Bahncard, Jobrad, Sharing: Diese Alternativen zum Dienstwagen bieten die Dax-Konzerne
SAP bietet seinen Mitarbeitern bald die freie Wahl, welches Verkehrsmittel sie künftig anstelle eines Dienstwagens nutzen wollen. Was machen die anderen Konzerne?
Ob Bus, Bahn oder E-Scooter: Immer mehr Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern Alternativen zum Dienstwagen an. Jüngstes Beispiel ist das Softwareunternehmen SAP. Dort will man ab April allen berechtigten Mitarbeitern anstelle eines Autos ein Mobilitätsbudget zur Verfügung stellen. Die Mitarbeiter bekommen einen bestimmten Betrag zur Verfügung und können ihn für das Verkehrsmittel ihrer Wahl ausgeben.
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Mit Aktionen wie diesen sparen Unternehmen nicht nur Emissionen ein, sie richten sich auch stärker nach den Bedürfnissen ihrer Angestellten. „Für die Mitarbeiter entstehen so vielfältige Möglichkeiten, die persönliche Mobilität zu gestalten“, sagt Sebastian Pacher, Vergütungsexperte bei der Personalberatung Kienbaum.
Gerade bei jüngeren Generationen, bei denen der Dienstwagen zunehmend an Strahlkraft verliert, können Arbeitgeber sich mit Mobilitätsalternativen attraktiver machen – und damit von Wettbewerbern abheben. Das Handelsblatt hat bei den 40 Dax-Unternehmen nachgefragt, welche Angebote sie Bewerbern in Sachen Mobilität machen. Herausgekommen ist eine Liste der fünf am weitesten verbreiteten Dienstwagen-Alternativen.
Fahrradleasing als Alternative zum Dienstwagen
Eine beliebte Alternative zum Dienstwagen ist das Fahrradleasing. Es eignet sich zwar nicht für lange Geschäftsreisen, doch für Mitarbeitende, die nur zur Arbeit oder einem nicht weit entfernten Termin fahren wollen, kann es eine gute Option sein.
Der Pharmakonzern Bayer etwa hat nach eigenen Angaben 2100 Diensträder in seiner Flotte. „675 davon werden von Beschäftigten geleast, die auch Anspruch auf einen Dienstwagen haben“, sagt ein Sprecher des Unternehmens. Bei Daimler Truck können Mitarbeiter sogar bis zu zwei Fahrräder bestellen, für die das Unternehmen die monatlichen Leasingraten bezuschusst.
Und auch die Versicherung Allianz bietet das Leasing seit 2020 in einer bestimmten Form an. „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wandeln dafür einen Teil ihres Gehalts um“, sagt eine Sprecherin des Versicherungskonzerns. Das Angebot komme gut an. Mittlerweile würden mehr als 4000 Personen das Fahrradleasing nutzen.
Nahverkehrsticket und Bahncard statt Dienstwagen
Ein Klassiker ist auch das Job- oder Nahverkehrsticket. In vielen Dax-Konzernen ist es Standard. Mehr als die Hälfte der Unternehmen, die sich an der Umfrage beteiligt haben, bieten ihren Mitarbeitern unabhängig von einem Dienstwagenanspruch ein entsprechendes Ticket an – unter anderem Heidelberg Materials und Beiersdorf. Entweder bekommen die Mitarbeiter das Ticket direkt über das Unternehmen, oder der Arbeitgeber bezuschusst es nach dem Kauf.
Auch die Bahncard gehört zum Mobilitätsangebot einiger Dax-Konzerne. Angestellte des Chemie- und Pharmakonzerns Merck etwa, die keinen Dienstwagen wollen, aber Anspruch auf einen hätten, könnten stattdessen mit einer Bahncard 100 fahren, heißt es von dem Unternehmen.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Siemens Energy können ebenfalls eine Bahncard nutzen, allerdings nur „bei entsprechender Dienstreisetätigkeit“. So handhabt es auch die Deutsche Bank. Der Triebwerkhersteller MTU dagegen bietet „aufgrund der Lage der Standorte“ seinen Angestellten keine Bahncard an – und verweist stattdessen auf seine Mobilitätsangebote für den Regionalverkehr wie zum Beispiel das Nahverkehrsticket.
Mobilitätsbudget statt Dienstwagen
Nicht nur bei SAP, sondern auch bei einigen anderen Dax-Konzernen können die Angestellten frei wählen, mit welchem Verkehrsmittel sie fahren wollen, wie zum Beispiel E-Scootern. „Unsere Mitarbeiter, die einen Dienstwagen erhalten, können statt eines Autos eine Mobilitätspauschale als monatliche Zahlung erhalten“, heißt es etwa von Siemens Energy. Immer mehr Angestellte entschieden sich für diese Pauschale.
