Arbeiten im Ausland: So machen deutsche Expats Karriere in Thailand
Thailand ist für Deutsche eines der beliebtesten Auswanderungsziele in Asien. Doch eine Karriere ist für Ausländer dort nicht immer einfach. Zwei Expats berichten.
Bangkok. Rund Fünf Jahre ist Johannes Kagerers erster Bangkok-Besuch her – ein Zwischenstopp in Thailand auf einer Reise von Neuseeland nach Moskau. „Damals dachte ich mir, dass das der letzte Ort ist, an dem ich leben wollte“, erinnert er sich.
Ein Zufall sorgte dafür, dass Kagerer der Zehn-Millionen-Einwohner-Stadt kurz darauf eine zweite Chance gab: Seine damalige Partnerin bekam dort einen Job, er zog mit ihr mit. Als die Beziehung zu Ende ging, war Kagerer bereits fest in seiner neuen Heimat verwurzelt – und blieb. „Ich bin zum Fan der Stadt geworden“, sagt der 34-jährige Wirtschaftswissenschaftler.
Seit Jahren zählt das Schwellenland nach China zu den beliebtesten Auswanderungszielen der Deutschen in Asien. Im Jahrzehnt bis zum Pandemiebeginn wanderten laut Statistischem Bundesamt jährlich knapp 2000 deutsche Staatsbürger nach Thailand aus – und das, obwohl es für Berufstätige gar nicht so einfach ist, sich in dem Land niederzulassen. Doch es geht: Zwei Auswanderer erzählen, worauf es ankommt.
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Bewerbungen bei lokalen Unternehmen scheitern oft an der Sprachhürde, da die Geschäftssprache in der Regel Thailändisch ist. Kleinere Firmen schrecken zudem oft davor zurück, Ausländer anzustellen, da dies zusätzliche Auflagen mit sich bringt – in der Regel müssen Unternehmen zum Beispiel pro ausländischem Mitarbeiter vier thailändische Staatsbürger angestellt haben.
Wer eine Entsendung seines deutschen Arbeitgebers nach Thailand ergattert, hat es einfacher. Doch die Auswahl ist begrenzt: Nur rund 600 deutsche Unternehmen sind nach Daten der Bundesregierung in dem Land ansässig. Zum Vergleich: Im Stadtstaat Singapur, den viele Konzerne als Sitz ihrer Asien-Ableger wählen, sind es mehr als 2000. In China sind sogar mehr als 5000 Unternehmen aus Deutschland angesiedelt.
Arbeiten im Ausland: Thailand hat eine ganz andere Arbeitskultur
Im Fall von Johannes Kagerer hat die Jobsuche entsprechend lange gedauert: Fünf Monate lang suchte er vergeblich. „Ich war auf jedem Networking-Event, das ich finden konnte“, erinnert er sich. Mehrfach dachte er ans Aufgeben – fand dann aber schließlich doch eine Stelle als IT-Projektmanager.
Ein IT-Experte war er zwar zunächst nicht – seinen Masterabschluss machte er an der Universität Sankt Gallen im Bereich Management, Organisation und Kultur. Doch für die Karriere in Thailand war der Job ein wichtiger erster Schritt, der ihm eine Arbeitserlaubnis und eine Aufenthaltsgenehmigung abseits von Touristenvisa brachte. Inzwischen hat er den Job gewechselt und arbeitet nun bei Allianz Technology, dem IT-Provider des Versicherungskonzerns, in Bangkok als sogenannter Scrum-Master. Dabei ist er für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen von autonomen Teams zuständig.
Mit der Stelle zeigt er sich zufrieden: „Das ist genau das, was ich langfristig machen möchte“, sagt Kagerer, der ursprünglich aus München stammt. Er erhält dabei auch Einblicke in eine Arbeitskultur, die sich von Deutschland deutlich unterscheidet: „Als Deutscher ist man es gewohnt, sehr direkt zu sein. In Thailand muss man sich vorsichtiger ausdrücken und viel stärker auf die Beziehungsebene achten“, sagt er.
Das Gehalt ist in Thailand niedriger als in Deutschland
Ein Nachteil von lokalen Arbeitsverträgen in Thailand ist, dass die Löhne in der Regel deutlich niedriger ausfallen als in Deutschland. Die mittleren Einstiegsgehälter für Berufsanfänger liegen laut einer Studie der Jobplattform JobsDB in den meisten Branchen bei umgerechnet 700 bis 800 Euro brutto im Monat. Erst im oberen Management sind Mediangehälter von rund 2000 Euro üblich.
