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Acht Verbrauchertrends, auf die jedes Unternehmen vorbereitet sein sollte

Unsere Welt wandelt sich rapide, genau wie die Erwartungen der Verbraucher. Wenn Unternehmen auch weiterhin echten Mehrwert schaffen und die Probleme ihrer Kunden lösen wollen, müssen sie ihre Produkte und Dienstleistungen überdenken und die gewaltigen Verschiebungen berücksichtigen, die derzeit stattfinden.

Ganz allgemein gesprochen, lassen sich diese Umwälzungen acht transformativen Verbrauchertrends zuordnen:

1. Trend: Digitalisierung und Erweiterung der Kommunikationskanäle

Zweifellos haben Unternehmen die digitalen Kommunikationsrouten, die sie mit ihren Kunden verbinden, bereits angenommen und vorangetrieben. Die meisten jedenfalls. Doch in der Vergangenheit hat diese Digitalisierungsreise die digitalen Kommunikationskanäle – Websites, Social Media, usw. – eher als „Nice to have“ betrachtet, als etwas, was man haben kann, aber nicht haben muss. Inzwischen hat ein Kurswechsel stattgefunden und die Kunden treten hauptsächlich über digitale Kanäle mit Unternehmen in Kontakt. Mit anderen Worten, die digitale Option steht an erster Stelle.

Eine globale Studie der Unternehmensberatung McKinsey stellte fest, dass die Covid-19-Krise die Digitalisierung der Kunden- und Lieferketten-Interaktionen um drei bis vier Jahre beschleunigt hat – in einem Zeitraum von wenigen Monaten. Das bedeutet, dass Unternehmen ihre Aktivitäten auf den Aufbau und die Gestaltung besserer primär digitaler Interaktionen mit Kunden fokussieren sollten. Drei spezifische Bereiche sollten dabei in den Brennpunkt rücken:

  • Apps;

  • Eine reibungslose kanalübergreifende Kundenerfahrung (ein Omnichannel-Geschäftsmodell, bei dem Kunden nahtlos zwischen den verschiedenen Kanälen hin und herwechseln können und dennoch ein einheitliches Kundenerlebnis geboten bekommen, sprich ihre Daten und Konfigurationen auf allen Kanälen gespeichert und einbezogen werden);

  • Neue, ausschließlich digital erhältliche Produkte.

2. Trend: Die Kognifizierung der Produkte und Dienstleistungen

Künstliche Intelligenz (KI) und Internet der Dinge (IoT) kann man nicht mehr entkommen. Beide sind untrennbar in unseren Alltag verwoben, wie die wachsende Anzahl an Produkten zeigt, die Eingang in unser Leben gefunden haben und als „smart“ oder „intelligent“ bezeichnet werden.

Diese „Kognifizierung“ von Produkten – ein Ausdruck, der von Kevin Kelly stammt, Mitbegründer und Exekutivdirektor der US-amerikanischen Computerzeitschrift Wired – wird heute für eine breitgefächerte Palette von Produkten mit selbstdenkenden und -agierenden Algorithmen verwendet, angefangen bei Kühlschränken und Fahrzeugen bis hin zu riesigen Industrieanlagen in Fabriken. Fakt ist, dass angesichts der schrumpfenden Größe und Kosten von Sensorsystemen beinahe alles „smart“ gemacht werden kann. Aber es sind nicht nur die Produkt, die „intelligenter“ werden – auch die Dienstleistungen lassen sich mit KI-Kapazitäten optimieren.

3. Trend: Mikromomente und Personalisierung

In unserem Zeitalter der Hyper-Individualisierung möchten die Menschen das Gefühl haben, etwas Besonderes zu sein. Sie erwarten, dass die Marken – die ein Unternehmen als Ganzes charakterisieren – ihre individuellen Bedürfnisse verstehen und darauf reagieren. Sie wünschen sich eine einmalige Kundenansprache statt der Massen-Marketingstrategien der Vergangenheit. Mit anderen Worten, sie verlangen eine bedeutungsvollere Verbindung zu den Unternehmensmarken ihrer Wahl.

