Bayer, Boehringer, Merck: Diese Pharma-Jobs boomen und bieten Top-Gehalt
Die Pharmaindustrie braucht zunehmend Personal. Wen suchen Bayer, Merck, Astra-Zeneca, Stada und Boehringer Ingelheim besonders? Welches Gehalt gibt's für die Top-Jobs? Eine Analyse.
Berlin. Die Pharmaindustrie in Deutschland profitiert von einer stetig steigenden Nachfrage nach Arzneimitteln. Im Schnitt wächst die Branche, die 2021 laut Berechnungen des Handelsblatt Research Institute rund 55 Milliarden Euro Umsatz erreichte, um etwas mehr als drei Prozent pro Jahr.
Deutschland gilt als wichtiger Forschungsstandort, in den die Branche zuletzt knapp acht Milliarden Euro pro Jahr investierte. Für mehr Aufmerksamkeit sorgte zuletzt auch Biontech, denen es gelang, als Erster einen Corona-Impfstoff herzustellen.
Und der Personalbedarf steigt: Die Pharmaindustrie schafft laut Statistischem Bundesamt mehr Jobs als die Wirtschaft insgesamt. Welche Jobprofile sind derzeit gefragt? Welche Gehälter zahlen die einzelnen Unternehmen im Detail? Das Handelsblatt hat sich bei großen Pharmakonzernen und Experten für Sie umgehört.
Pharmaindustrie: Wen Bayer, Boehringer Ingelheim und Astra-Zeneca suchen
Neben den klassischen naturwissenschaftlichen Profilen rekrutieren die Pharmakonzerne besonders im Bereich IT. So sucht zum Beispiel der Pharmariese Bayer verstärkt nicht nur Chemikanten und Biologie-Laboranten, sondern auch Softwareingenieure oder Data Scientists. Diese werten unter anderem in groß angelegten Studien elektronische Gesundheitsdaten aus oder unterstützen ihre Kollegen in der Forschung durch Analysen.
„Die Nachfrage im IT-Bereich ist analog zu anderen Branchen ungebremst hoch“, sagt Katharina Heise, Pharmaexpertin bei der Personalberatung Hays. Entwickler, SAP-Berater oder Experten für IT-Security seien genauso gesucht wie Spezialisten in analytischen Feldern.
Dementsprechend hoch fallen die Gehälter aus. Ein Data Scientist kann laut der Jobplattform Kununu auf ein Bruttojahresgehalt von bis zu 95.000 Euro kommen. Ein SAP-Berater, schätzt Expertin Heise, kann mit fünf Jahren Erfahrung in der Pharmaindustrie bereits mehr als 100.000 Euro verdienen.
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Hohes Gehalt für Data Scientists, SAP-Berater, Ingenieure und Manager
Hohe Gehälter locken nicht nur IT-Experten an, auch in anderen Fachbereichen ist der Verdienst in Pharmaunternehmen attraktiv. Christoph Andris vermittelt mit seiner Agentur ACC Führungskräfte in der Pharmabranche. Besonders bezahlt mache sich eine spezielle Ausbildung, sagt er – etwa zum Mediziner oder zum Juristen. „Jeder dritte Arzt verdient in der Pharmaindustrie jenseits der 100.000 Euro“, sagt er. Weil sich nur wenige Ärztinnen und Ärzte für die Industrie entscheiden, sei der Bedarf hoch.
Die deutsche Tochter des britisch-schwedischen Konzerns Astra-Zeneca etwa sucht nach Medical Affairs Managern. Dabei handelt es sich um Mediziner, die zum Beispiel klinische Studien überwachen und koordinieren – und somit dafür sorgen, dass ein Medikament für den Markt zugelassen werden kann.
Das Gehalt liegt laut Beraterin Heise auch hier nach fünf Berufsjahren bei rund 100.000 Euro. Ein ordentliches Plus bringt zusätzliche Führungsverantwortung. Berater Andris erzählt, er habe einen Head of Medical Affairs an einen großen Konzern schon mit einem Bruttojahresgehalt von 180.000 Euro vermittelt.
Beim Traditionsunternehmen Boehringer Ingelheim werden neben Data Scientists und Medizinern unter anderem auch Automatisierungsingenieure stark nachgefragt. Sie verantworten beispielsweise Prozesse in der biotechnischen Wirkstoffherstellung. Ebenfalls gesucht seien Forscher im Bereich Pharmakometrie, die mithilfe von mathematischen Modellen versuchen, die Effekte von Arzneimitteln auf Patienten vorherzusagen.
Merck, Boehringer und Bayer: Gehalt richtet sich oft nach Tarif
Wie viel sich genau in den einzelnen Berufspositionen verdienen lässt, behält das Unternehmen für sich. Weil der Traditionskonzern wie auch Bayer aber nach dem geltenden Tarif der Gewerkschaft IG Bergbau, Chemie und Energie (IGBCE) bezahlt, gibt es Vergleichswerte. In Rheinland-Pfalz, wo Boehringer Ingelheim seinen Hauptsitz hat, startet die erste Entgeltstufe bei 2841 Euro brutto im Monat und endet bei 6841 Euro. Darüber hinaus gibt es außertarifliche Angestellte. „Wer welcher Gruppe angehört, ergibt sich aus der jeweiligen Tätigkeit“, heißt es bei Boehringer Ingelheim.
