6 Tipps, damit dir bei der Jobsuche nicht die Puste ausgeht!
Je länger die Suche dauert, desto schwieriger ist es, emotional stabil und selbstbewusst zu bleiben. Karrierecoach Silke Grotegut gibt Tipps, wie du diese Phase gut überstehst.
Wenn du schon einmal deinen Job verloren hast, dann kennst du das vielleicht. Die erste Zeit bist du voller Elan und stürzt dich in die Jobbörsen. Du richtest Job-Alerts ein, gehst zum Fotografen, aktualisierst deinen Lebenslauf und schreibst fleißig Bewerbungen.
Je länger diese Phase der Jobsuche allerdings dauert, desto schwieriger wird es, die innere Stabilität aufrechtzuerhalten. Das gilt vor allem für Menschen, die sich stark über ihre berufliche Tätigkeit und ihre Erfolge definieren. Eine Kündigung bedeutet meist eine große Kränkung, vor allem wenn sie aus heiterem Himmel kommt, und das betrifft häufig Führungskräfte.
Je höher das Level auf der Karriereleiter, desto geringer der Kündigungsschutz. Sicher: Die Abfindung mildert den Aufprall. Aber die Kränkung, die ein Mensch durch eine Kündigung erfährt, kann durch Geld nur schwerlich gemindert werden.
Ich erinnere mich besonders an einen Klienten. Klaus war Geschäftsführer, ein erfahrener Manager und seit vielen Jahren erfolgsverwöhnt. Er ahnte nichts, als er zu seinem Chef gerufen wurde. Dort teilte man ihm mit, sich von ihm trennen zu wollen und das mit einer sofortiger Freistellung.
Durch die Kündigung und die daran anschließende Arbeitslosigkeit hatte sich bei ihm ein Gefühl der totalen Wertlosigkeit eingestellt. Schlaflose Nächte voller Sorge, ob er dieses Stigma wieder loswird und nochmal eine gleichwertige Position bekommt. Sein Schamgefühl war überwältigend.
Um das Bild nach außen zu wahren, kaufte er sich als Erstes einen Oberklassewagen, um diesen als seinen neuen Dienstwagen auszugegeben. Enge eingeweihte Freunde sagten: „Was jammerst du, du hast eine fürstliche Abfindung.“ Er fühlte sich vollkommen allein mit seiner Angst. Je länger die Zeit der Arbeitslosigkeit dauerte und je mehr Absagen er kassierte, desto frustrierter wurde er. Als er zu mir kam, war von seinem Selbstbewusstsein wenig übrig.
Klaus steht hier exemplarisch für viele, die sein Schicksal teilen. So oder ähnlich kann es jedem ergehen. Ich möchte diese Geschichte daher zum Anlass nehmen, dir ein paar Tipps zu geben, damit dir über die Jobsuche nicht die Puste ausgeht.
1. Strukturiere deinen Tag
Ich habe Klaus gefragt: „Wie viel Stunden am Tag verbringst du mit deiner Jobsuche?“ Seine Antwort: „Den ganzen Tag. Ich fange morgens um 8 Uhr an und abends schalte ich den Rechner um 22 Uhr aus. Ich mache nichts anderes, als Jobbörsen zu durchforsten und Bewerbungen zu schreiben.“
Das hört sich erst einmal sinnvoll an, schließlich wollte er so schnell wie möglich einen neuen Arbeitsvertrag unterschreiben. Effizient war das aber nicht. Täglich zehn Stunden in den Jobbörsen zu surfen bringt ab einem bestimmten Punkt keinen Erkenntnisgewinn, sondern nur Frust und das Gefühl, sich immer mehr zu verzetteln.
Daher ist mein wichtigster Tipp an dich: Teile deinen Tag ein in Bewerbungszeiten und Zeit für Privates. Überlege dir, wie viel Zeit kannst du am Tag wirklich sinnvoll für Bewerbungsaktivitäten nutzen. Wenn du dein Pensum erreicht hast, brauchst du kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn du anschließend Sport machst oder ins Museum gehst.
Die Zeit der Jobsuche ist anstrengend, kann emotional sehr belastend sein und manchmal auch länger dauern, als dir lieb ist. Da ist es wichtig, dass du Zeit für Aktivitäten einplanst, die dir Kraft geben.
2. Sorge gut für dich
Klaus hat sich in den Jobbörsen verkrochen, private Aktivitäten fanden fast nicht mehr statt. In seinen Augen hat er tagsüber nichts geleistet – außer nach einem Job zu suchen. Er fühlte sich wertlos ohne seine Erwerbsarbeit. In seinen Augen hatte er es nicht verdient, sich etwas Gutes zu tun.
Aber gerade in Zeiten, die uns emotional viel abverlangen, ist es sehr wichtig, dass wir uns selbst gut um uns kümmern. Wenn dir das auch schwerfällt, dann erinnere dich an deine Kindheit. Wer hat dich dort bedingungslos geliebt? Und was würde dieser Mensch jetzt für dich tun oder zu dir sagen, um dir zu helfen?
Sicherlich würde er dir zu verstehen geben, dass du ein wertvoller und liebenswerter Mensch bist, ob mit oder ohne Arbeitsvertrag. Meine Oma hat mir immer Milchreis gekocht, und das ist auch heute noch mein Seelentröster.
