Viele Menschen fühlen sich nach dem Essen müde und erschöpft. - 10'000 Hours/Getty Images

Achtsamkeit statt Völlerei: 3 Tipps gegen das Mittagstief

Wie man der Müdigkeit nach dem Lunch vorbeugt und warum "gesunde Ernährung" für jeden Körper etwas anderes bedeutet – Ex-Nationalspieler Marcell Jansen verrät seine Tipps gegen daas Mittagstief.

Wer kennt das nicht in deutschen Büros? Die Leute kommen aus der Mittagspause zurück und stöhnen: „Jetzt erstmal ein Nickerchen“, hört man da nicht allzu selten. Da werde ich bereits stutzig. Schließlich ist die Nahrungsaufnahme dafür da, uns Energie zu liefern, gerade in der Mitte des Arbeitstages. Stattdessen sind viele Menschen nach dem Lunch müde und erschöpft – und hinterfragen das nicht einmal.

Ich hatte in meiner Zeit als Leistungssportler natürlich das Glück, dass ich Zugänge hatte, die nicht normal sind. Ich war von den besten Köchen umgeben und habe unheimlich viel über Ernährung und meinen Körper gelernt. Was sind eigentlich Kohlenhydrate? Was macht ein Essen schwer, was macht müde? Was passiert da eigentlich in meinem Körper?

Warum "so richtig schön voll“ ein Warnsignal sein sollte

Es ist eigentlich pervers, dass so viele Menschen ein extremes Völlegefühl noch immer mit gutem Essen gleichsetzen. „Ich bin jetzt so richtig schön voll“ ist nämlich eigentlich ein Warnsignal des Körpers. Er kündigt an, dass das Immunsystem jetzt nur noch damit beschäftigt ist, sich um die Verarbeitung der Mahlzeit zu kümmern. Alle anderen Abwehrkräfte werden dafür erstmal zurückgestellt. Ihr könnt Euch vorstellen, dass das nicht gerade gesund ist.

Darum ist es so wichtig, dass die Menschen sich mehr mit ihrer Ernährung beschäftigen. Und damit meine ich nicht den kompletten Verzicht auf Genussmittel. Im Gegenteil – die Seele isst mit und muss auch gefüttert werden. Ich trinke auch am Wochenende gerne einmal mein Weinchen und esse meine Lieblingspizza. Worauf es vor allem ankommt, ist die Qualität der Produkte. Dass wir eben keine Industrieprodukte und haufenweise Chemie in uns reinschütten, sondern ein Gefühl dafür bekommen, welche Lebensmittel uns gut tun. Ein Problem dabei, gerade wenn es an die Mittagspause geht, ist immer noch das Angebot.

In anderen Ländern wie Skandinavien und den USA habe ich da schon einen großen Wandel beobachtet. Dort ist es an vielen Orten selbstverständlich, gesunde, leckere Mittagstische zu bekommen, während in Deutschland oft noch Pasta mit Sahnesoße und Schnitzel auf der Speisekarte stehen. Das war auch ein Grund dafür, warum ich vor Kurzem gemeinsam mit Steffen Henssler ein Restaurant in Hamburgs Innenstadt eröffnet habe. Im Kinneloa gibt es leckere und gesunde California Street Kitchen, hier kommt das Beste aus verschiedenen Küchen zusammen – vom Sushi-Donut mit Lachs-Sashimi bis zur gegrillten Süßkartoffel mit Hähnchen. Alles aus hochwertigen Zutaten, die satt machen und super lecker sind. Soulfood eben, mit dem ihr Euch richtig belohnen könnt, ohne Eurem Körper Energie zu rauben.

Steffen Henssler (l.) und Marcell Jansen bringen gesunde – und abwechslungsreiche – Küche auf den Tisch.
Steffen Henssler (l.) und Marcell Jansen bringen gesunde – und abwechslungsreiche – Küche auf den Tisch.

