gibt’s einen neuen Begriff, der in der KI-Welt gerade die Runde macht: Agent Washing. Dieses „Agent Washing“ untergräbt das Vertrauen in echte Innovation – und könnte bis 2027 dafür sorgen, dass 40 % der KI-Agent-Projekte scheitern. Für Unternehmen heißt das: Wer auf falsche Versprechen reinfällt, geht ein echtes Risiko ein.

Das Prinzip ist bekannt: Unternehmen springen auf den Hype auf und bezeichnen alles Mögliche als „KI-Agent“, was bei genauem Hinsehen gar keiner ist. Gartner warnt in einem aktuellen Bericht genau davor: Nur 130 von mehreren Tausend getesteten KI-Produkten verfügen wirklich über die Fähigkeiten, die einen Agenten ausmachen.

Was sind eigentlich KI-Agenten – und was nicht?

Agenten gelten als nächste große Entwicklungsstufe in der KI. Sie sollen nicht nur wie ein Chatbot Informationen verarbeiten oder Texte generieren können, sondern selbstständig handeln, planen und entscheiden. Dafür müssen sie mit anderen Systemen kommunizieren können – etwa über APIs oder durch selbst geschriebenen Code.

Ein echter Agent kann also komplexe Aufgaben über einen längeren Zeitraum hinweg erledigen, ohne dass Du jeden Schritt manuell vorgeben musst.

Das Problem: Viele Anbieter verkaufen Dir einfache Automatisierung oder klassische LLM-Tools (Large Language Models), die auf den ersten Blick smart wirken, aber keine echten Agenten sind. Und genau das ist Agent Washing.

Wie erkennst Du den Unterschied?

Wenn Du nicht weißt, worauf es bei einem Agenten ankommt, kannst Du leicht auf irreführende Begriffe reinfallen. Natürlich wird das Wort „Agent“ in vielen Kontexten verwendet – das macht es schwierig, aber umso wichtiger, genauer hinzusehen.

Zum Beispiel

  • Viele sogenannte KI-Kundendienstmitarbeiter sind nichts weiter als einfache Chatbots. Sie geben Tipps oder leiten an Menschen weiter – echte Autonomie? Fehlanzeige.

  • Auch RPA-Systeme (Robotic Process Automation), die vorgefertigte Schrittfolgen abarbeiten, werden oft fälschlich als „agentisch“ beworben. Dabei fehlt ihnen jede Fähigkeit zur Planung oder Entscheidung.

  • Manche LLMs können zwar auf externe Systeme zugreifen – aber nur, wenn Du ihnen genau sagst, was sie tun sollen. Ein echter Agent erkennt selbst, was zu tun ist – auch bei unbekannten APIs oder neuen Aufgaben.

Und dann gibt’s Tools, die behaupten, Agenten zu sein, weil sie mehrere KI-Modelle oder Automatisierungssysteme verbinden. Auch hier gilt: Nur weil verschiedene Komponenten orchestriert werden, heißt das nicht, dass die Lösung auch wirklich selbstständig plant, entscheidet und handelt.

Ein Beispiel aus der Praxis

Stell Dir zwei Systeme vor

  • System A: Ein klassischer Chatbot, der Dir auf Anfrage eine E-Mail formuliert.

  • System B: Ein echter Agent, der selbst erkennt, dass Marketing-Mails nötig sind, Zielgruppen auswählt, die E-Mails schreibt, versendet, Reaktionen analysiert und daraufhin automatisch Folge-Mails erstellt – ohne dass Du eingreifen musst.

Oder im E-Commerce

  • Der Chatbot findet passende Produkte.

  • Der Agent vergleicht Preise auf mehreren Plattformen, wählt das beste Angebot aus, kauft das Produkt und bezahlt es für Dich.

Siehst Du den Unterschied? 

Warum ist das so problematisch?

Laut Gartner wird fast die Hälfte aller angeblich agentenbasierten Projekte in den nächsten Jahren scheitern. Der Grund: Die Unternehmen setzen auf Lösungen, die gar nicht halten, was versprochen wurde.

Und das hat Folgen …

  1. Vertrauensverlust: Kunden und Unternehmen werden skeptisch gegenüber allem, wo „KI“ draufsteht.

  2. Verschwendung von Zeit und Geld: weil Ressourcen in ineffektive Tools fließen.

  3. Operative Risiken: wenn Unternehmen kritische Prozesse wie Kundensupport oder Sicherheit Systemen überlassen, die dafür nicht gemacht sind.

  4. Bremsklotz für echte Innovation: weil Entwickler und Start-ups mit echten Agenten-Technologien es schwerer haben, sich durchzusetzen.

Wenn die Versprechen nicht eingehalten werden, leidet nicht nur das Image einzelner Anbieter, sondern der gesamte Fortschritt in der KI-Branche. Und das wäre ein echter Rückschritt – gerade jetzt, wo KI das Potenzial hat, ganze Branchen zu verändern.

Was kannst Du tun?

Ganz einfach: KI-Kompetenz aufbauen, für Dich persönlich, aber auch in Deinem Unternehmen. Wer versteht, was echte Agenten ausmacht, kann unterscheiden, was Substanz hat – und was nur Marketing ist.

Außerdem sollten Anbieter verpflichtet sein, ehrlich zu kommunizieren: Was kann ein Tool wirklich, und was nicht? Transparenz und Verantwortungsbewusstsein sind entscheidend, wenn es um so grundlegende Technologien geht.

Der Begriff „Agent“ ist im Moment überall – aber nur wenige Systeme sind das wirklich. Lass Dich nicht von Buzzwords täuschen. Echte KI-Agenten haben riesiges Potenzial – aber nur, wenn wir sie auch richtig erkennen und nutzen. Die gute Nachricht: Mit etwas Know-how kannst Du ziemlich schnell unterscheiden, was nur heiße Luft ist – und was wirklich die Zukunft bringt.

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Bernard Marr schreibt über Internet & Technologie, Wirtschaft & Management, Künstliche Intelligenz, Zukunftstrends

Bernard Marr ist ein internationaler Bestsellerautor, gefragter Keynote-Redner, Futurist sowie Strategie- und Technologie Berater zu Topunternehmen. Herr Marr ist der Autor von 18 Büchern, scheibt eine Kolumne für Forbes, und ist ein Sozialen Medien Influencer mit über 2 Millionen Followern.

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