Beim Pharmakonzern Merck, der im vergangenen Jahr am Hauptstandort in Darmstadt rund 500 Mitarbeiter unter anderem in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Ingenieurwesen, Produktion, Qualitätssicherung oder IT eingestellt hat, könne ein Masterabsolvent auch mal in die höchste Tarifstufe einsteigen. Laut IGBCE liegt das Gehalt in einem technischen Beruf auf dieser Stufe bei 6630 Euro brutto im Monat. Hinzu kommen Weihnachts- und Urlaubsgeld.
Evonik zahlt 80.000 Euro Gehalt an Chemiker und Ingenieure
Das Spezialchemie-Unternehmen Evonik, das neben vielen anderen Märkten auch im Bereich Pharma tätig ist, hat für außertarifliche Mitarbeiter sieben sich teilweise überlappende Entgeltbänder etabliert. Eine promovierte Chemikerin oder Ingenieurin steige laut Unternehmensangaben beispielsweise bei durchschnittlich 80.000 Euro Bruttojahresgehalt inklusive Bonus ein.
In einer gehobenen Spezialisten- und Führungsfunktion könne ein Mitarbeiter bei sehr guter Leistung sogar weit über 10.000 Euro im Monat zuzüglich entsprechendem Jahresbonus verdienen.
Top-Gehalt für die Führungskraft und Spezialisten
Zu einem solchen Topgehalt könne laut Headhunter Andris neben einer hochspezialisierten Ausbildung auch Führungserfahrung führen. „Je größer die Führungsspanne ist, desto besser“, sagt Andris. So könne etwa ein Vertriebsleiter mit einer Verantwortung von 100 Mitarbeitern in einem großen Konzern zwischen 160.000 und 180.000 Euro verdienen.
Laut einer Analyse von ACC richteten sich im Februar 15,1 Prozent der Stellenanzeigen der 30 größten Pharmaunternehmen an Führungskräfte. Besonders hoch ist demnach der Bedarf an Chefinnen und Chefs beim britischen Unternehmen Glaxo-Smithkline: Hier gingen 34,5 Prozent der Gesuche für den deutschen Markt an Spitzenkräfte. Beim Pharmariesen Eli Lilly waren es knapp 31 Prozent.
Was Key-Account-Manager und Sales-Manager verdienen
Ein weiterer Faktor, der zu einem Topgehalt in der Pharmabranche führt, ist laut Andris, wie sich die Tätigkeit auf das Betriebsergebnis auswirkt. Deshalb würden auch Vertriebler in der Pharmabranche oft sehr gut verdienen. Ein Key-Account-Manager, der Großkunden betreut, komme schnell auf ein Gehalt jenseits der 100.000 Euro. Andris betont allerdings, dass die Gehälter in der Branche sehr stark variieren – je nach Größe, Produktportfolio und geografischer Lage des Unternehmens.
Sales-Experten sind in vielen Pharmaunternehmen gefragt. So sucht etwa Fresenius Kabi neben Laboranten auch vermehrt nach Einkäufern und Produktmanagern. Bei Astra-Zeneca ist die Nachfrage unter anderem nach Pharmareferenten oder Brandmanagern hoch.
Für BWLer sind nicht nur Positionen im Vertrieb beliebt. „Im vergangenen Jahr waren HR-Fachkräfte, insbesondere Recruiter sehr stark nachgefragt“, sagt Katharina Heise von Hays.
Pharmaindustrie: Auch Supply-Chain-Manager sind gefragt
Weil Unternehmen wegen des Kriegs in der Ukraine Lieferketten neu ausrichten müssen, sind laut der Personalexpertin auch Supply Chain Manager gefragt, die Lieferprozesse planen und optimieren. Laut einem Gehaltsreport der auf Beschaffung spezialisierten Kloepfel Group kommt ein Experte in diesem Bereich auf gut 92.000 Euro Jahressalär.
In den Bereichen Personal, Einkauf oder Vertrieb haben laut Heise auch Quereinsteiger gute Chancen. Ein Supply Chain Manager etwa, der aus einer anderen Branche kommt und ein gutes Verständnis für den Einkauf habe, müsse sich lediglich noch mit den Lieferketten der Pharmabranche auseinandersetzen. Stark nachgefragt werden Supply Chain Experten derzeit zum Beispiel beim Arzneimittelhersteller Stada, der gerade etwa im Bereich Dermatologie neue Vertriebslinien aufbaut.
Ein Quereinstieg in die Branche gelingt zum Beispiel auch im Bereich Produktion. „Grade im Umfeld der Facharbeiter bieten wir viele Möglichkeiten für Quereinsteiger“, heißt es beim Pharmakonzern Roche. Je nach Bereich könne auch ein handwerklicher Beruf wie Friseur, Bierbrauerin oder Bäcker die richtige Qualifikation bedeuten.
Und auch Boehringer Ingelheim sucht verstärkt nach Produktionsmitarbeitern. „Ob Industriemechaniker, Metallbauer, Werkzeugmacher, Mechatroniker oder Kfz-Mechaniker – Produktionsmechaniker sind uns herzlich willkommen“, äußert das Unternehmen.
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