5 Bewerbungstipps, die Du niemals anwenden solltest
Tipps zur richtigen Bewerbung gibt es viele. Doch was erwarten Personaler und Führungskräfte wirklich? Als Chefin weiß ich, worauf es ankommt - und welche Ratschläge Du getrost vergessen kannst.
Als Geschäftsführerin eines mittelständischen Betriebs sichte ich Dutzende Bewerbungen. Da ist viel Positives dabei, sicher, doch manchmal kann ich nur mit dem Kopf schütteln über das, was mich da erreicht: Da flattern Anschreiben mit falscher Anrede rein, Bewerbungen für Jobs, die wir gar nicht anbieten oder Kandidaten, die nur zum Vorstellungsgespräch kommen, um ihr vom Arbeitsamt vorgegebenes Soll zu erfüllen. Wirklich verwundern tut mich das alles nicht, dafür habe ich schon zu viel erlebt. Viel mehr aber erstaunt es mich, dass wirklich interessierte Kandidaten noch immer auf vermeintliche Bewerbungstipps setzen, die bei Entscheidern wie mir leider alles andere als einen guten Eindruck hinterlassen.
1. No-Go: Bewerbungsvorlagen aus dem Internet nutzen
Die meisten Bewerber sind froh über ein bisschen Hilfe. Da wird gern die ältere Schwester gefragt, wie man Anschreiben formuliert und der Partner schnell nochmal gebeten, fix Korrektur zu lesen. Die Mehrheit aber, und dazu gehörst höchstwahrscheinlich auch Du, sucht im Netz nach vorformulierten Mustern. Vorlagen und Beispielbewerbungen gibt's da draußen schließlich zu Hauf - nur leider weiß das inzwischen auch jeder.
Auf meinem Schreibtisch landet dementsprechend immer das Gleiche. Woche für Woche springen mich Floskeln an wie …
"Hiermit bewerbe ich mich auf Ihre Stelle vom 19. Januar 2018 als…"
"Sie sind ein führender Werkzeughändler im Rhein-Main-Gebiet und heben sich besonders hervor durch...
"Zu meinen Stärken zählen Offenheit, Teamfähigkeit und Pünktlichkeit"
"Ich hoffe, ich konnte Sie mit meiner Bewerbung überzeugen und freue mich auf Ihre Rückmeldung"
… und wenn ich ehrlich bin, habe ich es satt!
Versteh mich nicht falsch: Ich finde es grundsätzlich toll, dass sich Bewerber die Mühe machen und das Internet nach den besten Formulierungen und Vorlagen durchsuchen. Und wenn ich ehrlich bin, ist der Standard immer noch besser als eine Bewerbung ohne jegliche Form und Sinn. Aber wenn Du wirklich herausstechen will - wen wundert's - solltest Du Dich in Deiner Mappe lieber individuell verwirklichen. Und das heißt auch: Finger weg von Bewerbungsvorlagen aus dem Netz. Informiere Dich dort lieber über das Unternehmen selbst, über seine Mitarbeiter und Aufträge, also Fakten, mit denen du wirklich glänzen kannst. Mit unnötigen abgedroschenen Phrasen klappt das sicherlich nicht.
2. No-Go: Auf die Körperhaltung achten
Wirklich merkwürdig wird es hingegen oft erst im Vorstellungsgespräch. Dann nämlich, wenn Bewerber minutenlang Blickkontakt halten, weil sie gehört haben, dass sie dadurch interessierter wirken. Wenn sie partout nicht die Arme verschränken, weil das angeblich Abweisung signalisiert oder eine Stunde kerzengerade sitzen, weil das einfach besser ankommt als entspannt zurückgelehnt im Stuhl. In der Theorie ist dem auch so, dazu gibt's sogar wissenschaftliche Erkenntnisse. Aber wenn mein Gegenüber krampfhaft versucht, seine Körpersprache zu optimieren, habe ich von der ersten Minute an ein komisches Gefühl. Und wie Du weißt, trügt das Bauchgefühl ja bekanntermaßen nie.
Deswegen: Vergiss alles, was Du je über Körpersprache gelesen hast und sei einfach Du selbst. Wenn Du vor mir den unauthentischen Kasper spielst, hinterlässt Du damit definitiv einen schlechteren Eindruck, als wenn Du zwischendurch mal die Arme verschränkst oder den Blick schweifen lässt. Natürlich habe ich nichts gegen Augenkontakt und eine aufrechte Haltung kommt sowieso immer gut an. Aber an alles, was Dich unecht erscheinen lässt, solltest Du gar nicht erst denken.
