4 starke Wege für Deine Fehler-Kompetenz

Vor zwei Wochen vergesse ich doch tatsächlich meinen Laptop im ICE von Hamburg nach Köln. Bitte frag mich nicht, wie ich das geschafft habe. Es war so.

Der Supergau!

Auf meinem Rechner ist alles abgespeichert, was ich brauche, um täglich mein Geschäft voranzutreiben und meine Kunden glücklich zu machen. Und dieses wertvolle Stück liegt nun im ICE nach Köln, aus dem ich in Bremen ausgestiegen bin. Als ich das 10 Minuten später am nächsten Bahnsteig bemerke, rasen tausend Gedanken durch meinen Kopf: Wo ist mein Laptop jetzt? Wer findet ihn? Ist diese Person ehrlich? Und wie bekomme ich möglicherweise meinen Laptop wieder zurück?

What the … heck!
Maximal ungünstig.

ABER:

Warum dieser Fehler für mich richtig günstig werden wird, wirst Du später noch erfahren ... 

Drei Arten von Fehlern

Betrachten wir einmal drei verschiedene Arten von Fehlern.

Erstens: 
Es gibt notwendige, wertvolle Fehler. Diese Fehler machen wir, wenn wir Neuland betreten. Wenn wir etwas nie zuvor Dagewesenes erforschen und entwickeln. Dann müssen wir notwendigerweise Fehler machen, da wir Dinge ausprobieren, von denen wir noch nicht wissen, wie sie funktionieren.

Wenn wir klug aus diesen Fehlern lernen, sind diese Fehler sogar wertvoll und intelligent. Ohne Fehler geht's einfach nicht bei Innovationen oder wenn wir Neuland betreten.

(Meinen Laptop im ICE liegen zu lassen, war selbstverständlich kein intelligenter Fehler!)

Zweitens: 
Viele Fehler, die uns täglich passieren, beruhen auf Unkonzentriertheit oder Fahrlässigkeit. Weil wir es schon so oft gemacht haben, sind wir weniger aufmerksam. Dann passieren uns vermeidbare Fehler, die einfach blöd und ärgerlich sind.

Das sind einfache Basisfehler. Fehler, die jedem von uns schon mal passiert sind. Mal mit kleineren, mal mit größeren negativen Konsequenzen.

Drittens:
Es gibt auch komplexe Fehler. Die passieren aus einer Aneinanderreihung widriger Umstände. Zwei Beispiele:

Beispiel eins:
Der Mann hatte schlecht geschlafen und war unkonzentriert. Den Termin fürs Aufziehen der Winterreifen hatte er daher falsch notiert. Als er die Reifen wechseln lassen will, erfährt er, dass der Termin schon vor einer Woche war und er jetzt zwei weitere Tage warten muss. Er fährt am nächsten Tag zu einem Geschäftstermin, ist spät dran, weil sein Kind sich beim Frühstück vollkommen nass gemacht hat und er den Kleinen erstmal umziehen darf. Deshalb fährt er zehn Minuten später in die Kita. Die Zeit zum Termin ist nun knapp. Der plötzliche Schneeregen verschlechtert die Sicht. Er will aber pünktlich sein und fährt dennoch schnell. Zu schnell. An einer glatten Stelle versagen seine Sommerreifen und er rutscht in die Leitplanke.

Beispiel zwei aus dem Business für einen komplexen Fehler:
Seit wir einen Finanzer als CEO haben, richtet sich der Blick immer stärker auf Profitabilität und Wachstum. Die Timings für das Launchen neuer Produkte werden immer kürzer. Das bedeutet weniger Zeit für Tests und weniger Zeit, um Fehler im Entwicklungsprozess auszumerzen. Ein Mitarbeiter, der eine Gefahr für einen Fehler bemerkt, traut sich nicht, auf diese mögliche Gefahr hinzuweisen, weil seine Führungskraft schon lange Druck macht, dass sie hinter dem Timing liegen. So fällt der zusätzliche Sicherheitstest weg. In die Software schleicht sich ein Fehler ein, der weder entdeckt noch nicht ausgemerzt wird. Drei Wochen nach dem Launch passieren die ersten Unfälle mit dem neuen Gerät. Die Rückruf-Aktion wird teuer. Sehr teuer.