Expats können in der Regel etwas höhere Gehälter durchsetzen: Laut einer Untersuchung des Personaldienstleisters Manpower kann ein ausländischer Marketingmanager mit bis zu zehn Jahren Berufserfahrung in Thailand im Schnitt mit rund 2600 Euro rechnen.
Kagerer beschreibt seinen Verdienst mit „deutlich über dem deutschen Durchschnittsnettolohn von rund 2500 Euro“. In absoluten Zahlen würde er in der Heimat in gleicher Position wohl mehr verdienen, glaubt er. Unterm Strich könne er sich damit in Thailand, das für sein tropisches Klima und Trauminseln bekannt ist, aber ein besseres Leben leisten.
Grund dafür sind einerseits niedrigere Steuern, die auf seinem Gehaltsniveau ungefähr bei 15 Prozent liegen, und allgemein geringere Lebenshaltungskosten: Für seine Wohnung im 31. Stock eines modernen Wohnhochhauses – inklusive Pool und Fitnesscenter mit Aussicht über die Stadt – zahlt er knapp 500 Euro im Monat. Er schwärmt vom tollen Nachtleben in Bangkok, Ausflügen in Meditationszentren und exzellenten Restaurants. „Ich bin hier zum regelrechten Foodie geworden.“
Für zwei Hotelübernachtungen auf Wochenendtrips zum Strand reichen 100 Euro, sagt Kagerer. „Mein Gehalt ermöglicht mir einen sehr guten Lebensstil.“
Selbst wenn er in Europa ein Vielfaches verdienen würde, könnte er dort nicht so gut leben, sagt er. Negativ wertet Kagerer die Bürokratie in dem Land: Ausländer müssen sich beispielsweise alle 90 Tage bei der Einwanderungsbehörde melden und ihren Wohnort im Land bestätigen.
Oliver Gottschall hat dies inzwischen hinter sich. Der 41-Jährige, der ursprünglich aus Bamberg stammt, lebt bereits seit zwei Jahrzehnten in Thailand, wo er auch sein Wirtschaftsstudium abgeschlossen hat. Seit zwei Jahren ist er in dem Land aber kein Ausländer mehr: Der Manager, der als Chief Operating Officer für den börsennotierten, thailändischen Lebensmittelkonzern Betagro tätig ist, wurde vor zwei Jahren thailändischer Staatsbürger.
Seinen deutschen Pass konnte er dabei behalten. „Meine Aufenthaltserlaubnis ist damit nicht länger an den Arbeitsplatz gekoppelt“, sagt er. Das gebe ihm ein zusätzliches Sicherheitsgefühl in seiner Wahlheimat, in der er mit seiner Frau und seinen Kindern lebt. Er hat damit auch Möglichkeiten, die anderen Expats verwehrt bleiben: So darf er zum Beispiel in Thailand Land besitzen – ein Recht, das nur thailändische Staatsbürger haben.
Auswandern nach Thailand: „Wichtig, sich auf die Kultur einzulassen“
Der Erwerb des thailändischen Passes ist mit zahlreichen Auflagen und persönlichem Vorsprechen bei den Behörden verbunden. Oft müssen Antragsteller dabei auch die thailändische Nationalhymne vorsingen. Im Fall Gottschalls dauerte das Verfahren rund fünf Jahre.
Ein Erfolg ist nicht garantiert: Pro Jahr bürgert Thailand in der Regel nur ein paar Hundert Ausländer ein. Aus Gottschalls Sicht lohnen sich die Anstrengungen aber: „Menschen, die permanent hier leben, würde ich empfehlen, es zu versuchen“, sagt er. Eine Alternative, die etwas leichter zu erreichen ist, ist die Permanent Residency, die als Vorstufe zur Staatsbürgerschaft gilt.
Um eine erfolgreiche Karriere in Thailand zu haben, reicht es aus Sicht des Managers aber nicht aus, die bürokratischen Anforderungen zu erfüllen. „Am wichtigsten ist es, sich auf die Kultur einzulassen und akzeptieren zu können, dass in Thailand vieles anders läuft als in Deutschland“, sagt er.
Wer eine Führungsposition bei einem thailändischen Unternehmen haben wolle, werde im Einstellungsverfahren regelrecht darauf überprüft, ob er die thailändische Etikette verstehe. Dazu gehöre es etwa, Verhaltensweisen abzulegen, die in Thailand als zu aggressiv wahrgenommen würden – etwa allzu direkte Kritik an Mitarbeitern. „Wer versucht, das Land und die Menschen so hinzubiegen, dass sie immer in die eigenen Vorstellungen passen, wird hier nicht glücklich werden“, sagt Gottschall.
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