Und diesem Bedürfnis sollten die Unternehmen möglichst schnell Rechnung tragen. Die Kunden von heute haben wenig Zeit und werden ständig mit Content, sprich Informationen und Erfahrungen, bombardiert und erwarten daher umgehende Lösungen. Die Herausforderung (und Chance) besteht darin, genau die Augenblicke zu erkennen, in denen Kunden nach etwas Bestimmtem Ausschau halten (sei es ein Produkt, eine Information oder was auch immer) uns es ihnen unverzüglich anzubieten. Fakt ist: Dieses Suchverhalten stellt ein Fenster dar, das oft nur für wenige Sekunden geöffnet ist und Unternehmen die Gelegenheit bietet, Kunden zu gewinnen – eine Konstellation, die Google als „Mikromomente“ bezeichnet.

4. Trend: Subskription und Servitisierung

Das könnte einer der wichtigsten Zukunftstrends werden. Getrieben von der zunehmenden Kognifizierung der Produkte und Dienstleistungen, können Organisationen aller Art ihren Kunden nun Produkte und Dienstleistungen mit selbstdenkenden und -agierenden Algorithmen auf Subskriptionsbasis anbieten.

Dieser Trend erfordert deinen Wechsel von traditionellen Geschäftsmodellen, wo Kunden Produkte und Dienstleistungen nach Bedarf kaufen, zu einem Vorabverkaufsverfahren, wo Kunden sich per Unterschrift verpflichten, Produkte oder Dienstleistungen regelmäßig zu beziehen. Der Kunde profitiert von den komfortablen, automatischen Vertragsverlängerungen und baut eine tiefgründigere Bindung an die Marken auf, die er bevorzugt. Die Unternehmen haben ihrerseits den Vorteil, vorhersehbare Einnahmen zu erzielen – denn solange sie den Kunden auch weiterhin einen Mehrwert liefern, werden diese bereit sein, dafür zu zahlen.

5. Trend: Wegfall einzelner Stufen der Wertschöpfungskette

Auch Disintermediation genannt, besteht dieser Direkt-an-Kunden-Trend im Wesentlichen darin, die traditionellen Intermediäre, sprich Vermittler zwischen den Akteuren, zu umgehen – beispielsweise Einzelhändler, Großhändler, Distributoren, Werbeagenturen – um sich direkt mit dem Endverbraucher zu verbinden. Marken aus allen Sektoren der Wirtschaft sind inzwischen bestrebt, neue direkte Kommunikationswege zu den Kunden via Online-Kanäle zu erschließen.

Alle Unternehmen sollten überlegen, wie sie neue direkte Kommunikationswege mit den Kunden aufbauen können. Für Organisationen wie Banken und Einzelhändler, die eine Vermittlerrolle einnehmen, stellt dieser Trend zum direkten Vertrieb offenkundig eine beträchtliche Herausforderung dar. Diese Intermediäre, die in der Vergangenheit über große Macht verfügten, werden aus der Gleichung ausgeschlossen und müssen ihr geschäftlichen Aktivitäten entsprechend überdenken.

6. Trend: Von B2C zu „alle an alle“

Die Kunden-an-Kunden (C2C) Ökonomie – wo sich Privatpersonen mit anderen Privatpersonen vernetzen, um zu kommunizieren oder mit Produkten/Dienstleistungen zu handeln –, hat den Aufstieg wirkmächtiger Plattform-Unternehmen wie Uber, Facebook und Etsy begünstigt. Diese Interaktionen und Transaktionen zu ermöglichen ist durchaus von Nutzen, denn diese Plattformen, die eine sichere, unkomplizierte Verbindungsmöglichkeit für Kunden schaffen, haben ein enormes Wachstum zu verzeichnen.

Selbst für Unternehmen, die dieses Geschäftsmodell noch nicht in Betracht gezogen haben, lohnt es sich, diese Entwicklung aufmerksam zu verfolgen. Es besteht vielleicht die Möglichkeit, eine Wende einzuleiten und auf das Plattform-Modell umzuschwenken oder ein neues Unternehmen rund um eine mehrwertbasierte Plattform auszubauen.