In vielen Momenten hätten der Unfall und der Softwarefehler im neuen Produkt vermieden werden können. Doch durch die Verkettung verschiedener Umstände passiert dann ein krasser Fehler – ein komplexer Fehler.

Wie Fehler vermeiden?

Was können wir nun tun, um aus Fehlern zu lernen?

Wir sehen schon: Je komplexer die Fehler sind, desto schwieriger sind Fehleranalyse und Fehlervermeidung.

Lernen können wir aus Fehler nur, wenn wir genau hinschauen. Wenn wir nicht sagen ‚Das kann ja mal passieren.‘ Nur wenn wir Verantwortung übernehmen für unser Handeln und den Fehler, können wir tatsächlich lernen. Wenn wir nur das schlechte Wetter verantwortlich machen und unser Verhalten nicht verändern, luschert der Wiederholungsfehler quasi schon um die Ecke.

Nichts Neues für Dich als clevere Führungskraft.

So far so good. Das wissen wir alle. Aus Fehlern lernen. Sowohl aus intelligenten, wertvollen Fehlern als auch aus den vermeidbaren und komplexen Fehlern. Und mit der richtigen Einstellung könnten wir aus jedem Fehler etwas lernen. Und genau dabei gibt es ein Problem. Für viele Menschen. Und vielleicht auch für Dich.

Das Problem ist Dein Ehrgeiz und Dein Streben nach Exzellenz

Wenn du diesen Blog-Artikel liest, dann bist du vermutlich eine ehrgeizige Person. Wahrscheinlich wirst du regelmäßig gute oder sehr gute Ergebnisse erzielen. Menschen, die so neugierig sind wie Du und Blog-Artikel lesen, liegen in ihren Leistungen meistens über dem Durchschnitt. Und leider (!) sind solche ehrgeizigen Menschen oft Fehlerhasser. Fehler sind der Feind! Fehler sind schlecht. Fehler verringern unsere Ergebnisqualität.

Viele denken so: Fehler verringern die Ergebnisqualität.

Denn emotional sind Fehler der Tod

 Auch wenn wir rational verstehen, dass Fehler dazu gehören, so sind die meisten emotional extrem bemüht, Fehler zu vermeiden.

Es gibt die Fehler-Angst, weil wir nicht das Stigma des fehlerhaften Menschen an uns haften lassen wollen. Es gibt die Fehler-Aversion, weil wir emotional einfach keine Fehler machen möchten. Fehler machen einfach weniger Spaß als Erfolge.

Evolutionshistorisch ist das leicht nachvollziehbar. Denn wenn wir vor tausenden Jahren einen guten Beitrag zu unserem Stamm geleistet hatten, dann hatten wir einen festen Platz im Stamm. Wenn wir aber zu viele oder zu große Fehler machen und deshalb ausgestoßen werden, bedeutete das früher unseren sicheren Tod.

Deshalb ist die Aussage ‚Fehler passieren‘ zwar für jeden klar verständlich, aber viele scheuen Fehler dennoch wie der Teufel das Weihwasser.

Darum sind wir nicht offen für Fehler

Denn stell Dir mal folgendes vor heute im Jahr 2025: ein Kollege macht einen echt blöden Fehler: Er lässt seinen Laptop im ICE liegen. Da denken doch viele sofort: „Wie kann man nur so doof sein?“ Klar sagen wir das nicht offiziell, aber wir denken es oft, oder? Da ist es doch wohl auch klar, dass wir dieses Stigma nicht für uns selbst wollen!

Vier Tipps, um Fehler zu vermeiden (weitere kommen dann im nächsten Blog-Artikel)

Erstens:
Bei Neuland- und Innovations-Themen: Mach‘ Deine Hausaufgaben. Recherchiere. Online. Sprich mit Experten. Investier‘ Zeit und Mühe, um unnötige Fehler zu vermeiden, weil andere sie bereits gemacht haben. Oder weil sie Erfahrungen haben, die uns nützen können. Das ist aufwändig, vermeidet aber den einen oder anderen unnötigen Fehler. Und spart so dann doch Zeit und Geld.

