„2026 wird das Jahr des Plug-in-Hybrids“
Warum Kunden und Hersteller die Kombination aus E-Motor und Benziner nicht aufgeben wollen – trotz Kritik von Klimaschützern.
Für Patrick Schulz ist klar: „2026 wird das Jahr des Plug-in-Hybrids.“ Der Vertriebschef für Deutschland der chinesischen Marke BYD ist selbst überrascht, wie gut sich der Antrieb verkauft. Ein „Plug-in Hybrid Electric Vehicle“ (PHEV) kombiniert Benzin- mit Elektromotor und Antriebsbatterie. Damit kann es längere Strecken, meist 50 bis 100 Kilometer elektrisch fahren, bevor ein Verbrennungsmotor den Antrieb übernimmt oder die Batterie an einer Steckdose neu geladen wird.
Der aktuell einzige PHEV von BYD heißt Seal U DM-i. „Das ist in Deutschland unser meistverkauftes Auto“, sagt Schulz. Das Mittelklasse-SUV kommt mit vollem Tank und voller Batterie über 1000 Kilometer weit. Ein weiteres Modell mit der „Kraft der zwei Herzen“ soll im nächsten Jahr folgen: der kompakte Atto 2.
Der PHEV-Erfolg von BYD kommt nicht überraschend, das Antriebskonzept liegt im Trend. Eigentlich schon totgesagt, weil eben doch nicht vollelektrisch und damit klimaneutral, wollen die Kunden nicht davon lassen: Von Januar bis April wurden in Deutschland 88.000 PHEV neu zugelassen, 46,6 Prozent mehr als vor einem Jahr. Mittlerweile besitzt jeder zehnte Neuwagen einen solchen Antrieb.
Der PHEV-Absatz wächst schneller als der von reinen Batterie-Autos (BEV). Bei den Importmarken beträgt der PHEV-Anteil sogar 43,7 Prozent, berichtet der Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller. Für chinesische Hersteller lohnt sich der Verkauf von PHEV in der EU besonders, denn dann werden keine „Ausgleichszölle“ für Elektrofahrzeuge fällig.
Auch in China wächst die PHEV-Nachfrage
Ein Phänomen, das sich nicht auf Deutschland beschränkt: Auch in China, dem größten Markt für Elektrofahrzeuge, ist der PHEV das am schnellsten wachsende Segment. Ideal für Menschen, die ihre täglichen Besorgungen elektrisch erledigen wollen, ohne auf längeren Reisen alle zwei Stunden laden zu müssen.
Die deutschen Hersteller wollen dabei nicht abseitsstehen. Während Volkswagen in China von dem Trend überrascht wurde – die meisten PHEV sind dort Billigautos, die VW gar nicht anbietet – gibt es in Europa einen ganzen Strauß solcher Modelle aus dem Konzern. Jüngstes Beispiel sind die Škoda Kodiaq IV und Superb IV – sie sind fast schon vollwertige Elektroautos. Statt mit 3,6 kW können sie nun mit 11 kW Wechselstrom und 50 kW Gleichstrom geladen werden. Damit lohnt es sich erstmals, auch unterwegs zu laden, statt Benzin zu tanken. Zudem verfügen beide Modelle über 110 Kilometer elektrische Reichweite.
EU-Kommission beklagt Etikettenschwindel
Die gestiegene elektrische Reichweite ist auch eine Vorgabe der EU. So will man verhindern, dass PHEV nur wegen der halb so hohen Dienstwagensteuer gekauft, aber die Batterien im Betrieb nie geladen werden. Läuft der PHEV nur auf Benzin, nutzt er der Umwelt wenig. Die niedrigen CO2-Werte dieser Fahrzeuge stünden dann nur auf dem Papier.
Für die Autohersteller war der PHEV eigentlich als Übergangstechnologie gedacht. Doch der Überhang dauert länger als erwartet, weil sich die Kunden mit dem Kauf reiner BEV noch zurückhalten. Die IV-Modelle von Škoda sollen nun eingefleischte Verbrennerfans vom Elektroantrieb überzeugen, heißt es im Unternehmen. Bereits jeder dritte Kunde der Škoda-Modelle Superb und Kodiaq bestellt als Antrieb einen Plug-in-Hybrid.
In China ist der PHEV-Anteil noch höher. BEV und PHEV werden dort zusammen als New Energy Vehicle (NEV) bezeichnet und entsprechend gefördert. Jeder zweite Neuwagen ist ein NEV, von denen wiederum 40 Prozent neben dem Elektro- auch einen Benzinmotor an Bord haben. Größter Hersteller ist BYD.
Deutsche Hersteller geraten ins Hintertreffen
Besonders beliebt sind im Reich der Mitte Hybridfahrzeuge mit Range-Extender. Hier treibt der Verbrennungsmotor nicht die Räder an, sondern liefert nur den Strom. Solche Antriebe, billig zu bauen, werden von deutschen Herstellern nicht angeboten. Doch wenigstens die deutschen Zulieferer wollen sich das Geschäft nicht entgehen lassen: ZF hat speziell für den chinesischen Markt einen Elektroantrieb mit Range-Extender entwickelt. Range-Extender von ZF laufen bereits in den Londoner Taxis, die vom chinesischen Hersteller Geely gebaut werden.
Chinesische Kunden greifen zu solchen Fahrzeugen, weil in China die Ladeinfrastruktur außerhalb der großen Städte noch immer schlecht ausgebaut ist, ähnlich wie in vielen europäischen Regionen. „Reichweitenangst beeinflusst noch immer eine breite Käuferschicht bei der Wahl ihres nächsten Fahrzeugs“, erklärt Otmar Scharrer, Entwicklungsleiter elektrische Antriebstechnik bei ZF. Auch für den deutschen Markt könnten die „Reichweitenverlängerer“ deshalb interessant sein.
Auf dem Wiener Motorensymposium, Hochamt der Antriebsentwickler in Europa, wurden im April PHEV-Konzepte vorgestellt, die sich mit synthetischen oder biologischen Kraftstoffen betreiben lassen. Damit würde der Antrieb der Kritik begegnen, er sei nicht klimaneutral und gaukele einen niedrigen CO2-Wert nur vor.
Um Klarheit zu schaffen, will sich die EU-Kommission von den Autoherstellern künftig die realen Verbrauchsdaten der Fahrzeuge übermitteln lassen. Erste Analysen des Fraunhofer-Instituts zeigen: Während private PHEV-Fahrer 45 bis 49 Prozent ihrer Strecken elektrisch fahren, sind es bei Firmenwagenfahrern nur 11 bis 15 Prozent.
Trotz dieser Kritik wächst das Angebot weiter. Sogar Ferrari und Lamborghini haben PHEV im Angebot. Auf die Weise wollen sie ihre legendären Verbrennungsmotoren solange es geht in die Zeit der E-Mobilität hinüberretten.
