Schluss machen mit dem Chef – So kündigst du souverän und bleibst in guter Erinnerung
Gerade als Karrierecoach erlebe ich viele Klient:innen, die während oder nach unserer Zusammenarbeit häufig in einen neuen Job starten. Meist erhalte ich dann Sprachnachrichten, in denen die Freude über die neue Arbeitsstelle kaum zu überhören ist.
Doch nach der ersten Euphorie über die Zusage kommt fast immer die gleiche Frage:
„Wie sag ich’s meinem Chef oder meiner Chefin?“
Die gute Nachricht: Kündigen ist nichts Ungewöhnliches. Aber wie du es machst, entscheidet darüber, wie du in Erinnerung bleibst. Denn wichtig ist nicht nur der erste Eindruck, sondern auch der letzte. Denn der entscheidet darüber, ob du dein Netzwerk auch nach deinem Abschied noch nutzen kannst.
Hier sind meine fünf wichtigsten Tipps aus fast zwanzig Jahren Erfahrung als Personaler und Coach.
Tipp 1: Kenne deine Rechtsgrundlage
Bevor du jubelnd ins Büro rennst, solltest du einen Blick in deinen Vertrag werfen. Viele übersehen Kündigungsfristen oder sagen in voller Euphorie beim neuen Arbeitgeber zu: „Klar, ich könnte morgen anfangen.“ Das endet dann meist mit Stress und unglaubwürdigen Aussagen auf beiden Seiten. Ich spreche da aus Erfahrung:
Damals dachte ich, ich tue meinem Chef etwas Gutes, wenn ich mit der Kündigung warte, bis er aus dem Urlaub zurück ist. Wir verstanden uns super, also war ich überzeugt, dass er sicher kein Problem damit hätte, wenn ich einen Monat später kündige – schließlich sollte Fairness ja in beide Richtungen gelten, oder? Tja, falsch gedacht. Denn obwohl unser Verhältnis wirklich gut war, bestand er auf die vertraglich vereinbarten drei Monate Kündigungsfrist. Das bedeutete: Mein Plan, im Juni zu gehen, war hinfällig – stattdessen wurde es Juli.
Das war ein Aha-Moment für mich: Egal wie gut die Beziehung zu deinem Chef oder deiner Chefin ist, rechtlich zählt das, was im Vertrag steht. Eine Kündigung muss schriftlich eingereicht werden, und zwar fristgerecht. Es spielt keine Rolle, ob dein Chef im Urlaub oder krank ist, der Eingang zählt, nicht das persönliche Gespräch.
Mein Rat:
Lies deinen Arbeitsvertrag genau durch.
Kläre deine Kündigungsfrist, bevor du Zusagen machst.
Und: Reiche deine Kündigung rechtzeitig ein. Falls dein:e Chef:in im Urlaub sein sollte, warte nicht und lass die Frist verstreichen. Geh direkt zur Personalabteilung und sprich mit deiner Führungskraft, wenn diese wieder im Büro ist.
So bleibst du professionell und vermeidest rechtliche Fallstricke.
Tipp 2: Bereite dich gründlich vor
Nach einer Kündigung kann es schnell gehen: Zugriff gesperrt, Laptop weg, E-Mail-Konto deaktiviert. Viele merken dann, dass wichtige Unterlagen oder Kontakte nicht mehr verfügbar sind. Doch dann ist es bereits zu spät.
Mein Tipp:
Sichere dir vorher alle wichtigen Infos, die du privat brauchst (z. B. Gehaltsabrechnungen, Arbeitszeiten, Weiterbildungsnachweise).
Achte darauf, private Daten (Netflix, Spotify, private Fotos) nicht auf dem Firmenlaptop zu lassen – erwischt? ;-)
Mach dir eine persönliche Exit-Checkliste, bevor du die Kündigung aussprichst.
Das gibt dir Ruhe und Sicherheit für den Moment, in dem du das Gespräch führst und für alles, was danach kommt. Auch dann, wenn es ganz schnell geht.
Tipp 3: Beachte die Hierarchie
Als Erstes zählt die Form, dann der Ton. Deine Kündigung muss zuerst offiziell beim Arbeitgeber eingehen – das bedeutet: schriftlich und unterschrieben, im besten Fall direkt an die Personalabteilung oder per Post. Erst damit ist sie rechtskräftig.
Im zweiten Schritt solltest du aber unbedingt das persönliche Gespräch mit deiner Führungskraft suchen. Nicht weil es rechtlich notwendig ist, sondern weil es menschlich und respektvoll ist. Gerade wenn du ein gutes Verhältnis hattest, zeigt das, dass du die Zusammenarbeit wertschätzt.
Ich erinnere mich an einen Fall bei einem Kunden von mir: Ein Manager hatte bereits seinen neuen Vertrag unterschrieben, aber seine Kündigung noch nicht offiziell gemacht. Dann erschien in einer Branchenzeitschrift ein Interview über seinen neuen Job. Blöd nur, dass im alten Unternehmen noch niemand davon wusste. Das Team hat es dort zum ersten Mal gelesen – ein echter Super-GAU.
Du bist Führungskraft? Dann gilt für dich dasselbe, nur in größerem Maßstab. Sobald du deine Kündigung offiziell eingereicht hast, sprich zeitnah und offen mit deinem Team. Überlege gemeinsam mit deiner Führungskraft oder der Personalabteilung, wie und wann ihr die Information kommuniziert.
Wichtig ist: Dein Team sollte es von dir persönlich erfahren – nicht über Umwege, Gerüchte oder LinkedIn-Posts. Gerade auf exponierten Positionen geht so etwas schnell viral, und das kann Vertrauen nachhaltig beschädigen.
