Arbeitswelt 2035 – Szenarien der Entwicklung: Was sind die Chancen und Risiken für Unternehmen und Arbeitnehmer?

Die Zukunft der Arbeit: Eine Weichenstellung von entscheidender Tragweite.

Die Arbeitswelt befindet sich in einer Phase fundamentaler Veränderungen. Technologische Innovationen, der Klimawandel, eine demographische Vase und ein tiefgreifender gesellschaftlicher Wertewandel, verbunden mit einer immer stärker werdenden Polarisierung und Abgrenzung, das alles wirkt auch auf unsere Arbeitskonzepte. Die Frage, die sich Unternehmen, Führungskräfte und Arbeitnehmern gleichermaßen stellen sollten, lautet: Werden die nächsten zehn Jahre eine Epoche des Fortschritts und der Erfüllung oder eine Periode verpasster Chancen und zunehmender Herausforderungen sein? 

Der Punkt ist, dass die meisten der kommenden Entwicklungen von unseren heutigen Entscheidungen abhängen und wir jetzt die Weichen stellen (können), wenn wir es denn wirklich wollen.

Szenario 1: Arbeitswelt 2035 – Das Potenzial einer positiven Transformation

Betrachten wir die Arbeitswelt im Jahr 2035 optimistisch. Die Arbeit ist dann etwas, das uns erfüllt, und wir können uns dafür entscheiden, flexibel zu sein und selbst zu bestimmen, was wir machen. Technologische Instrumente, insbesondere künstliche Intelligenz, helfen uns dabei, indem sie einfache Aufgaben übernehmen und Platz schaffen für kreative und innovative Tätigkeiten. Unternehmen sind agile, werteorientierte Organisationen, in deren Mittelpunkt Nachhaltigkeit und das Wohlbefinden der Mitarbeiter stehen. Das Lernen und die kontinuierliche, potenzialnutzende Weiterentwicklung der Mitarbeiter stehen dabei im Mittelpunkt. Die Wirtschaft wird von Unternehmen geprägt, die nicht nur auf Gewinnmaximierung ausgerichtet sind, sondern auch einen wichtigen Beitrag zur Gesellschaft leisten, etwa, indem sie sich für Bildung stark machen oder sich in ihrem direkten Umfeld sozial engagieren. Inklusion und Chancengleichheit sind in der Arbeitswelt ein wichtiger Faktor.

In diesem Fall zeichnen sich folgende Entwicklungen ab:

  • Auf gesellschaftlicher Ebene haben wir ein stärkeres Bewusstsein für den Wert der Gemeinschaft, Stabilität und Zuversicht. Unternehmen, die Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung in ihre Geschäftsmodelle integrieren, sind bei Arbeitnehmern und Kunden sehr beliebt. Diversität und Inklusion sind selbstverständliche Werte in der Arbeitskultur. 

  • Auf wirtschaftlicher Ebene sind nachhaltige Geschäftsmodelle die Grundlage für eine starke Wirtschaft. Kreislaufwirtschaft und grüne Technologien bringen neue Wachstumsimpulse und Beschäftigungsmöglichkeiten mit sich. Die "Gig Economy" entwickelt sich weiter, aber wir können sicher sein, dass faire Arbeitsbedingungen und soziale Absicherung selbstverständlich sind. 

  • Auf der Umweltebene übernehmen Unternehmen eine Vorreiterrolle im Klimaschutz. Sie setzen auf erneuerbare Energien und ressourcenschonende Produktionsverfahren. Nachhaltigkeit ist ein zentraler Wettbewerbsfaktor, der Innovationen vorantreibt und die ökologische Resilienz der Wirtschaft stärkt. Wir alle träumen von grünen, intelligenten und lebenswerten urbanen Räumen. 

Wie wäre es, wenn wir die Arbeitswelt 2035 gemeinsam im positiven Sinne gestalten würden? Wir könnten Zufriedenheit und Selbstbestätigung im Beruf fördern, flexible Arbeitsstrukturen entwickeln, den Fokus auf Gesundheit legen und ein florierendes Wirtschaftssystem im Einklang mit ökologischen Erfordernissen schaffen.

Szenario 2: Arbeitswelt 2035 – Eine Zukunft verpasster Chancen

Andernfalls verpassen wir die Chance auf eine bessere Zukunft. In diesem Szenario wurden notwendige Veränderungen verzögert oder unzureichend umgesetzt. Die Arbeitswelt ist in ihren starren Strukturen stecken geblieben und flexible Arbeitsmodelle finden nur marginale Anwendung. Technologie wird hauptsächlich genutzt, um die Effizienz zu steigern und zu kontrollieren, während die Bedürfnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Hintergrund treten. Viele Menschen haben das Gefühl, dass ihre Arbeit keinen Sinn hat, sie sich überfordert fühlen und Stress haben. In der ganzen Bevölkerung gibt es viele Menschen, die nicht die richtigen Kompetenzen haben. Und die Angst, dass sie ihren Arbeitsplatz durch Automatisierung und KI verlieren könnten, ist überall präsent. Unternehmen arbeiten in Strukturen, die nicht flexibel sind und in denen es viele Hierarchien gibt. Sie benutzen Geschäftsmodelle, die nicht mehr zeitgemäß sind. Nachhaltigkeitsaspekte rücken dabei leider oft in den Hintergrund, während soziale Ungleichheit und gesellschaftliche Fragmentierung zunehmen.

In diesem Szenario erleben wir auf der: 

  • Gesellschaftliche Ebene: Das Arbeitsklima ist von Frustration und Entfremdung geprägt. Das Bedürfnis nach Menschlichkeit und Zufriedenheit in der Arbeit wird leider oft ignoriert, und die soziale Kohäsion erodiert. Die daraus resultierende Ungleichheit und Überforderung führen leider zu Demotivation und Vertrauensverlust in Unternehmen und Institutionen.