Niemandem ist damit geholfen, wenn du irgendwann vollkommen erschöpft den neuen Arbeitsvertrag in Händen hältst – noch nicht einmal dein neuer Arbeitgeber. Auch der Neustart wird dir Kraft abverlangen. Und ich bin sicher, dass du dich ärgern wirst, wenn du später auf diese Zeit der Jobsuche zurückschaust und du da nichts anderes gemacht hast, als die Jobbörsen zu bewachen und dich mit Anschreiben herumzuquälen.
Tue dir was Gutes – egal was das für dich ist: Fußball schauen, Badewanne, Wandern gehen. Kümmere dich um dich selbst! So, wie sich diese wohlmeinende Person um dich kümmern würde.
3. Achte auf deine Gefühle
Für Klaus war das Thema Arbeitslosigkeit sehr schambehaftet. Vor negativen Gefühlen wie Scham, Angst und Wut hat ihn auch die stattliche Abfindung nicht bewahrt. Im Gegenteil. Sie hat ihm zwar ein finanzielles Polster für die Phase der Neuorientierung gegeben – allerdings verbunden mit dem Gefühl, kein Recht zu haben, sich schlecht zu fühlen oder gar zu beklagen. Als kopflastiger Mensch hat er versucht, all seine Gefühle wegzurationalisieren.
Das allerdings ist wie eine offene Wunde. Nur weil ein Pflaster draufklebt, ist die Wunde nicht weg. Im schlimmsten Fall fängt es sogar an zu eitern, und alles verschlimmert sich.
Gefühle wie Wut, Scham, Ärger oder Trauer sind nach solchen Erlebnissen vollkommen normal. Um sie bewusst wahrzunehmen, brauchst du keinen Therapeuten oder Coach. Ein erster Schritt ist einfach aufmerksam zu beobachtenn, welche Gefühle in dir auftauchen. • „In mir ist ein Gefühl von Trauer.“ • „Was die mit mir gemacht haben, löst Wut in mir aus.“
4. Sei dankbar!
Okay, das hört sich jetzt strange an. Wofür sollst du schon dankbar sein, wenn du gerade deinen Job verloren hast? Aber egal, wie sehr dich der Jobverlust getroffen hat, ich bin sicher, dass es in deinem Leben vieles gibt, für das du dankbar sein kannst: deine Familie, deine Gesundheit, deine Wohnung, dass du in Deutschland lebst, oder, oder, oder.
Dein Job ist weggebrochen – nicht dein ganzes Leben. Auch wenn es sich anfänglich so anfühlt. Dankbarkeit ist eine Stärke, die du erlernen kannst, und es gibt zahlreiche Studien darüber, dass dankbare Menschen glücklicher sind.
5. Jetzt ist Zeit für Weiterbildung
„Es gibt nie den passenden Zeitpunkt für eine Weiterbildung“, sagte mein ehemaliger Chef einst zu mir, als ich ihn darum bat, ein Seminar wegen der hohen Arbeitslast verschieben zu dürfen. Recht hatte er!
Während der Jobsuche allerdings ist es geradezu geboten, Qualifikationen und Kompetenzen aufzufrischen oder neu zu erwerben. Oder gibt es etwas, was du schon immer mal lernen wolltest? Vielleicht Italienisch? Dann ran an die Buletten!
Selbst wenn du nur über geringe finanzielle Mittel verfügst – im Netz gibt es zahlreiche kostengünstige oder sogar kostenfreie Angebote zu allen Business-Themen.
6. Geh in Kontakt und nimm Hilfe an
Weil ihm die Arbeitslosigkeit so peinlich war, hat Klaus das Thema weitestgehend mit sich allein ausgemacht. Er hat weder mit seiner Familie noch mit seinen Freunden darüber gesprochen, was der Rauswurf für ihn wirklich bedeutet hat. Als gut aussehender, großer, sportlicher und humorvoller Mann wurde er immer für seine offene, positive und lockere Art geschätzt. Er war jemand, der sich in seiner Haut und in seiner Rolle sehr wohlfühlte und selbstbewusst auftrat.
Davon war nach dem Jobverlust wenig übrig. Mit jeder Absage nahm die Schussfahrt in der Abwärtsspirale weiter Fahrt auf. Er zog sich immer mehr zurück und machte es damit seiner Familie und seinen Freunden unmöglich, ihn zu verstehen oder zu unterstützen.
Daher ist mein Tipp: Such dir Menschen, denen du vertraust und denen du dich anvertrauen magst. Über deine Situation und die damit verbundenen Gefühle zu sprechen, entlastetet. Wenn es richtige Freunde sind, dann wirst du sehen, dass du für sie immer noch die gleiche wertvolle Person bist, die du auch vorher warst. Dein Selbstwert hängt nicht davon ab, ob du gerade einen anspruchsvollen Job hast oder nicht. Dein Wert kommt aus dir SELBST heraus.
Ein Coach oder Therapeut kann ebenfalls eine gute Anlaufstelle sein. Der Vorteil ist, dass Therapeuten oder Coaches keine eigenen Erwartungen in dich und deine berufliche Entwicklung haben. Das fällt dem eigenen Umfeld häufig schwer.
Wie es mit Klaus weiterging
Klaus hat wieder eine anspruchsvolle und sehr gut dotierte Position gefunden. Der Prozess war jedoch langwierig. Eine Phase der Trauer ist vollkommen normal, wenn man seinen Job verliert!
Wie lange du jedoch im Tal der Tränen bleibst, das kannst du selbst beeinflussen.