32 Stunden als Vollzeit: Eine Lösung für viele Probleme
Der Gewinn? Mehr Arbeitszeit für Millionen Menschen, weniger Altersarmut wegen Teilzeit, und die Care-Arbeit würde gerechter verteilt.
Im Mai 1956 plakatierte der DGB: „Samstags gehört Vati mir“. Aus einer 6-Tage-Woche wurde die 5-Tage-Woche.
Von Frauen war keine Rede. Ein Lohn reichte für eine mehrköpfige Familie. Der Mann ging zur bezahlten Arbeit. Das galt als normal – wie auch die unbezahlte Care-Arbeit der Frauen.
70 Jahre später schlage ich etwas Neues vor: Vollzeit mit 32 Stunden – gesellschaftlich und persönlich gerechter. Wer mehr arbeiten will, nimmt „Vollzeit-Plus“ mit mehr Gehalt.
Aktuell arbeiten 40 Prozent Erwerbstätige in Deutschland in Teilzeit. 67 Prozent Mütter und nur 9 Prozent Väter. Mütter mit Kindern arbeiten in Deutschland fast doppelt so häufig Teilzeit wie im EU-Durchschnitt.
Hanna Jones, Co-Gründerin von JOBS FOR MOMS, nennt Teilzeit „eine monetäre Bestrafung für Effizienz. Mütter wissen, wie effizientes, strukturiertes Arbeiten und Selbstorganisation gehen. Viele Mütter bringen diese Skills on top zu ihren beruflichen Qualifikationen mit, denn Mutterwerden geht mit Kompetenzerweiterung einher.“
Das alte Modell braucht ein Update
Die ungleiche Verteilung von Gehalt ist kein physikalisches Naturgesetz. Wir wählen sie.
Vor 70 Jahren ging die 5-Tage-Woche nicht, bis sie ging. Beim Schokoladenhersteller Rausch bei Hannover werden alle neuen Arbeitsverträge auf Basis einer 4-Tage-Woche mit 30,4 oder 32 Stunden abgeschlossen.
Professorin Jutta Allmendinger rät uns: „Es müsse eine größere Flexibilisierung der Arbeitszeit über den Lebensverlauf geben. Die 32-Stunden-Woche muss zur Debatte stehen, als Durchschnitt über alle Lebensphasen hinweg.“ Handelsblatt.
Eine 32-Stunden-Vollzeit schlägt mehrere Fliegen mit einer Klappe
1) Vollzeit-Lohn und Vollzeit-Rente statt Teilzeit-Armut. Altersarmut wird wirksam reduziert.
2) MEHR Arbeitszeit für Millionen Menschen wird gewonnen, die in Teilzeit verhaftet sind, obwohl sie gern mehr arbeiten würden.
3) Umverteilung der Care-Arbeit. MEHR Geschlechter-Gerechtigkeit. MEHR Zeit für Väter mit Kindern und älteren Angehörigen.
4) MEHR Zeit frei für Engagement in 616.000 Vereinen.
5) Entlastung für mehr Gesundheit. Menschen bleiben leistungsfähig. Der Krankenstand sinkt durch Erholung um bis zu 50%. Rechne diesen Faktor mal für dein Unternehmen aus.
6) Arbeitszeitverkürzung ist ein wesentlicher Indikator für den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt. Sie ist ein bewährtes Mittel für innovative Impulse in einer Volkswirtschaft.
Denkfaule Gewohnheit fordert MEHR Arbeit
Genauso gut kannst du im Auto mit angezogener Handbremse fahren und kräftig aufs Gaspedal treten. Der Motor läuft heiß, doch schneller wirst du nicht. Längere Arbeitszeiten gegen Fachkräftemangel treiben den Krankenstand weiter nach oben.
Die 40-Stunden-Woche mit einem Ernährer war für wenige Jahrzehnte das Standardmodell. Das ging nur, weil Frauen unbezahlt die Haus- und Care-Arbeit geleistet haben. Wir brauchen ein fettes Update.
Was spricht dagegen? Was spricht dafür?
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Mehr Hintergründe dazu in meinem neuen Buch: „Arbeit EINFACH lassen“