  • Auf wirtschaftlicher Ebene sehen wir, dass die Wirtschaft stagniert, weil es an Innovation und nachhaltigen Geschäftsmodellen fehlt. Traditionelle Industrien kämpfen mit Strukturwandel, während der Aufbau zukunftsorientierter Wirtschaftszweige nur langsam voranschreitet. Und auch wirtschaftlich gesehen haben wir in der Vergangenheit schon einige Krisen erlebt, ausgelöst durch Klimaschäden und Ressourcenknappheit.

  • Auf der Umweltebene sehen wir, dass der Klimawandel immer schlimmer wird, weil wir nicht genug tun, um ihn zu stoppen. Ständig gibt es neue Rekord-Wetterereignisse und Ressourcenknappheit. Das verursacht große wirtschaftliche Schäden und stört die globale Wirtschaft. Unternehmen, die sich bisher nicht für Nachhaltigkeit interessiert haben, sind davon besonders betroffen.

Die Arbeitswelt 2035 im negativen Szenario könnte also von Sinnlosigkeit, permanenten Stress, Zukunftsängsten und einem fragilen Wirtschaftssystem in einer zunehmend instabilen Umwelt geprägt sein.

Wir haben die Wahl!

Natürlich liegt die wahrscheinlichste Arbeitswelt im Jahr 2035 in Ihrer Gestalt, ihren Vor- und Nachteilen irgendwo dazwischen. Es liegt an uns, wo genau. 

Das Fazit lautet: Die Zukunft der Arbeit ist und bleibt eine Frage der proaktiven Gestaltung. Wir sind es, die entscheiden, wohin die Reise geht. Wir sind es, die an ihrem Arbeitsplatz jeden Tag im ganz kleinen bestimmen, was wir wie tun und welche Impulse wir damit setzen. Wir sind es, die die Zukunft im positiven, wie im negativen gestalten. Es ist eine Verantwortung, die wir nicht abgeben können und das vor allem auch nicht versuchen sollten. Wir sehen heute wohl so deutlich wie nie zuvor, wer alles darauf aus ist, uns über nicht aktiv getroffene Entscheidungen in das Resultat zu drängen, das ihnen persönlich maximal Nutzen bringt. Wir, jeder einzelne, ist diesen Menschen oft herzlich egal. Nur wenige sind dazu willens und fähig das ganze zu sehen, Entscheidungsmacht zu besitzen UND diese zum Wohle aller zu nutzen.

Die konträren Szenarien der Arbeitswelt 2035 zeigen uns einen wichtigen Weg, den wir gemeinsam gehen können: Wir können die Zukunft der Arbeit aktiv mitgestalten. Wir können die Weichen in Richtung einer positiven Veränderung stellen.

Damit wir das Beste aus der Arbeitswelt 2035 machen können, sind die folgenden fünf Maßnahmen besonders wichtig:

  • Wir brauchen eine Wirtschaft, die mehr als nur Gewinn maximiert. Unternehmen müssen verstehen, dass sie mehr als nur Geld verdienen können, und Nachhaltigkeit muss ein wichtiger Teil ihrer Firmenphilosophie sein.

  • Wir brauchen mehr Flexibilität und Autonomie in Arbeitsstrukturen. Deshalb sollten wir den Übergang zu flexiblen Arbeitsmodellen, einschließlich Remote Work und hybrider Arbeitsformen, machen. Das ist wichtig, um den Bedürfnissen der Arbeitnehmer nach Selbstbestimmung und Work-Life-Balance gerecht zu werden.

  • Wir sollten das lebenslange Lernen priorisieren. Wir müssen systematisch in Weiterbildung und Kompetenzentwicklung investieren. So können wir die Arbeitnehmer auf die Anforderungen einer sich wandelnden Arbeitswelt vorbereiten und die individuelle Anpassungsfähigkeit stärken.

  • Wir alle sind uns einig, wie wichtig die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeiter sind. Unternehmen haben die wunderbare Aufgabe, die physische und mentale Gesundheit ihrer Belegschaft zu fördern, um ein produktives und nachhaltiges Arbeitsumfeld zu gewährleisten.Wir sind uns auch einig, dass technologische Innovationen, insbesondere KI und Automatisierung, menschzentriert gestaltet werden müssen. Der Einsatz dieser Technologien muss ethisch reflektiert und auf die Unterstützung und Bereicherung menschlicher Arbeit ausgerichtet werden, anstatt auf reine Effizienzsteigerung und Kontrolle.

  • Und das Wichtigste: Ich bin überzeugt, dass es auch in Deinem ganz persönlichen besten Sinn ist, dich für eine positive, menschliche und nachhaltige Zukunft der Arbeit einzusetzen. Nur durch individuelles und dann in der Masse der Individuen im gemeinsamen Handeln können wir die Weichen für eine Arbeitswelt stellen, die sowohl wirtschaftlichen Erfolg als auch individuelles Wohlbefinden und gesellschaftlichen Fortschritt ermöglicht.

Ich bin gespannt auf Deine Ideen und Vorschläge und freue mich auf einen regen Austausch!

Guido Bosbach schreibt über Management, Führung, Leadership, NextManagement

Guido Bosbach ist Organisationsberater mit einem Fokus auf Lösungen, die für eine systemisch fundierte, nachhaltige und menschenzentrierte Verbesserung der Zusammenarbeit und des gemeinsamen Erfolgs abzielen. Er arbeitet dazu in Unternehmen mit deren Executive-Teams & Führungskräften.

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