Zweitens:
Schlaf Dich aus. Setz’ Prioritäten. Sag’ Nein. Überforder‘ Dich nicht.
Mangelnde Konzentration, Flüchtigkeitsfehler, Ablenkungen sind kein Zufall. Wenn Du nicht weißt, wo Dir der Kopf steht oder Du übermüdet bist, passieren Fehler automatisch häufiger und leichter, als wenn Du ausgeschlafen, fokussiert und konzentriert arbeitest.

Drittens:
Erstell‘ Checklisten. Etabliere standardisierte Prozesse und klare Abläufe. Ich habe zum Beispiel eine Checkliste für meine Sporttasche, wenn ich ins Fitness-Studio gehe. Nachdem ich mehrmals nochmal nach Hause gehen durfte, um meine Trinkflasche oder die Kopfhörer für mein Podcast hören beim Training vergessen hatte, hab‘ ich mir kürzlich eine Checkliste geschrieben. Und Überraschung: Die Checkliste funktioniert hervorragend.

Viertens:
Du sprichst offen im Team regelmäßig über Fehler. Du entwickelst systematisch mit konkreten Maßnahmen die Fehler- und Feedback-Kultur in Deinem Team.

 

Das sind vier Maßnahmen, die alle sehr sinnvoll sind und Dir helfen werden, Deine Fehler zu reduzieren. Nicht auf Null, aber Du wirst weniger Fehler machen.

Offiziell fehleroffen – inoffiziell taub

Immer wieder begegnen mir Führungskräfte, die wenig offen sind für Kritik- und Fehlergespräche – solange es sich um ihre Fehler handelt. Also, offiziell sind sie natürlich offen dafür. Aber die Umsetzung nach einem Kritikgespräch für die Führungskraft bleibt dann doch hinter den Erwartungen zurück. Das treibt leider viele gute Mitarbeitende in die Kündigung, weil alle immer an sich arbeiten sollen, nur die Führungskraft macht immer so weiter wie immer.

Ich wünsche Dir, dass Du an Deiner Fehleroffenheit arbeitest, denn das ist direkt verknüpft mit Deinem Erfolg als Führungskraft. Und mit Deiner Mitarbeiter-Bindung.

Nochmal die vier Maßnahmen, die Deine Fehlerrate reduzieren und Dein Fehlerlernen erhöhen:

Erstens: Mach Deine Hausaufgaben mit umfassender Recherche, wenn Du Neuland betrittst.

Zweitens: Schlaf‘ Dich aus. Setz‘ Prioritäten. Sag‘ Nein.

Drittens: Arbeite mit Checklisten für Standards.

Viertens: Sprich offen, konstruktiv und regelmäßig im Team über Deine eigenen Fehler und die Deiner Mitarbeitenden.

 

Soweit Teil 1 dieses Blog-Artikels. In Teil 2 erfährst Du, warum ich – im Nachhinein – meinen Laptop gern im ICE vergessen habe. Und wie Du gemeinsam mit Deinem Team die bewusste Fehlerrate erhöhst, um damit Deine Ergebnisse zu steigern.

Ja, Du hast richtig gehört: Exzellente Teams machen mehr Fehler publik, sprechen offen darüber und lernen so mehr und schneller. Und die Ergebnisse sind als Folge einfach besser.

Lass Dich überraschen mit diesen weiteren Tipps in Teil zwei dieses Blog-Artikels.

Auf bald!

Dein Markus

PS: Und wenn Du die Fehlerkultur in Deinem Team und Unternehmen signifikant verbessern möchtest, dann melde Dich gern bei mir. Ich stehe Dir als Coach, als Trainer, als Moderator, als Organisationsentwickler und als Redner zur Verfügung: service@markus-jotzo.com oder www.markus-jotzo.com

 

Foto von iStock

Markus Jotzo schreibt über Wirtschaft & Management, Bildungswesen, Job & Karriere, Personalwesen

Markus Jotzo. Autor, Redner und Trainer für Führung. Seit 2005 provoziert und unterstützt er Führungskräfte in Deutschland und weltweit. Sein Podcast heißt "Führen wie ein Löwe". Mit seinem Blog, seinen Büchern, Reden, Seminaren und Artikeln inspiriert er Menschen in über 15 Ländern.

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