Navigation überspringen
article cover
Photo by David Travis on Unsplash

Agilität im feindlichen Umfeld: Visualisierung ist die Rettung!

Immer mehr Unternehmen starten agile Projekte, doch diese eint oft ein Problem: Sie finden in einem klassischen, etwas überspitzt gesagt, feindlichen Umfeld statt. Um darin zu bestehen hilft es vor allem, das agile Projekt sichtbar zu machen: über Story Maps und Taskboards.

Stellen Sie sich vor, Sie reißen eine Packung M&Ms auf und streuen den Inhalt auf einen Tisch. Wenn Sie die Schokolinsen nach Farben ordnen, haben Sie bald mehrere kleine Häufchen auf dem Tisch. Ähnlich sieht es auch in vielen deutschen Unternehmen aus. Viele Häufchen, alle fein separiert, jedes arbeitet für sich. Die einen agil, die anderen nicht. Und wenn Sie nicht aufpassen, wird Ihr agiles Häufchen bald von der alten Struktur aufgefressen – fast so schnell wie eine Packung M&M von einem siebenjährigen Kind. Es gibt nur wenige Organisationen, die bereits mit entkoppelten Teams und gänzlich agilen Strukturen arbeiten. Die meisten Unternehmen wagen hingegen mit einzelnen agilen Projekten ihre ersten Gehversuche oft in einem Umfeld, das selbst nicht agil unterwegs ist. Das erzeugt viel Reibungspotential.

Agile Teams sollten für Ihre Arbeitsweise einstehen

Gibt es standardisierte Kniffe, wie ein agiles Projektteam mit solchen Voraussetzungen umgehen sollte? Die Antwort ist leider: Nein, die gibt es nicht. Interessanterweise, gehen die meisten ScrumMaster aber auch die meisten traditionell geprägten Manager davon aus, dass nicht-agile Projekte wichtiger sind als agile Projekte und deshalb müssen agile Projekte häufig nach dem Gusto der nicht-agilen Projekte liefern. Stopp! Ich bin der Meinung, dass diese Annahme nicht zwingend zutreffend ist. Der Erfolg eines Projektes hängt nicht von der Art und Weise ab, wie es organisiert ist, sondern von der Qualität des gelieferten Produkts sowie dem tatsächlichen Zeit- und Kostenrahmen.

Fakt ist aber: In vielen Organisationen werfen Projektleiter ihr gesamtes Gewicht in die Priorisierungsschale und fordern, dass sich der jeweils andere an die eigenen Projekt-Bedürfnisse anzupassen hat. Das jeweils andere – das ist meist das agile Projekt, das sich anpassen muss. Um aus dieser Priorisierungsdiskussion herauszukommen, gibt es nach meiner Erfahrung nur einen rettenden Anker: Machen Sie sich und ihr Projekt sichtbar! Halten Sie Ihre Arbeit auf Taskboards fest und fertigen Sie gut strukturierte Storymaps an. Hier wird leicht erkennbar, wie die unterschiedlichen Projekte voneinander abhängig sind und wie Lösungen optimal erreicht werden können. Schöner Nebeneffekt: Die Visualisierung hilft, Emotionen aus der Diskussion herauszuhalten, da alle Fakten für alle sichtbar aufbereitet vorliegen. Das schafft die Basis für zielgerichtete Sachdiskussion.

Die Vorteile von Story Maps und Taskboards

Story Maps haben einen wesentlichen Vorteil: Man sieht auf einen Blick, was ein Team in den kommenden Iterationen vorhat, wie das Projekt verläuft und ob es Hindernisse gibt, bei deren Auflösung man als Manager gegebenen Falls helfen kann. Die Idee der Story Map an sich ist sehr einfach: Es ist ein um 90 Grad gekipptes Backlog – also eine Sammlung der Anforderungen des Projekts – auf einer Zeitachse mit Start und Ziel. Auf diesem Zeitstrahl sind die einzelnen Iterationen vermerkt und das Team sieht, was in welcher Zeit geliefert werden muss, um alles zu bewältigen. Deshalb ist es auch wichtig, die einzelnen Steps so zu minimieren, dass das Team eindeutig erkennt, was gefordert und zu leisten ist. User Stories müssen so geschrieben sein, dass auf den ersten Blick erkennbar ist, was die Intention hinter der neuen Funktionalität ist. Gleichzeitig sollten Sie aber auch darauf achten, dass das Story Board gleichzeitig detailliert ist und Übersicht bietet. Eine kleine Kunst, ich weiß. Es ist wichtig hier mit Farben, unterschiedlichen Boards oder auch mit Zeichnungen auf den Tasks oder Stories zu arbeiten. Und zuletzt: Hängen Sie die Story Map gut sichtbar auf. Bewährt haben sich die Kaffeeküche und die Wand neben dem Eingang zum Klo. Nur so unterstützt sie das Team und ist nicht nur ein stiefmütterlich gepflegtes Nice-to-have.

Es geht aber auch einfacher. Taskboards beispielsweise erfreuen sich wegen Ihrer Vielseitigkeit und einfachen Umsetzung großer Beliebtheit. Hier ist es besonders wichtig, dass Sie das Taskboard an die Bedürfnisse Ihres Teams anpassen. Der Grundaufbau „To Do“, „Work in Progress“ und „Done“ bleibt gleich. Mit zusätzlichen Spalten wie „Wait“ oder „On hold“ können Sie zum Beispiel auch externe Abhängigkeiten sichtbar machen. So haben Sie ein einfaches aber effektives Reporting Tool an der Hand. Nicht nur für Ihr Team, sondern auch in der Diskussion mit anderen Projektleitern.

Haben Sie den ersten Schritt gemacht und gezeigt, was Ihr Team kann und was es in der täglichen Arbeit leistet, wird ihr Projekt schnell hochpriorisiert werden. Die Zeiten in denen Sie Angst haben müssen ein kleines Häufchen M&Ms zu sein, sind dann vorbei. Denn es funktioniert: Agile und nicht-agile Teams können zusammen Ziele erreichen.

Boris Gloger schreibt über Agiles Management, neues Arbeiten

Boris Gloger ist Gründer und Geschäftsführer der Managementberatung borisgloger consulting und gilt in der DACH-Region als Pionier des agilen Arbeitens. Sein Wissen teilt er als Autor zahlreicher Bücher sowie als Keynote Speaker auf internationalen Podien.

Artikelsammlung ansehen