Cover-Ausschnitt: Ramona Rack: STERNENTÄNZERIN. - Matthias Schweigert

Abschied als Begegnung: Wie eine Autorin und Mutter ihren Kindern Sinn vermittelt

Niemand von uns kann dem Tod entkommen, doch viele Menschen halten es nicht aus, mit ihrer eigenen Endlichkeit konfrontiert zu werden, sie haben Angst oder sind unerfahren im Umgang mit Sterben, Tod und Trauer. Auch in Unternehmen wird darüber kaum gesprochen, was teilweise an unserem historischen Erbe liegt, denn nach dem Zweiten Weltkrieg hatten Millionen Menschen Familienmitglieder und Freunde verloren. Es gab weder Zeit noch Raum für Trauer, die oft verdrängt und schließlich zum Tabu wurde. Viele der älteren Generation waren oder sind unfähig, Gefühlen und Fragen offen zu begegnen. Dadurch fehlen auch Menschen, die ihre Trauer ehrlich zulassen. Hinzu kommt, dass Trauernde, die sich in einem Ausnahmezustand befinden, häufig unsichtbar scheinen. Kollegen und Vorgesetzte sind unsicher, wie sie sich verhalten können und sprechen deshalb die Betroffenen nicht an.

Viele Verantwortliche in Unternehmen reagieren überfordert, sobald beispielsweise ein Mitarbeiter verstirbt oder verwitwet ist. Nachrufe von Unternehmen beinhalten oft Standardformulierungen und sind ein deutliches Abbild dieser Schwierigkeiten. Ist die schwerste Trauerphase überwunden, spüren viele Menschen den Impuls, ihr bisherige Leben in Frage zu stellen: Was zählt im Leben wirklich? Wer war in der dunklen Zeit für mich da? Arbeite ich im richtigen Beruf und am richtigen Ort? Nach und nach gewinnen Kraft und Klarheit wieder Kontur. Die Folge ist oft eine (innere) Kündigung. Unternehmen zahlen für ihre Unsicherheit und ihr Fehlverhalten dann auch einen hohen Preis. Trauererfahrene im engeren Kreis zu wissen, ist ein Geschenk für alle, die sich in einer solchen Situation befinden. Manchmal kann auch die richtige Lektüre unterstützen.

Wie führe ich mein Leben? Was gibt meinem Leben Sinn? Woran glaube ich? Die in Nürnberg geborene Autorin Ramona Rack ist Mutter von drei Kindern. Sie erlebte, wie schwer es ist, mit ihnen über den Tod eines Angehörigen zu sprechen und verfasste deshalb ein Kinderbuch (auch für Erwachsene), in dem sie die Uroma ihrer Kinder als deren wichtigste Bezugsperson beschreibt – und ihren letzten Weg nach schwerer Krankheit im Hospiz. Bücher wollte sie schon als kleines Mädchen machen. Doch dann kam ihr das Leben dazwischen. Mehrere Schicksalsschläge führten sie schließlich zurück zu ihrer Passion: dem Schreiben. Um ihren Kindern den Verlust leichter zu machen und einen „positiven“ Umgang mit dem Tod zu vermitteln, überlegte sie sich die Geschichte der "Sternentänzerin", die sie im November 2019 veröffentlichte und die inzwischen in der dritten Auflage vorliegt:

„Oma ist jetzt bei den Sternen. Die Sterne haben gesehen, dass es Oma schlecht geht, da haben sie Oma abgeholt und zu sich mitgenommen. Im Himmel haben sie Oma mit ihrer Sternenkraft wieder gesund gemacht.“ Wenn die Kinder ihre Oma vermissen, können sie einfach mit ihr reden, denn sie hat Sternenkraft bekommen, mit der sie die Kinder sehen und hören kann. Mit dieser Geschichte sollen auch andere Familien in einer ähnlichen Situation unterstützt werden. „Das war natürlich ein langer, sehr steiniger Weg, da ich keine Ahnung vom Veröffentlichen hatte und auch keine Unterstützung“, sagt Ramona Rack rückblickend. Mit ihrem Engagement möchte sie auf das Thema Tod und Trauer aufmerksam machen, Redetabus durchbrechen, zum Nachdenken anregen und verändern. Sie wünscht sich, „dass die Gesellschaft wieder lernt, über den Tod zu sprechen und dadurch Ängste abbaut.“

Ich danke Claudia Silber für den Impuls zur "Sternentänzerin".

Ramona Rack: STERNENTÄNZERIN. Illustration: Matthias Schweigert. Selbstverlag 3. Auflage 2021.

Alexandra Hildebrandt: Letzte Lieder – große Lebensfragen: Was am Ende bleibt

Alexandra Hildebrandt: Mehr Leben statt mehr Jahre: Was am Ende wirklich zählt

Hannah Haberland: Letzte Begegnungen. Eine Palliativärztin erzählt. Eden Books, Berlin 2018.

Stefan Weiler: Letzte Lieder – Sterbende erzählen von der Musik ihres Lebens. Edel Books, Hamburg 2017.

Stefan Weiler: Letzte Liebeslieder. Was Sterbende wirklich über das Leben und die Liebe denken. Edel Books, Hamburg 2020.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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