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Besser unterwegs: Wie sich Geschäftsreisen nachhaltig gestalten lassen

Zwischen 2004 und 2017 stieg die Zahl der Geschäftsreisen deutscher Unternehmen von 146 auf 188 Millionen massiv an. Mehr als eine halbe Million Business-Trips fanden 2017 täglich statt – und das, obwohl sich weit entfernte Geschäftspartner durch Skype-Konferenzen und Slack-Meetings ganz nah sein können.

Häufig stehen einer nachhaltigen Geschäftsreise die Unternehmen im Weg: Obwohl vielen Nachhaltigkeit auf Geschäftsreisen wichtig ist, achtet weniger als die Hälfte der Firmen bei ihren Reiserichtlinien darauf. Zwischen der Zahl der Unternehmen, die bei der Buchung von Geschäftsreisen Nachhaltigkeit berücksichtigen und der Anzahl der Mitarbeiter, die dieses Thema bei Geschäftsreisen als wichtig erachten, herrscht in Deutschland eine deutliche Diskrepanz: Obwohl 81 Prozent der Befragten sagen, dass es wichtig ist, bei Dienstreisen auf die Umwelt zu achten, wird nur in 47 Prozent der Unternehmen immer oder zumindest meistens darauf geachtet. Frauen haben ein größeres Bewusstsein für Nachhaltigkeit als Männer: So halten 86 Prozent der weiblichen Befragten die Nachhaltigkeit von Geschäftsreisen für wichtig, bei den Männern sind es hingegen nur 76 Prozent.

Die Zahlen basieren auf der Studie „Chefsache Business Travel 2018“, die im Auftrag des Deutschen Reiseverbands (DRV) durchgeführt wurde. 100 Geschäftsführer, die selbst regelmäßig auf Geschäftsreisen sind, sowie 102 Geschäftsreisende Führungs- und Fachkräfte aus Unternehmen ab 250 Mitarbeitern wurden dafür über ein Online-Panel zum Thema Geschäftsreisen befragt. Die Daten wurden im Februar und März 2018 vom durchführenden Marktforschungsinstitut mo'web erhoben.

• Am weitesten verbreitet ist in deutschen Unternehmen das Verbinden mehrerer Termine auf einer Dienstreise, 68 Prozent der Befragten achten bereits darauf. 74 Prozent der Frauen nutzen diese Methode und liegen damit um elf Prozentpunkte vor den Männern.

• 53 Prozent der Befragten steigen in den Zug statt ins Flugzeug, wenn es die Entfernung zulässt. Während 58 Prozent der Frauen dieses Reisemittel bevorzugt wählen, gilt das nur für 49 Prozent der Männer.

• Bei der Wahl der Unterkunft, des Restaurants oder des Reisedienstleisters achten 31 Prozent der Befragten darauf, Angebote auszuwählen, die für ihre Umweltfreundlichkeit ausgezeichnet wurden. Mit einem Anteil von 37 Prozent liegen die Frauen hier zwölf Prozentpunkte vor den Männern.

Für den Großteil der Befragten ist die Nachhaltigkeit bei Geschäftsreisen bereits grundsätzlich ein wichtiges Thema und bei der Anreise wird dies auch schon berücksichtigt – am Zielort zeigt sich allerdings, dass dort auch bei den Mitarbeitern in der Praxis noch Verbesserungsbedarf in Bezug auf Nachhaltigkeit besteht:

• 44 Prozent der befragten Geschäftsreisenden sagen, dass sie von allen am Zielort zur Verfügung stehenden Verkehrsmitteln am häufigsten das Taxi nutzen. Der Anteil der Frauen, die häufig ins Taxi steigen, liegt bei 48 Prozent und damit acht Prozentpunkte höher als bei den Männern.

• Den öffentlichen Nahverkehr nutzen nur 30 Prozent der Befragten nach eigenen Angaben oft am Zielort. Mit einem Anteil von 32 Prozent liegen die Frauen hier nur leicht vor den Männern, von denen 29 Prozent viel mit Bus und Bahn unterwegs sind.

• Wenn die Befragten am Zielort selbst am Steuer sitzen, dann am häufigsten in ihrem Geschäftswagen, den 31 Prozent nach eigenen Angaben oft nutzen. Während der Anteil der Frauen, die dieses Transportmittel oft wählen, bei 35 Prozent liegt, sind es bei den Männern 27 Prozent.

• Selten greifen die Befragten auf Leihfahrräder zurück, die es inzwischen in vielen deutschen Großstädten gibt. Nur sieben Prozent der Befragten treten häufig auf Geschäftsreise in die Pedale.

