Der Unternehmensumbau soll am BASF-Standort Ludwigshafen 2500 Mitarbeiter betreffen. - Foto: Unsplash
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BASF baut Unternehmensstruktur um

BASF gibt mehreren vielversprechenden Sparten größere Eigenständigkeit. Gewerkschaft und Betriebsrat reagieren alarmiert. Sie fordern klare Zukunftsaussichten für Ludwigshafen.

Das Jahr endet für die BASF-Belegschaft, wie es begonnen hat: Mit einer irritierenden Botschaft aus der Chefetage. Laut einer Unternehmensmitteilung baut sich der Chemiekonzern deutlich um: Die Geschäfte mit Batteriematerialien, die Agrarchemie sowie der Handel mit Lacken und Beschichtungen werden künftig jeweils weitgehend eigenständig geführt.

Die Industriegewerkschaft IGBCE sprach in einer eigenen Mitteilung davon, die Unternehmensteile würden aus der BASF SE herausgelöst und „in rechtlich eigenständige Einheiten überführt“. BASF selbst teilte mit, die Sparten erhielten „mehr Raum, um den Bedürfnissen ihrer spezifischen Kundenindustrien gerecht zu werden, während sie weiter die Vorteile eines integrierten Unternehmens genießen“. „Wir kombinieren die Vorteile eines differenzierteren Ansatzes zur Steuerung einzelner Geschäfte mit den Vorteilen des Verbunds sowie unserer Aufstellung als integriertes Unternehmen“, zitierte BASF den eigenen Finanzvorstand Dirk Elvermann in der Mitteilung.

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Nach Angaben der IGBCE betrifft der Unternehmensumbau knapp 2500 Beschäftigte der BASF SE und somit fast zehn Prozent der Belegschaft am Standort Ludwigshafen. Kündigungen sind den Angaben zufolge nicht geplant. Alle Beschäftigten sollen laut IGBCE zu vergleichbaren Konditionen weiterbeschäftigt werden.

Die Gewerkschaft zeigt sich dennoch besorgt: Das Management beschreibe die Vorteile für die neuen Gesellschaften, „die Vorteile und Risiken für den Verbund sind bislang im Unklaren“. Bei den Mitarbeitern werfe die Entscheidung des Vorstands Fragen auf: „Was geschieht mit dem Standort, wenn die aktuellen Zugpferde gehen?“

Es sind insbesondere vielversprechende Zukunftsgeschäfte von dem Schritt betroffen: Insbesondere mit dem Bereich Lacken und Beschichtungen (Coatings) war Vorstandschef Martin Brudermüller zuletzt „ganz besonders zufrieden“, wie der CEO bei Verkündung der Quartalszahlen Ende Oktober sagte. Der Konzernteil beliefert Automobilhersteller weltweit. Berichte, wonach der Konzern das Geschäft verkaufen will, wies Brudermüller zurück. Die Ausgliederung des Geschäfts ermögliche zwar grundsätzlich strategische Optionen für die Zukunft, „wir haben aktuell aber keine Absichten, dieses Geschäft zu verkaufen“, hieß es im Oktober.

Künftig soll auch das Geschäft mit Batteriematerialien für BASF zum Gewinntreiber werden. Brudermüller will das Unternehmen zum weltweit führenden Kathodenlieferanten machen. Das Geschäft ist vielversprechend: Die Batterieproduktion für Elektroautos boomt. Im Juni hatte der Konzern deine erste große Anlage für Batteriestoffe eröffnet, allerdings nicht in Ludwigshafen, sondern in Schwarzheide nördlich von Dresden. Das Werk ist schon jetzt für Jahre ausgebucht.

BASF lädt Investoren zum Gespräch

Der Verkündungstermin für den Unternehmensumbau ist nicht zufällig gewählt. Am Nachmittag trifft Brudermüller gemeinsam mit Finanzvorstand Dirk Elvermann die BASF-Investoren in Ludwigshafen zum Gespräch. Der Termin ist insgesamt für acht Stunden angesetzt: erst Präsentation und Fragerunde, dann gemeinsames Abendessen und zum Schluss eine Werksführung bei Nacht. Genug Zeit, um die Geldgeber über die die Hintergründe aktueller Entscheidungen des Vorstands aufzuklären.

Zuletzt herrschte viel Skepsis am Markt. Der Chemiekonzern bekommt die schleppende Nachfrage weltweit zu spüren. Umsatz und operatives Ergebnis gingen im dritten Quartal deutlich zurück. Unter dem Strich fuhr BASF auch wegen Belastungen durch seine Beteiligung an dem Öl- und Gaskonzern Wintershall Dea einen Verlust von 249 Millionen Euro ein. Zwischenzeitlich sorgten sich Anleger um ihre Dividende, die Ausschüttung wurde von Seiten des Konzerns jedoch zugesichert.

An der Börse wurde unterdessen eine erneute Gewinnwarnung befürchtet, die blieb bislang jedoch aus. Der Ausblick auf das Gesamtjahr bleibt aber unsicher. Der Konzern schraubt seine Investitionen in den kommenden Jahren deshalb zurück. Von den Kürzungen sind zwei Projekte Brudermüllers explizit ausgenommen: Keine Abstriche will BASF bei der grünen Transformation des Konzerns machen. Auch am Bau des umstrittenen Verbundstandorts in China hält Brudermüller in vollem Umfang fest.

Für das Stammwerk Ludwigshafen sind es nicht die ersten einschneidenden Neuigkeiten in diesem Jahr. Bereits im Februar hatte der Konzern wegen verschlechterter Geschäfte und erschwerter Rahmenbedingungen in Europa ein Sparprogramm aufgelegt, inklusive Stellenabbau. Gewerkschaft und Betriebsrat fordern jetzt klare Zukunftsaussichten für den deutschen Verbundstandort, an dem 39.000 Beschäftigte arbeiten. Sie dringen auf eine „Standortvereinbarung 2030“.

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