(C) Isi Parente

Alles nur PR? So wird aus Pinkwashing-Kampagnen eine echte Diversity-Strategie

Außen hui, innen pfui? Unternehmen fokussieren sich in ihrer Diversitätsstrategie auf ihr Außenbild. Das ist zu kurz gedacht. Mit diesen Handlungsempfehlungen gelingt der Shift.

Steigt die Bedeutung von Diversity wirklich – oder nur die Ausgaben, um sich mit dem Thema zu schmücken? Im Jahr 2020 wurde der globale Markt für #DEI (Diversity, Equity und Inclusion) – d.h. die Ausgaben von Unternehmen für DEI-bezogene Maßnahmen – auf 7,5 Milliarden Dollar geschätzt. Laut Prognosen wird angenommen, dass er sich bis 2026 auf 15,4 Milliarden Dollar mehr als verdoppeln wird (PR Newswire, 2021). In Anbetracht dieses Trends ist es nicht verwunderlich, dass #Diversity dieses Jahr für viele präsenter war als noch im letzten Jahr. Oder im Jahr davor. DEI ist mehr Thema in Unternehmen.

Aber: Was das heißt, lässt sich nicht pauschal beantworten. Leider gibt es wenig Statistiken dazu, wie genau diese Maßnahmen, die vermehrt verabschiedet werden, aussehen. Oder dazu, wie und ob sie funktionieren.

DEI kann alles bedeuten – und nichts

Unter #DEI kann ziemlich viel fallen, von unternehmensweiten Sensibilisierungsmaßnahmen über den Wagen auf dem Christopher Street Day bis hin zu Give-aways in Form von Lippenstift für Mitarbeiterinnen am Weltfrauentag. Manchmal wirkt es, als seien „Bemühung um Diversity“ vor allem PR-Kampagnen. Das ist nichts Schlechtes, PR-Projekte können zielführend sein. Insbesondere, wenn sie

  • Diversität als Wert stärken und somit ein Zeichen gegen Backlash setzen,

  • zu einer internen Diskussion und Perspektivwechsel anregen,

  • von Maßnahmen begleitet werden, die PR-Versprechen auch umsetzen.

Diversity-Marketing muss Diversity-Maßnahmen mit sich ziehen

Der letzte Punkt ist der, an dem Unternehmen oft scheitern: Eine Kommunikation, die sich gezielt Symbolen und Codes bedient, um ein gewisses Bild zu suggerieren (wie bspw. progressiv, queer-freundlich, multikulturell, frauenfreundlich) muss von Maßnahmen begleitet werden, die eine inklusive Arbeitskultur aufbaut.

Der Aufbau einer solchen Kultur geschieht von innen. Ein Makeover der Webseite oder bedeutungsschwangere Unterzeichnungen von Selbstverpflichtungen helfen hier wenig. Im Gegenteil: Eine Webseite, die fälschlicherweise auf ein diverses Team hindeutet, das es nicht gibt, ist nicht authentisch. Eine Unterzeichnung, bei der niemand zur Verantwortung gezogen wird, wenn Versprechen ausbleiben, ist inkonsequent.

Unternehmen, die sich als offen präsentieren, haben eine Verantwortung

Das Ergebnis ist ein absurder Graben zwischen dem, was Mitarbeiter*innen tagtäglich erleben, und dem, wofür das Unternehmen steht. Unternehmen, die es ernst mit Diversity meinen, arbeiten daran, diesen Graben zu schließen. Um das zu tun, kann man gegen Jahresende:

  • quantitative und qualitative Erhebungen zum Erleben am Arbeitsplatz machen, auch in Bezug auf Diskriminierungserfahrungen.

  • Workshops anbieten, in denen Mitarbeiter*innen sich zu ihren Gedanken und Gefühlen zum Thema Diversität austauschen können.

  • Das Wohlbefinden im Team und im Unternehmen ins Jahresfeedback mitnehmen.

  • Als Führungskraft das Team fragen, wo es Handlungsbedarf sieht, und explizit zu Kritik einladen.

  • Diversity-Angebote schaffen, die den Wissensstand angleichen.

Innehalten – und den Blick nach innen richten

Für den Jahresendspurt lohnt es sich, innezuhalten und den Austausch mit Mitarbeiter*innen zu suchen, insbesondere den unterrepräsentierten. Wer ihre Erfahrungen und Erlebnisse zentriert, entwickelt genau jene #DEI Maßnahmen, die gerade am meisten gebraucht werden. Und nebenbei: Zufriedene Mitarbeiter*innen sind die beste PR.

Was tut dein Arbeitgeber, um Diversity-PR-Versprechen auch einzulösen?

Rea Eldem schreibt über Gendergerechtigkeit, Arbeitskultur, Wirtschaft & Management, Personalwesen

Rea Eldem ist die Gründerin und Geschäftsführerin von IN-VISIBLE, Berliner Agentur für gendergerechte Arbeitskultur. Rea wuchs in Deutschland, Japan und Hongkong auf und studierte Kulturwissenschaften am Bodensee und Gender Studies an der University of Cambridge.

Artikelsammlung ansehen