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„Bei den klassischen Berater-Themen fehlt ihm die Erfahrung“

Der ehemalige Verkehrsminister Andreas Scheuer will sich als Unternehmensberater versuchen. Ausgerechnet. Während seiner Zeit im Ministeramt stand er massiv in der Kritik, denn seine gescheiterte Pkw-Maut kostete den Staat Millionen. Auch innerhalb der CSU wurde Scheuer danach von vielen als Belastung gesehen. Nachdem die geplante Maut im Jahr 2019 vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) als rechtswidrig gestoppt worden war, musste der Bund 243 Millionen Schadensersatz leisten. Das hatten die vorgesehenen Betreiber in einem Schiedsverfahren erreicht.

Ob der ehemalige Minister als Berater eine erfolgreichere Laufbahn absolvieren kann? Ralf Strehlau, Präsident des Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU), schätzt im Gespräch ein, ob Scheuer ausreichend Qualifikationen für diesen Beruf mitbringt. Und ob sich dadurch die Wahrnehmung für seine Branche verschlechtert.

WirtschaftsWoche: Ausgerechnet der ehemalige Verkehrsminister Andreas Scheuer will jetzt Unternehmensberater werden. Schädigt das nicht den Ruf Ihrer Branche?

Ralf Strehlau: Nein. Es kommt darauf an, in welchem Themenfeld jemand berät. Andreas Scheuer hat aufgrund seines politischen Werdegangs sicher Spezialgebiete mit ausreichend Kompetenzen, um zu beraten.

Ralf Strehlau ist der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater. - Bild:  BDU Bundesverband Deutscher Unte
Ralf Strehlau ist der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater. - Bild: BDU Bundesverband Deutscher Unte

Die geplatzte Pkw-Maut des ehemaligen Verkehrsministers kostete den Bund 243 Millionen Euro. Zumindest in diesem Bereich scheint die Kompetenz überschaubar.

In diesem Feld würde man ihn nicht unter den Top 3 Beratern nennen. Aber als Kunde muss man einen Berater auswählen, der Erfahrung mit dem gewünschten Thema mitbringt. Das muss man Andreas Scheuer auch zubilligen.

In welchen Feldern könnte Andreas Scheuer denn gute Beratungsleistung erbringen?

Er hat ein hohes Verständnis für politische Entscheidungsprozesse in Berlin und Brüssel. Obwohl es mir schwerfällt, das als klassische Unternehmensberatung zu bezeichnen. Das ist eher Lobby- und Kommunikationsarbeit. Würde er in ein bestehendes Beratungsunternehmen eintreten, könnte er sein spezifisches Fachwissen einbringen. Das klassische Beraterwissen würden dann andere Kollegen liefern.

Andreas Scheuer hat aus Ihrer Sicht also durchaus genügend Fähigkeiten für einen Job als Berater?

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Für manche Großkonzerne kann Wissen über politische Entscheidungsprozesse einen Mehrwert haben. Aber bei den klassischen Berater-Themen fehlt ihm die strategische und operative Erfahrung: Strategie, Marketing, Vertrieb, Controlling, IT.

Auch andere Politiker, die nach ihrer Karriere in die Beratung wechseln, hoffen mit ihren Kontakten zu punkten. Wie wichtig ist das Adressbuch für den Berater-Beruf?

Kontakte sind keine Beraterfähigkeit. Sie können hilfreich sein, um einen Auftrag zu erhalten, aber man muss diesen dann auch gut ausführen.

Die Stimmung beim Scheuer-Abgang war verhalten. Sogar die eigene Partei trauert dem Minister kaum hinterher. Was sind Kontakte wert, wenn man einen solchen Ruf hat?

Er hat ein Beiratsmandat bei dem Logistikunternehmen MOSOLF – es gibt also Menschen, die sein Know-how wertschätzen.

Die gescheiterte Pkw-Maut ist wohl auf die fehlende Voraussicht des Ministers zurückzuführen. Wie vorausschauend muss man als Berater agieren?

Das ist essenziell, gerade in der Strategieberatung. Aber an solchen Entscheidungsprozessen wie bei der Pkw-Maut sind viele Leute beteiligt. Herr Scheuer hat das sicher nicht allein entschieden und viele Personen haben ihm zugearbeitet.

Und welche Kompetenzen könnten dem Politiker in seiner zukünftigen Karriere helfen?

Als erfolgreicher Politiker lernt man, Informationen schnell zu verarbeiten und gewandt aufzutreten. Das kann er sicherlich. Aber als Kunde will man einen Berater, der für Erfolg steht. Das hat sich der Minister nicht in seine Bilanz geschrieben.

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