So kommt ihr durch den Tag

Lernt Euch kennen

Die gute Nachricht ist: Es ist alles gar nicht so kompliziert. Ihr müsst keine Wissenschaft betreiben, um Euch mit Ernährung auszukennen. Wichtig ist es vor allem, den eigenen Körper kennenzulernen und zu wissen, was ihr vertragt. Der eine kann schon mittags problemlos Fleisch und Fisch verarbeiten, andere zieht das total runter. Wem es schwer fällt, in sich hinein zu horchen, kann auch mal ein paar Wochen lang ein Ernährungstagebuch führen oder sich mit einer Blutuntersuchung beim Arzt auf Unverträglichkeiten testen lassen. Also: Nehmt die Nahrungsaufnahme mal wieder bewusst wahr, statt nur nebenbei – im Gespräch mit Kollegen – das Essen in euch reinzuschaufeln. Kaut wieder ordentlich. Fragt Euch zwischendurch: Bin ich eigentlich schon satt? Seid achtsam und sorgsam mit euch selbst und lasst euch nichts vorschreiben – ihr seid der Chef von eurem Körper. Besonders wichtig: Bleibt geduldig und empathisch mit euch selbst, das Ganze ist kein Wettbewerb.

15 Stunden Pause

Die Welt um uns herum ist extrem schnell und das wird sich in Zukunft auch nicht ändern. Darum müssen wir wieder ganz bewusst lernen, uns Pausen zu gönnen. Und das gilt nicht nur für unseren Geist, sondern auch für unseren Köper. Er braucht einfach ausreichend Zeit, um die ganze Nahrung zu verarbeiten und sich zu regenerieren. Darum versuche ich, unter der Woche über Nacht immer gut 15 Stunden nicht zu essen. Das ist ziemlich einfach, wenn ihr abends nicht zu spät esst und dann erst am Vormittag wieder Nahrung aufnehmt. Ein leckerer Tee oder auch mal ein Cappuccino mit Hafer- oder Mandelmilch morgens ist dann auch kein Problem und gehört für mich zur Morgenroutine. Der Stoffwechsel hat durch diese Pause die Chance, richtig ins Arbeiten zu kommen – und dadurch fühlen wir uns den ganzen Tag fitter.

Findet die Balance

Es ist alles eine Frage des Gleichgewichts. Reiner Verzicht ist ebenso hinderlich wie übertriebene Völlerei – das gilt auch beim Mittagessen. Es gibt Tage, da haben wir einfach Lust auf einen Nachtisch und das ist überhaupt kein Problem. Vielleicht verzichtet ihr dafür auf die Vorspeise oder das Glas Wein am Abend? Aber selbst wenn ihr es mal übertreibt, schadet das dem Körper nicht automatisch. Zumal auch vermeintliche Sünden gesund sein können, wenn ihr Euch bei den Zutaten mal nach Alternativen umschaut. Das Stück Kuchen kann ja zum Beispiel auch mit Dinkelmehl zubereitet sein, die Pasta aus Linsen.

Gerade beim Mittagessen ist aber auch die Gesamtsituation entscheidend: Wenn wir gestresst sind, kann unser Körper automatisch schlechter mit der Nahrung umgehen, als wenn wir das Essen am Wochenende ganz entspannt mit einer Gruppe Freunden genießen.

Wichtig ist: Gute Ernährung ist keine Einschränkung, sondern Teil eines Lifestyles, der vor allem von Genuss und Bewusstsein geprägt sein sollte. Und da nicht jeder Lust und Zeit hat, sich intensiv mit dem Thema zu beschäftigen, ist es umso wichtiger, hochwertige Lunchangebote leicht zugänglich zu machen und allen Menschen die Möglichkeit zu geben, sich etwas Gutes zu tun.

Marcell Jansen schreibt über Sport, Lifestyle, Health Management

Marcell Jansen war zwölf Jahre Bundesliga- und Nationalspieler, bis er seine Karriere mit 29 Jahren beendete. Parallel zu seiner Laufbahn als Profi-Fußballer gründete er mit 21 Jahren seine erste Firma. Inzwischen hält er Beteiligungen an mindestens fünf Unternehmen im Sport- und Lifestyle-Bereich.

Artikelsammlung ansehen