3. No-Go: Keine Krankheiten oder Einschränkungen im Gespräch erwähnen
Bewerber sind grundsätzlich nicht verpflichtet, auf Krankheiten oder Familienplanung einzugehen. Es ist also Dein gutes Recht, derartige Punkte im Vorstellungsgespräch zu überspringen, und viele Ratgeber empfehlen das auch. Schließlich könntest Du dir dadurch die Chance auf den lang ersehnten Job verbauen oder im Wettbewerb mit einem anderen Kandidaten schlechter dastehen. Die landläufige Meinung lautet daher: Lieber so wenig wie möglich preisgeben.
Als Chefin sehe ich das anders. Natürlich respektiere ich das Recht eines jeden, mir nicht alles über sein Privatleben mitzuteilen. Aber wenn ich einen Schritt weitergehe und mir das zukünftige Arbeitsverhältnis ausmale, möchte ich schon gern wissen, was auf mich zukommt. Schließlich reflektiert die Ehrlichkeit im Bewerbungsgespräch mit großer Wahrscheinlichkeit die Ehrlichkeit, die der spätere Angestellte mir im Job entgegenbringen wird. Und wenn ich im Nachgang merke, dass mir schon zu Beginn Einiges verschwiegen wurde, habe ich wahrscheinlich auch in der späteren Zusammenarbeit mit ihr oder ihm ein angespanntes Verhältnis.
Lobenswert und definitiv beeindruckender ist es deshalb, wenn Du von vorneherein reinen Tisch machst. Wenn ich weiß, wie ich Dich in deiner Krankheit unterstützen oder in Deiner Schwangerschaft behilflich sein kann. Auch auf Eltern kann ich besser eingehen, wenn ich von vorneherein weiß, dass sie morgens wahrscheinlich eine Stunde später zu Arbeit kommen, weil sie ihren Nachwuchs in die Kita bringen müssen. Deswegen plädiere ich für Ehrlichkeit, von Anfang an.
4. No-Go: Keine angemessene Kleidung
Dass man grundsätzlich auf sein Äußeres achtet, sollte jedem klar sein. Im Zweifel gilt daher: lieber overdressed als zu leger, das wäre ja sonst auch ziemlich peinlich. Ein Hemd mit Sakko für den Mann darf es da schon sein und für die Frauen am besten eine Bluse mit Rock. So kann man schließlich nichts falsch machen, denken die meisten. Oder?
Leider doch. Und damit meine ich nicht, dass Anzug oder Rock vollkommen ausgeschlossen wären. Es kommt viel mehr auf die Position, den Job und das Unternehmen an, wie Du dich kleiden solltest. Ein Bewerber im Banker-Look wäre bei uns im Betrieb genauso fehl am Platz wie ein Hipster im Beratungswesen - zumal ich selbst lieber im Freizeitlook herumlaufe und meinen Mitarbeitern selbiges auch zugestehe. Deshalb: Lieber vorab informieren, wie sich die Mitarbeiter kleiden und das eigene Outfit dementsprechend anpassen. Kleiner Tipp: Eine kurze Hose muss es trotzdem nicht sein.
5. No-Go: Oft nachhaken
Wer einen bleibenden Eindruck hinterlassen will, so heißt es oft, sollte sich immer wieder beim Gegenüber ins Gedächtnis rufen. Coaches empfehlen deshalb gern, den Hörer in die Hand zu nehmen und beim Chef oder dem Personaler einfach nachzufragen, ob der Lebenslauf denn schon angekommen sei oder wann denn nun eine Entscheidung falle. Das zeige Interesse und ist auch in meinen Augen gut, sofern es bei einem Mal bleibt. Darüberhinausgehende Nachrichten, und da bin ich ehrlich, nerven nämlich einfach nur.
Wenn es nach mir ginge, müssten Bewerber gar nicht nachhaken. Jemandem, der mir ständig am Rockzipfel zupft, bleibt mir im Zweifel sogar negativer im Gedächtnis als ein Kandidat, der sich in Geduld übt. Eine abschließende Mail, in dem sich der Bewerber für das Gespräch bedankt, ist natürlich immer empfehlenswert. Bei einem guten Bewerber aber, der mich mit Kompetenz und Auftreten überzeugt, werde ich mich sowieso schnell und mit Freude zurückmelden. Da brauche ich keinen Reminder per Nachricht oder Telefon.
Wenn Du in einer Bewerbung also wirklich überzeugen willst, kommt es nicht darauf an, wie schick Du angezogen bist, dass Du ein DIN-genormtes Musteranschreiben verschickst oder ob Du auch wirklich alle Nuancen der Körpersprache beherrschst. Viel wichtiger ist, dass Du einfach Du selbst bist - und mich mit deiner Kompetenz, Authentizität und Natürlichkeit überzeugst.