7. Trend: Mehr immersive Erfahrungen

Dank der Extended-Reality-Technologien (XR) wie Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) können die Unternehmensmarken ihre Kunden nun mit Erfahrungen beeindrucken, die eine engere Bindung, immersive Erlebnisse und eine neue Dimension der Realitätswahrnehmung bieten. (In meinem Buch Extended Reality in Practise finden Sie weitere Informationen über den Einsatz der XR-Technologien in den verschiedensten Branchen.)

Die Kunden von heute legen mehr Wert auf Erlebnisse als auf materielle Güter (vor allem die Generation der Millenials erklären 75 Prozent, dass ihnen die Kundenerfahrung wichtiger ist). Und das bedeutet, dass die Unternehmensmarken die Kundenreise, gleich ob online oder offline, in eine durchdachte, erinnerungswürdige Erfahrung umwandeln müssen, wenn sie relevant bleiben wollen. Die XR-Technologie kann sie dabei unterstützen.

8. Trend: Bewusster Konsum

Teilweise angetrieben von Umweltschutzbewegungen wie Extinction Rebellion und die Arbeit von Umweltschutzaktivist*innen wie Greta Thunberg, haben wir einen Kipppunkt in unserem Umweltbewusstsein erreicht. Und mit dem zunehmenden Bewusstsein geht der Wunsch nach klimafreundlicheren und nachhaltigen Produkten einher. In vielen Familien stellt man inzwischen auch regelmäßig Fragen wie „Stammt das Produkt Fairem Handel?“ oder „Stammt dieses Erzeugnis aus der ökologischen Landwirtschaft?“ Wir geben uns Mühe, verantwortungsbewusste Verbraucher zu sein, anders ausgedrückt, die breiter gefassten Auswirkungen unseres Einkaufsverhaltens zu verstehen und wenn möglich die verantwortungsvolleren Alternativen zu wählen.

Was diese Entwicklung betrifft, stehen wir nicht alleine dar. Nehmen wir das Thema „Flygskam“ oder „Flugscham“ als Beispiel. Nachdem der Begriff 2017 in Schweden geprägt worden war, ging der Flugscheinverkauf 2018 zurück und der Zugfahrscheinverkauf nahm zu. Statt einen Statusgewinn infolge der Entscheidung für ein verantwortungsbewusstes Verbraucherverhalten zu erzielen, erzeugt es nun Scham, wenn man sich dagegen entscheidet. Das ist ein klares Anzeichen dafür, dass beantwortungsbewusster Konsum Mainstream geworden und in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist.

Unternehmen neu zu gestalten, um diesen Entwicklungstendenzen Rechnung zu tragen, erfordert Mut, vor allem, wenn man damit das bestehende Geschäftsmodell zu Grabe tragen muss. (Man denke nur daran, dass Apples Fokus auf iPhones und Apple Music die iPods weitgehend obsolet machte.) Und es setzt Demut voraus – die Bereitschaft, über den eigenen Tellerrand zu schauen und den Blick auf andere Branchen und Organisationen zu richten, um zu erkennen, was sie besser machen.

Weitere Informationen über diese und andere künftige Entwicklungen vernetzen Sie sich doch mit mir hier bei XING, besuchen Sie meine Webseite www.bernardmarr.de, oder lesen Sie mein neues Buch Business Trends in Practice: The 25+ Trends That are Redefining Organizations.

Bernard Marr schreibt über Internet & Technologie, Wirtschaft & Management, Künstliche Intelligenz, Zukunftstrends

Bernard Marr ist ein internationaler Bestsellerautor, gefragter Keynote-Redner, Futurist sowie Strategie- und Technologie Berater zu Topunternehmen. Herr Marr ist der Autor von 18 Büchern, scheibt eine Kolumne für Forbes, und ist ein Sozialen Medien Influencer mit über 2 Millionen Followern.

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