Alter und Bildung prägen die Sicht von Berufstätigen auf die digitale Arbeitswelt
Welche Kommunikationswerkzeuge nutzen Berufstätige am häufigsten für den internen Austausch mit ihren KollegInnen? Sind sie überzeugt davon, dass digitale Tools auch langfristig ihre Produktivität steigern? Und welche Maßnahmen wünschen sie sich am stärksten von ihrem Arbeitgeber zur Vermeidung von digitalem Stress? Diesen Fragen ging das Marktforschungsinstitut Kantar im Auftrag von HIRSCHTEC im Zuge einer bevölkerungsrepräsentativen, telefonischen Umfrage nach. Vom 23. Juli bis 3. August 2020 wurden 1.003 Berufstätige in Deutschland befragt. Auffällig dabei: Wie Berufstätige die digitale Arbeitswelt in Corona-Zeiten wahrnehmen und wie sie sich in ihr bewegen, hängt stark von ihrem Alter und Bildungsniveau ab.
Im Folgenden möchte ich Ihnen die zentralen Ergebnisse der Studie sowie die Handlungsempfehlungen, die wir bei HIRSCHTEC für Unternehmen daraus ableiten, einmal näher vorstellen:
Chats stehen besonders bei den unter 40-jährigen Berufstätigen hoch im Kurs: Fast die Hälfte nutzt sie häufig
Werfen wir zunächst einen Blick auf die Kommunikationsinstrumente, die Beschäftigte in ihrem Arbeitsalltag nutzen, um sich mit ihren KollegInnen auszutauschen, so wird deutlich: Das Telefon scheint als Kommunikationsinstrument im Arbeitsalltag zunehmend an Relevanz einzubüßen. Hatten in einer Kantar-Umfrage 2017 noch 63 Prozent der Berufstätigen angegeben, dass sie es sehr häufig bzw. häufig für den direkten Austausch mit KollegInnen nutzen, sind es heute nur noch 51 Prozent – gefolgt von E-Mail (50 Prozent) und Chat (32 Prozent). Besonders auffällig dabei: Fast die Hälfte (44 Prozent) der Berufstätigen unter 40 Jahren nutzt mittlerweile Chat-Dienste für den direkten internen Austausch. Damit verwenden sie diese deutlich häufiger als Berufstätige der höheren Altersklassen. Von ihnen greift nur rund ein Viertel sehr häufig bzw. häufig auf Chat-Dienste zurück.
Je höher der Bildungsabschluss, desto öfter wird digital kommuniziert
Ebenfalls zeigt sich: Beschäftigte mit Abitur bzw. Universitätsabschluss kommunizieren häufiger digital als die mit einem niedrigeren Bildungsabschluss. So nutzen Befragte mit Abitur bzw. Universitätsabschluss fast zweieinhalbmal so oft Chat-Dienste (46 Prozent) wie die mit Volks- bzw. Hauptschulabschluss (13 Prozent). Von der E-Mail machen sie sogar dreimal so häufig (75 Prozent) Gebrauch wie die Volks- bzw. Hauptschulabsolventen (24 Prozent).
Wer jünger und besser gebildet ist, ist auch überzeugter von langfristiger Produktivitätssteigerung durch digitale Tools
Auch mit Blick auf die Wahrnehmung des Nutzens digitaler Tools zur Produktivitätssteigerung wird offenkundig: Es sind vor allem jüngere und besser gebildete Berufstätige, die vom nachhaltigen Mehrwert überzeugt sind. Fast zwei Drittel (62 Prozent) bejahen, dass digitale Tools (z. B. Intranet, virtuelle Arbeitsräume, Dateiaustausch) sie auch langfristig produktiver arbeiten lassen. Bei den älteren gibt dies nicht einmal die Hälfte an. Zudem sind es ebenfalls fast zwei Drittel (62 Prozent) der Befragten mit Abitur/Universitätsabschluss, die sich von digitalen Tools überzeugt zeigen. Bei den Beschäftigten mit mittlerem Bildungsabschluss sind es hingegen nur etwas mehr als die Hälfte (55 Prozent) und bei denen mit Volks-/Hauptschulabschluss sogar lediglich 36 Prozent.
Der Wunsch Berufstätiger nach flexiblen Arbeitszeit- und Arbeitsortmodellen ist groß
Doch geht es bei aller Digitalisierung auch darum, digitalen Stress zu vermeiden. Zur Stressprävention wünscht sich daher mehr als die Hälfte der Berufstätigen sehr stark bzw. stark flexible Arbeitszeit- und Arbeitsortmodelle von ihrem Arbeitgeber, über ein Drittel offizielle Regelungen zur digitalen Erreichbarkeit und fast ein Viertel klare Vorgaben dazu, welches digitale Tool für welchen Anwendungsfall genutzt werden soll. Auch hier sind es wieder die besser Gebildeten, die sich all dies deutlich häufiger wünschen als der Durchschnitt.
Mehr digitale Kommunikation und Zusammenarbeit = mehr langfristige Produktivität?
Doch was bedeuten die Ergebnisse nun für die Gestaltung digitaler Arbeitswelten und welche konkreten Maßnahmen sollten Arbeitgeber und Führungskräfte ergreifen? Fest steht: Die Rechnung „Mehr digitale Kommunikation und Zusammenarbeit = mehr langfristige Produktivität“ geht so einfach nicht auf. Damit es auch auf lange Sicht zu einer gesteigerten Produktivität kommt, sollten Unternehmen daher
a) die Kommunikations- und Trainingsmaßnahmen auf die Berufs- und Altersprofile im Unternehmen abstimmen. Platt gesagt, muss man nach unseren Ergebnissen die jüngeren KollegInnen gar nicht so sehr überzeugen, die älteren aber schon und auch noch länger in der Nutzung coachen. Ebenso wird man die „Blue Collar Worker“ mit in der Regel mittlerem Bildungs-Abschluss anders abholen müssen als die höher gebildeten „Information Worker“.
b) verbindliche Regelungen für das digitale Arbeiten schaffen und flexible Arbeitsmodelle ermöglichen, damit sich Mitarbeitende nicht digitalem Stress ausgesetzt fühlen. Dazu gehört auch, die Führungskräfte zu einem digitalen Führungsstil hin zu entwickeln. Flexible Arbeitsmodelle bedeuten ja, sich als Organisation von einer eher Kontroll-Kultur hin zu einer Vertrauenskultur zu entwickeln.
c) genau analysieren, welche Kern-Tools unternehmensweit eingesetzt werden sollten und dementsprechend klare Anwendungsfälle definieren. Mitarbeitende dürfen nicht verwirrt werden, welche Werkzeuge jetzt für Chat, Dateiaustausch oder digitale Unterschriften zu nutzen sind. Ohne eine klar abgestimmte „Tool-Matrix“ entstehen munter ganz heterogene digitale Ablagen und Arbeitsumgebungen, die kaum mehr zu durchschauen oder gar zu steuern sind.
d) für einzelne Unternehmensbereiche gewisse zusätzliche, digitale Arbeitsinstrumente festlegen – was z. B. für den Mitarbeitenden im Accounting-Team sinnvoll ist, ist es noch längst nicht für den im Außendienst
Mehr zu den Ergebnissen erfahren Sie auch in meinem aktuellen Video. Das Studien-PDF erhalten Sie hier zum kostenlosen Download. Mich interessiert natürlich sehr, ob Sie – basierend auf Ihren eigenen Erfahrungen im Arbeitsalltag – die Ergebnisse bestätigen können oder das ein oder andere vielleicht ganz anders wahrnehmen und freue mich auf den Austausch hier unter Kommentare.