Aktualisierungen der OECD-Leitsätze: Was multinationale Unternehmen beachten müssen
Ziel der Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD) ist es, ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum mit der Steigerung des Lebensstandards und der Entwicklungsunterstützung anderer Länder zu vereinen. Das am weitesten ausgearbeitete und umfassendste Regelwerk für eine gesellschaftlich verantwortliche und umweltbewusste Unternehmensführung sind die Leitsätze der OECD für multinationale Unternehmen, die eine wichtige Rolle bei der Lösung der drei globalen Krisen spielen: Klimakrise, Artenaussterben und Verschmutzungskrise.
Die Leitsätze beinhalten Empfehlungen zu zentralen Verantwortungsbereichen von Unternehmen. Die Leitsätze zeichnen sich im Vergleich zu anderen Vorgaben wie beispielsweise den Global Compact-Prinzipien durch einen höheren Detaillierungsgrad aus und zeigen Ansätze zur operativen Umsetzung auf. Anfang Juni hat der OECD-Ministerrat in Paris die aktualisierten OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen angenommen. Anhand seiner Kriterien müssen sie die Auswirkungen ihrer Aktivitäten auf Umwelt, Klima, Mensch und Gesellschaft entlang der Wertschöpfungskette beurteilen und rechtfertigen.
Grundpflichten von Unternehmen (Nachhaltige Entwicklung, Einhaltung von Menschenrechten, Förderung lokaler Kapazitäten etc.)
Informationspolitik (Herausgabe eines Geschäftsberichts
Offenlegung von Informationen zu sozialen und umweltrelevanten Fragen etc.)
Beschäftigungspolitik (Einhaltung der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) etc.)
Umweltpolitik (Errichtung von Umweltmanagementsystemen und Gewährleistung einer transparenten Umweltberichterstattung, Orientierung am Vorsorgeprinzip etc.) Korruptionsbekämpfung (Ablehnung von Bestechungsgeldern, Transparenz zu den Maßnahmen der Korruptionsbekämpfung etc.)
Verbraucherinteressen (Gewährleistung fairer Geschäfts-, Vermarktungs- und Werbepraktiken sowie von Sicherheit und Qualität der Güter und Dienstleistungen etc.)
Wissenschaft und Technologie (Schutz des geistigen Eigentums, Know-how-Transfer)
Wettbewerb (Beachtung der Regeln des fairen Wettbewerbs, Verzicht auf Errichtung wettbewerbswidriger Kartelle etc.)
Besteuerung (Beitrag zu öffentlichen Finanzen der Gastländer leisten, Einhaltung von Steuergesetzen etc.).
Anerkannt von allen OECD-Mitgliedsstaaten sowie bisher neun Nichtmitgliedsstaaten stellen sie den einzigen umfassenden, auf multilateraler Ebene angenommenen Kodex für verantwortungsbewusstes Wirtschaften dar. Bislang haben sich 51 Staaten den OECD-Leitsätzen angeschlossen, darunter auch 13 Nicht-OECD-Staaten. Auch Deutschland hat sich zur Förderung der Leitsätze verpflichtet. Die vorliegende Aktualisierung der Leitsätze, die ursprünglich im Jahr 1976 eingeführt und 2011 angepasst wurden, präzisiert die Erwartungen an Unternehmen.
Konkretisierung der Erwartungen an Unternehmen im Umweltkapitel
Aufnahme von Sorgfaltspflichtenempfehlungen im Kapitel Wissenschaft, Technologie und Innovationen
Ausweitung des Korruptionskapitels
Aufnahme des Tierschutzes
Besserer Schutz vulnerabler Gruppen.
ihre Treibhausgasemissionen und ihre Auswirkungen auf Kohlenstoffsenken mit den international vereinbarten globalen Klimazielen zu korrelieren
wissenschaftsbasierte Ansätze, Strategien und Transformationspläne zu Klimaschutz und -anpassung einzuführen und umzusetzen, die sowohl kurz-, mittel- und langfristige Minderungsziele als auch die Scope-1, Scope-2 und, soweit möglich, auch Scope-3-Emissionen einschließen
Emissionen priorisiert zu vermeiden, dann zu verringern und als letztes zu kompensieren
CO2-Zertifikate aus Klimaschutzprojekten und verursachte Treibhausgasemissionen nicht miteinander verrechnet werden, sondern getrennt berichtet und gewährleistet wird, durch Kompensationspraktiken nicht von der Notwendigkeit der Emissionsreduzierung abzulenken, und nicht an treibhausgasintensiven Prozessen und Infrastrukturen festzuhalten
Aktivitäten zu vermeiden, die die Anpassung an den Klimawandel und die Resilienz von Gesellschaft, Arbeiter:innen und Ökosystemen untergraben.
In den Teilnehmerstaaten fördern Nationale Kontaktstellen die Bekanntmachung und Umsetzung der OECD-Leitsätze. Sie dienen auch als außergerichtliche Beschwerdemechanismen bei möglichen Verstößen. In Deutschland ist die Nationale Kontaktstelle beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWK) angebunden. Für September 2023 haben BMWK und BMUV Veranstaltungen geplant, um die Aktualisierung der Leitsätze vorzustellen und gemeinsam mit Stakeholdergruppen zu diskutieren.
OECD-Leitlinien für multinationale Unternehmen zu verantwortungsvollem Geschäftsgebaren
Klimaneutralität in der Industrie. Aktuelle Entwicklungen – Praxisberichte – Handlungsempfehlungen. Hg. von Ulrike Böhm, Alexandra Hildebrandt, Stefanie Kästle. Springer Gabler Verlag, Heidelberg, Berlin 2023.