Seit Anfang dieses Jahres bietet auch der Energiekonzern Eon ein „budgetorientiertes Mobilitätsangebot“ an. Den Führungskräften stehe ein monatliches Budget zur Verfügung, mit dem „sie eine oder mehrere der angebotenen Mobilitätsformen wählen“ können.
Die Auswahl beschränkt sich dabei auf den Dienstwagen, eine Bahncard, ein (E-)Bike oder ein Nahverkehrsticket. „Alternativ kann auch eine Budgetauszahlung gewählt werden“, schreibt Eon. Die Deutsche Post, MTU und Merck überlegen ebenfalls, ob sie ihren Mitarbeitenden ein entsprechendes Angebot machen wollen.
Bei Bayer wollen die Verantwortlichen das Modell explizit nicht einführen „aufgrund der bestehenden lohnsteuerlichen Restriktion sowie der administrativen Komplexität dieses Modells“, wie das Unternehmen schreibt.
Bayer spielt damit auf eine komplizierte Gesetzeslage an. Für das Steuerrecht ist wichtig, wie die Mitarbeiter das Mobilitätsbudget nutzen. Wenn sie Geld zweckgebunden ausgeben können, ist es steuerpflichtig. Wenn die Unternehmen aber Geldkarten oder separate Guthaben dafür einrichten, werden sie als „Sachbezug“ behandelt und sind steuerlich bevorteilt. Das wäre mit hohem Verwaltungsaufwand verbunden.
Experte Sebastian Pacher von Kienbaum sieht jedenfalls einen Trend hin zum Mobilitätsbudget. „Viele Unternehmen gehen dazu über“, sagt er. Das sei auch empfehlenswert: „Von einer intelligenten Flexibilisierung der Mobilitätsangebote profitieren letztendlich alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.“
Geld statt Dienstwagen
In einigen Dax-Konzernen können sich die Mitarbeiter auch Geld auszahlen lassen, wenn sie auf einen Dienstwagen verzichten. Bayer, Beiersdorf, Infineon und die Deutsche Telekom bieten diese Option laut eigener Auskunft an.
Bei der Telekom etwa können die Angestellten sich die Summe auch auf ein sogenanntes Lebensarbeitszeitkonto auszahlen lassen. Das Geld, das darauf landet, können Beschäftigte unter anderem für längere Freistellungen von der Arbeit nutzen – oder wenn sie früher in Rente gehen wollen.
Carsharing, Mietwagenflatrate, Shuttleservice
Wenn es ausschließlich darum geht, Mitarbeitern ein Auto zur Verfügung zu stellen, ist laut Vergütungsexperte Pacher das Carsharing oder eine Mietwagen-Flatrate eine gute Alternative zum Dienstauto. Beides ist bei den Dax-Konzernen sehr beliebt. „Um nachhaltige Mobilität zu fördern, setzen wir auf eine Mobilitäts-App, welche Mitfahrgelegenheiten vermittelt“, sagt etwa eine Sprecherin von Adidas.
Auch Beiersdorf etwa bietet seinen Mitarbeitern kostenpflichtiges Carsharing an. Zudem gibt es bei Adidas und der Telekom einen eigenen Shuttle-Service, der die Mitarbeiter zur Arbeit bringt.
Dienstwagen bleibt weiter wichtig – Trend geht zum E-Auto
Auch wenn es mittlerweile viele Alternativen gibt: Ausgedient hat der Dienstwagen laut Experten noch lange nicht. „Der Dienstwagen wird weiterhin eine wichtige Nebenleistung in Deutschland bleiben“, sagt Florian Frank, Vergütungsexperte bei der Beratung Willis Towers Watson (WTW). Es würden zwar zusätzliche Leistungen angeboten, der Dienstwagen werde aber nicht abgeschafft.
Das zeigt auch die Handelsblatt-Umfrage unter den Dax 40: Demnach hat sich die Größe der Dienstwagenflotten bei einem Großteil der befragten Konzerne nicht maßgeblich verändert. Auch Vergütungsexperte Pacher von Kienbaum ist sich sicher: „Bei vielen Mitarbeitern hat der Dienstwagen einen hohen Stellenwert.“ Vor allem diejenigen, die aufgrund ihrer Funktion auf einen Dienstwagen angewiesen seien oder deren Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr schlecht ist, schätzten das Dienstauto nach wie vor.
