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Adecco Schweiz: «Die Temporärbranche dient als Frühindikator der Konjunktur»

Monica Dell'Anna hat die Leitung der Adecco Gruppe Schweiz von ihrer Vorgängerin Nicola Burth übernommen. Nach hundert Tagen im Amt ist es an der Zeit Bilanz zu ziehen.

Sie haben die Leitung der Adecco Gruppe Schweiz per 1. Juni und damit inmitten von Covid-19 übernommen. Wie muss man sich die Einarbeitung einer CEO während Corona vorstellen?

Mein Onboarding war im Prinzip genau so, wie man sich es vorstellt – mit der Ausnahme, dass meine Einführung fast komplett digital stattgefunden hat. Ich habe viel zugehört, gelernt, neue Kolleginnen und Kollegen sowie Prozesse kennengelernt. Diese neuen Eindrücke galt es zu verarbeiten und natürlich zu verstehen. Mit der heutigen Technologie war das sehr einfach möglich und verlief problemlos. Während dem Lockdown haben keine Events physisch stattgefunden. Dies hat es mir ermöglicht, mich komplett auf meine neue Aufgabe zu fokussieren, ohne etwas zu verpassen, was positiv war. Allerdings war es durchaus speziell, aber auch sehr spannend, den Erstkontakt mit meinen Teams digital aufzubauen.

Welchen Herausforderungen mussten Sie sich während Ihren ersten 100 Tagen im Amt stellen?

In dieser sehr unsicheren Zeit galt es trotz dem Führungswechsel im Unternehmen Sicherheit und Stabilität zu vermitteln – und dies, ohne physisch nah bei den Menschen sein zu können und so Nähe zu vermitteln. Ausserdem musste ich die Krise in einem neuen Umfeld operativ managen und die strategische Ausrichtung trotz unsicheren Zukunftsaussichten definieren.

Welche Ziele hatten Sie sich für Ihre ersten 100 Tage gesetzt?

Ein Hauptziel war es, die Adecco Gruppe samt ihrer Strategie, dem Geschäft, der Prozesse und Strukturen zu verstehen und Beziehungen zu den Mitarbeitenden sowie zu Kunden aufzubauen. Es ist essenziell, dass die Menschen im Unternehmen mich und ich sie kennenlerne. Zentral war auch sicherzustellen, dass das operative Geschäft reibungslos weitergeführt wird. Zudem habe ich mir zum Ziel gesetzt, die zukünftige strategische Ausrichtung der Gruppe auf der Basis meiner Beobachtungen zu skizzieren.

© Adecco
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Haben Sie diese Ziele bereits erreicht oder mussten sie einige davon auf dem Weg anpassen?

Ich ziehe eine positive erste Zwischenbilanz und bin zufrieden, wie es bisher gelaufen ist.

Was war Ihr persönliches Highlight in den ersten 100 Tagen?

Die Erkenntnis, dass wir zusammen als Team etwas Grosses erreichen können.

Welche Veränderungen und Trends erleben Sie auf dem Schweizer Stellenmarkt seit dem Ausbruch von Covid-19?

Die Krise hat die verschiedenen Branchen unterschiedlich stark getroffen. Viele Unternehmen hatten damit zu kämpfen, dass weniger Aufträge reinkamen. Andere konnten nicht wie geplant produzieren, weil sie entweder direkt vom Lockdown betroffen waren oder beispielsweise die Lieferkette von der Krise stark betroffen war, weil diese über die Landesgrenze hinausgeht. Somit wurde in den betroffenen Sektoren auch entsprechend weniger Personal benötigt als üblich. So erstaunt es kaum, dass im Juli 2020 in der Schweiz 27,7 Prozent weniger offene Stellen gemeldet waren als im Vorjahresmonat. Dies hat zu grosser Unsicherheit geführt, die noch immer anhält. In einigen Branchen war die Auswirkung eher positiv und viele Unternehmen haben gelernt, wie sie am Limit ihrer Möglichkeiten arbeiten können.

Wie verändert sich aktuell der Markt der Temporärstellen?

Die Corona-Krise hat den Arbeitsmarkt stark getroffen und auch die Temporärbranche ist nicht verschont geblieben. Gemäss dem Swiss Staffingindex zeichnet sich eine langsame Stabilisierung der Geschäftstätigkeit ab. Nachdem die Einsatzstunden der Temporärmitarbeitenden im Mai und Juni um deutlich mehr als 20 Prozent gefallen waren, sind diese nun auf einem positiveren Kurs. Kann ein weiterer Lockdown verhindert werden, ist das ein Signal dafür, dass der Trend wieder aufwärts geht. Die Temporärarbeit ist in einer unsicheren Zeit ein sehr gutes Instrument für Unternehmen, um an Flexibilität zu gewinnen. Ich glaube, dass in der Zukunft diese Flexibilität auch in «normalen Zeiten» an Wichtigkeit gewinnen wird und die Temporärarbeit noch stärker eingesetzt wird.

Wie schätzen Sie die aktuelle Lage ein: Wann wird sich der Schweizer Arbeitsmarkt von Covid-19 erholen?

Die Schweizer Wirtschaft ging im zweiten Quartal richtiggehend auf Tauchstation. Nichtsdestotrotz ist der Einbruch in der Schweiz im internationalen Vergleich einiges weniger heftig ausgefallen. Die Konjunkturforschungsstelle der ETH geht davon aus, dass der Tiefpunkt im Arbeitsmarkt noch nicht erreicht ist und prognostiziert ein BIP-Wachstum von -4.7 Prozent für das Jahr 2020. Für 2021 wird jedoch ein Plus von 3.7 Prozent erwartet. Die Temporärbranche dient als Frühindikator der Konjunktur. Wir sind positiv, dass die Branche und mit ihr der Schweizer Arbeitsmarkt wieder Fahrt aufnehmen. Mit welcher Geschwindigkeit dies passiert, wird von sehr vielen Faktoren bestimmt.

Wie sehen Ihre nächsten 100 Tage bei Adecco aus?

In den nächsten 100 Tagen setze ich einen starken Fokus auf das operative Geschäft und damit auf unsere Kunden und Kandidaten. Auch die interne Kommunikation unserer strategischen Ausrichtung sowie die Umsetzung von diversen Initiativen haben für mich nun Priorität.

Was glauben Sie, sind wichtige Fähigkeiten, um sich auch in wirtschaftlich sehr unsicheren Zeiten auf dem Arbeitsmarkt behaupten zu können?

Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass digitale Fähigkeiten zentral sind, um im heutigen Arbeitsmarkt zu bestehen. Wer sich zudem kontinuierlich weiterbildet und bereit ist, Neues zu lernen anstelle davor zurückzuschrecken, ist klar im Vorteil. Auch Soft Skills sind nun wichtiger denn je. Führungskräfte mussten lernen, ihre Teams aus der Ferne zu leiten. Dies erfordert viel Empathie.

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