ADC Digital Conference: Agenturen bleiben wichtig. Aber...
Bei der ADC Digital Conference am Montag in Düsseldorf drehte sich alles ums Thema Künstliche Intelligenz. Agenturvertreterinnen und Werbungtreibende diskutierten intensiv über die künftigen Rollenverteilungen.
Die Zukunft des Marketings ist kein ferner Horizont mehr – sie ist Gegenwart. Und sie ist laut, schnell und radikal. Wer beim Panel "KI-Transformation: Wer bleibt – Agenturen oder CMOs?" im Kunstpalast Düsseldorfer zuhörte, konnte nicht anders, als die Dringlichkeit zu spüren: Die Rollen von Agenturen und Chief Marketing Officers stehen auf dem Prüfstand. Und mittendrin: die generative KI – Katalysator einer Branche, die sich neu erfinden muss.
Katja Johannson, Marketingdirektorin bei Intersnack Deutschland, brachte es auf den Punkt: "Man muss Leute überzeugen und Ängste nehmen." Die Herausforderung liege nicht nur in der Technologie, sondern in der Transformation der Organisation. KI zwinge CMOs, visionär zu denken – und gleichzeitig empathisch zu führen. Johannson sieht sich als Kuratorin ihrer Marken, als Vermittlerin zwischen Strategie, Experience und Menschlichkeit.
Doch der Wandel ist nicht nur intern spürbar. Auch das Verhältnis zu Agenturen verändert sich. "Ich brauche Sparringspartner, die mich aufschlauen", sagte Johannson. Die Agentur wird zur strategischen Mitdenkerin – oder sie verliert ihre Relevanz.
Anna Meissner, Executive Creative Director der Beratung TLGG, beschrieb die neue Realität der Agenturen als zweigeteilt: Auf der einen Seite die "Broadcast Studios", die Formate effizient umsetzen. Auf der anderen Seite die beratenden Expert:innen, die Markenperspektive mit Zielgruppenwissen und technologischer Kompetenz verknüpfen. "Wir müssen souveräne Sprecher sein", forderte Meissner. Nicht Tools seien entscheidend, sondern die Fähigkeit, Probleme kreativ und strategisch zu lösen.
Doch die Branche hinkt hinterher. "Wir sind nicht so schnell und dynamisch, wie wir sein sollten", räumte Meissner ein. Die Disruption durch KI ist da – aber die Reaktion darauf bleibt oft zögerlich.
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Wolfgang Merkle, Professor an der University of Europe for Applied Sciences, sieht die Zukunft des Marketings in einer Rückbesinnung auf strategische Stärke. "Wir dürfen im digitalen Sturm den strategischen Kompass nicht verlieren", warnte er. Die Konsumenten seien fordernder, der Wettbewerb härter, die Loyalität brüchiger denn je. Marketing müsse sich neu positionieren – weg vom reinen Effizienzdenken, hin zu echter Relevanz.
Merkle kritisierte, dass viele CMOs in den vergangenen Jahren zu sehr verwaltet statt gestaltet haben. Die Folge: Austauschbarkeit und strategische Beliebigkeit.
Ein weiteres Spannungsfeld: die Frage nach Inhousing von Agenturleistungen. Wer besitzt die Daten? Wer versteht sie? Und wer macht aus ihnen Kommunikation? Intersnack-Marketingdirektorin Johannson sieht hier eine flexible Zukunft: "Wir diskutieren darüber." Sie stellte aber auch klar: Agenturen bleiben wichtig – als Impulsgeber und Kompetenzträger. Agenturvertreterin Meissner ergänzte: "Die Daten sollten denen gehören, die sie brauchen – aber sie müssen auch richtig gelesen werden."
Die Augenhöhe zwischen Agentur und Auftraggeber ist dabei kein Selbstläufer. Sie muss erarbeitet werden – durch Beratungskompetenz, durch Verständnis für die Herausforderungen auf Kundenseite und durch strategische Tiefe.
Die Abschlussfrage des Panels, das von HORIZONT-Chefredakteurin Eva-Maria Schmidt moderiert wurde, war provokant: Wer hat die größere Zukunft – der CMO oder die Agentur? Die Antwort war differenziert. Beide werden gebraucht – aber nur, wenn sie sich weiterentwickeln. Der CMO muss strategischer, der Agenturpartner beratender werden. "Wir brauchen Strategen", sagte Johannson. "Sonst bekommt das Geschäft nicht die Impulse, die es braucht."