Mein Tipp:
Kündigung zuerst offiziell einreichen – schriftlich und fristgerecht.
Danach das persönliche Gespräch suchen – ruhig, wertschätzend, klar.
Kolleg:innen erst informieren, wenn alles offiziell ist.
So zeigst du Professionalität und Respekt und sorgst dafür, dass am Ende alle Beteiligten mit einem guten Gefühl auseinandergehen.
Tipp 4: Sei diplomatisch
Ja, vielleicht willst du deinem Chef endlich die Meinung geigen. Aber bitte: Mach es nicht. Kündigen ist das Beenden einer beruflichen Beziehung und sollte daher mit dem gleichen Respekt ablaufen, wie auch das Beenden einer partnerschaftlichen Beziehung. Verbrannte Erde zu hinterlassen, ist nicht von Vorteil und kann dir später neue Möglichkeiten verbauen.
Mein Tipp:
Bedanke dich für die gemeinsame Zeit.
Nenne neutrale Gründe („Weiterentwicklung“, „neue Herausforderung“, „einmalige Gelegenheit“).
Bleib bei deiner Entscheidung, aber halte den Ton respektvoll.
Ein Klient von mir hat das nicht geschafft: Er war ehrlich – zu ehrlich – und zählte alles auf, was ihn gestört hat. Ergebnis: ein vergiftetes Klima bis zum letzten Arbeitstag. Wenn du dann noch eine Kündigungsfrist von drei Monaten hast, wird das eine sehr stressige und angespannte Zeit, die dir die Energie für den Start in den neuen Job raubt.
Und wenn du wirklich das Gefühl hast, dass es allen helfen würde, wenn die Führungskraft oder die Person darüber mal ein Feedback erhält, dann spare es dir am besten für den letzten Arbeitstag auf. :-)
Tipp 5: Denk an die Zukunft – man sieht sich immer zweimal
Die Welt ist klein. Und deine Branche? Noch kleiner. Dein letzter Eindruck bleibt hängen, oft stärker als alles, was davor war. Er entscheidet, ob Kolleg:innen dich in ein paar Jahren weiterempfehlen, dich erneut ansprechen oder dir sogar eine neue Chance eröffnen.
Darum: Geh im Guten. Auch wenn du vielleicht innerlich schon längst abgeschlossen hast, dein Abgang sagt viel über dich aus.
Mein Tipp:
Verabschiede dich persönlich von deinen Kolleg:innen.
Bedanke dich für die Zusammenarbeit in Form eines kleinen Get-togethers mit Kuchen etc.
Vernetze dich auf LinkedIn oder XING, um in Kontakt zu bleiben.
Und bleib interessiert: Stell dir zum Beispiel Alerts ein, wenn ehemalige Kolleg:innen den Job wechseln. So bleibst du präsent, ohne aufdringlich zu sein.
Ich hatte einmal gekündigt, bin zwei Jahre in ein anderes Unternehmen gewechselt und wollte dann aber wieder weg (die Gründe erspare ich dir an dieser Stelle mal). Zufällig suchte mein ehemaliger Arbeitgeber in genau dem Bereich jemanden, den ich damals schon spannend fand. Weil ich mich beim Weggang damals von allen persönlich verabschiedet hatte, war der Kontakt nie ganz abgerissen. Ein Anruf – ein Treffen –, und einen Tag später hatte ich den neuen Vertrag in der Hand.
Diese Erfahrung hat mir gezeigt: Ein respektvoller Abschied ist keine Formalität. Es ist eine Investition in deine Zukunft. Denn man sieht sich wirklich immer zweimal.
Wenn du also gehst, geh mit Würde.
Ob du Fachkraft, Projektleiter:in oder Führungskraft bist, dein Abschied prägt, wie man sich an dich erinnert. Und wer weiß? Vielleicht öffnen sich dadurch später wieder Türen, die du heute noch gar nicht siehst.
Fazit: Kündigen ohne schlechtes Gewissen
Ein Jobwechsel ist nichts Ungewöhnliches. Unternehmen verändern sich, Strukturen wandeln sich und Menschen entwickeln sich weiter. Aber eines bleibt: dein Ruf, dein Netzwerk und der Eindruck, den du hinterlässt.
Darum:
Kläre deine Rechte.
Bereite dich gut vor.
Kündige respektvoll.
Und geh im Guten.
Vielleicht wird es Menschen geben, die deine Entscheidung kritisieren oder dir Illoyalität vorwerfen. Lass dich davon nicht verunsichern. Oft steckt dahinter nicht dein Fehlverhalten, sondern ihre eigene Angst vor Veränderung. Viele bleiben lieber in einer Situation, die sie unzufrieden macht, anstatt selbst den Schritt zu wagen.
Ich habe das in meinen Coachings immer wieder erlebt: Menschen, die mutig gekündigt haben, wurden anfangs belächelt und ein Jahr später beneidet. Denn während andere noch überlegten, ob sie etwas ändern sollten, waren diese Menschen schon längst auf ihrem nächsten beruflichen Level angekommen.
Also: Du machst das genau richtig. Denn Kündigen heißt nicht Weglaufen. Es heißt, Verantwortung für deine eigene Entwicklung zu übernehmen und den nächsten Schritt bewusst zu gehen. Dein Abgang ist nicht das Ende einer Geschichte, sondern der Anfang einer neuen.
Wem könntest du mit deinem Abgang vielleicht sogar Mut machen?
Dein Bastian
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