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Aufmerksamkeitsökonomie: Welche Rolle spielen Stardesigner?

Stardesigner sind Produkte des Medienzeitalters und der Globalisierung der Märkte. Sie benötigen in der Regel immer einen Auftraggeber, für den sie eine Dienstleistung erbringen.

Berufssoziologisch ist dieser Typus noch kaum erfasst, bemerkt der Diplom-Designer Produktdesign Dr. Markus Köck, Jahrgang 1967. Er forscht zu den Themen Designrezeption, den Auswirkungen von Design im sozialen Kontext und zum Einfluss von Designtheorie auf die Weiterentwicklung gestalterischer Prozesse und lehrt seit 2018 an der Fachhochschule Macromedia in den Studiengängen Medien-, Informations- und Kommunikationsdesign und ist Vorstandsmitglied der DGTF. In seinem Buch „Stardesigner oder Gestalter des Alltäglichen? Designrezeption in der Aufmerksamkeitsökonomie“ beschreibt er, was heute vom Design erwartet wird: die Verwandlung alles Banalen in eine Schönheitsmaske des Banalen durch die Hand einer Berühmtheit.

  • Wie entstehen „Stars“ und Designklassiker im Feld des Designs?

  • Wie sind Designer zu den Stars ihrer Branche geworden? Oder sind sie doch nur die Gestalter des Alltäglichen, die Erfüllungsgehilfen der Industrie und die Unterstützer von Konsumentenbedürfnissen?

  • Weshalb sind Designer Prominente der zweiten Reihe?

  • Wie unterscheidet sich die Prominenz im Feld des Designs qualitativ von jener im Feld der Kunst?

  • Bestehen signifikante Unterschiede zwischen Alltagsdesign und Stardesign?

Im Fokus steht das Phänomen „Aufmerksamkeit“ (mit dem sich Georg Franck in seiner Abhandlung „Ökonomie der Aufmerksamkeit“ 1998 beschäftigt hat), seine ökonomischen Strukturen und Funktionen sowie die Aufmerksamkeitsstrategien verschiedener Medien, des Films und der Literatur. Geld und Aufmerksamkeit können kapitalisiert werden. Prominente sind klassische Kapitalisten der Aufmerksamkeit. „Der Kapitalismus des Geldes war eine Tragödie. Der Kapitalismus der Aufmerksamkeit trägt zweifellos närrische Züge. Nur gehört es zur Komödie, daß die Narretei sehr ernst genommen wird“, heißt es in Georg Francks Essay, der hier eine kritische Erweiterung erfährt. Denn das Bedürfnis, Aufmerksamkeit zu quantifizieren, hat erst recht nach Einführung von Online-Medien durch die Messbarkeit von Klicks ein neues Begehrlichkeitslevel erreicht.

Allerdings ist Reichweite (quantifizierbar) nicht mit Relevanz (qualifizierbar) gleichzusetzen. Markus Köck zeigt, dass Aufmerksamkeit zu verschiedenen Formen der Prominenz führt, die sich im Designbereich für Personen begrifflich als Star-Designer (die von Fans und Werbeindustrien „gemacht“ werden) und auf Artefakte bezogen in Form der Designklassiker manifestieren. Diese sind in der Regel langlebig und stehen über allen Moden und Trends.

In diesen Zusammenhang gehören auch Onlineshops wie memolife und manufactum, die auf eine „alltagsarchäologische und moralische Haltung“ setzen („Es gibt sie noch, die guten Dinge.“). Nachhaltigkeit gehört hier zum Kerngeschäft der Unternehmen – das bedeutet auch, dass der Erfolg mit Design nicht einfach nebenbei mit relativ geringem Aufwand zu erzielen ist, sondern auf einem konsequent betriebenen und stringent durchdachten Nachhaltigkeitsmanagement basiert. So bieten die ökologischen Onlineversender vor allem Dinge an, die in einem umfassenden Sinne nachhaltig, solide und funktionstüchtig sind. Es sind hier vor allem Produkte zu finden, die aus klassischen Materialien wie Metall, Glas oder Holz hergestellt sind sowie material- und energieeffizient, abfallvermeidend, langlebig, reparierbar, recyclingfähig und umweltverträglich sind (Prinzipien nachhaltigen Designs).

Vor allem handwerklich hergestellte Produkte und die Verwendung traditioneller Materialien stellen ein wertvolles Kulturgut und eine nachhaltige Alternative zur Welt der Massenprodukte und zum schnellen Konsum dar. Wer gestaltend auf die Welt einwirken möchte, widmet seine Aufmerksamkeit auch jenen Dingen des Alltags, die häufig übersehen werden. Kluge, reine Dinge zeigen uns etwas von ihrer Machart und sind zugleich Symbole menschlicher Selbstbestimmtheit. In krisenhaften Zeiten ist die emotionale Bindung an sie besonders ausgeprägt. In seinem Roman „Der Steppenwolf" (1927) schreibt Hermann Hesse, dass diese kleine Welt auch den Zweck hat, „der Liebe zu dienen, die Sinne zu verfeinern, die tote Umwelt zu beleben",

  • Der Mensch und seine Dinge

  • Markus Köck: Stardesigner oder Gestalter des Alltäglichen? Designrezeption in der Aufmerksamkeitsökonomie. Transcript Verlag. Bielefeld 2021.

  • Alexandra Hildebrandt und Claudia Silber: Nachhaltigkeit begreifen: Was wir gegen die dummen Dinge im Zeitalter der Digitalisierung tun können. In: CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. SpringerGabler Verlag. 2. Auflage. Berlin Heidelberg 2021.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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