Bei der memo AG, die als Versandhandel ihr Sortiment über verschiedene Printmedien und drei Onlineshops präsentiert, werden nur in Ausnahmefällen auch Geschäftsreisen ins Ausland mit dem Flugzeug zurückgelegt. Komplett vermieden werden können wie diese jedoch nicht. Einerseits sind Lieferantenbesuche erforderlich, um die Einhaltung der strengen Beschaffungskriterien sicherzustellen, andererseits sind Flugreisen zu europäischen Händlern erforderlich. Innerhalb Deutschlands wird grundsätzlich nicht geflogen, und auch bei Reisen in angrenzende Länder wird, wo sinnvoll und abhängig von der Zugverbindung, die umweltverträgliche Bahn gewählt, bei der als Geschäftskunde durch den Einsatz von 100 % Ökostrom klimaneutral gereist werden kann (Quelle: memo Nachhaltigkeitsbericht).

Häcker Küchen in Rödinghausen beliefert über 60 Länder auf allen Kontinenten mit Küchen „Made in Germany“. Bei Dienstfahrten wird auch hier immer die Bahn präferiert. Das gilt auch für die Geschäftsführer. Darüber hinaus gibt es zwischen Häcker und OWL-Verkehr eine Vereinbarung über ein Firmen-Abo. Darüber haben Mitarbeiter die Möglichkeit, Monatstickets zum einem bis zu 21 % günstigeren Preis zu erhalten. Bei dienstlichen Flugreisen bewegen sich die Häcker-Mitarbeiter überwiegend innerhalb Europas.

In welchem Maße Strategien für grüne Geschäftsreisen umgesetzt werden, ist eine Frage der jeweiligen Unternehmenspolitik. Zur Sicherstellung ihrer Umwelt- und Qualitätsstandards ihrer Produkte und der laufenden Optimierung des Kundenservice sind Geschäftsreisen allerdings unvermeidbar und werden künftig weiter zunehmen.

Für die meisten Unternehmen ist nachhaltiges Handeln selbstverständlich, allerdings werden die Möglichkeiten im Bereich Mitarbeitermobilität und Geschäftsreisen häufig nicht optimal ausgeschöpft. Dabei steckt gerade in diesem Bereich ein enormes Potenzial für eine bessere ökologische Unternehmensbilanz. Seit über zehn Jahren beschäftigt sich der Verband Reisemanagement e. V. (VDR) in einem Fachausschuss intensiv mit dem Thema. Nach Angaben des VDR werden in Deutschland jährlich mehr als 11 Millionen Geschäftsreisen durchgeführt (Quelle: VDR). Die folgenden Tipps werden durch Unternehmensbeispiele komplettiert.

Bei der Planung der Geschäftsreise sollte darauf geachtet werden, dass möglichst viele Termine, die in der Nähe liegen, zeitnah koordiniert werden. Zudem sollte immer überprüft werden, ob persönliche Treffen nicht auch durch Web- und Videokonferenzen ersetzt werden können. Um die aus dem Außendienst resultierende Steigerung der Geschäftsreisen bei der memo AG in Greußenheim im Rahmen zu halten, werden – soweit möglich – mehrere Kunden innerhalb einer Geschäftsreise besucht.

Die meistgenutzten Fortbewegungsmittel auf Dienstreisen sind das Flugzeug, die Bahn und das Auto. Davon ist das Flugzeug das schnellste und sicherste Verkehrsmittel, doch Flugreisen gehören zu den größten Problemen beim Klimaschutz. Auf einer Strecke von 100 Kilometern stößt ein Flugzeug etwa 30 Prozent mehr CO2 aus als ein PKW - und mehr als fünfmal so viel wie ein Zug. Ein Hin- und Rückflug von Frankfurt nach Bangkok verursachen rund 5,5 Tonnen CO2 pro Fluggast. Ein Flug von München nach Berlin setzt einschließlich Rückflug pro Passagier 130 Kilogramm Co2 frei.

Geschäftsreisen sind einer der größten Verursacher für klimaschädliche Emissionen beim Outdoor-Ausrüster VAUDE. Vor allem Flugreisen in die Produktionsländer nach Asien, aber auch der Firmenfuhrpark, Bahnreisen und Hotelübernachtungen tragen dazu bei. Mit der VAUDE Reiserichtlinie, einer freiwilligen Selbstverpflichtung, soll erreicht werden, dass Geschäftsreisen möglichst reduziert, aber auch so umweltfreundlich wie möglich durchgeführt werden. Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, seine Emissionen aus dem Personenverkehr (Geschäftsreisen und Pendelverkehr) um 10% bis 2020 (Basisjahr 2015) zu reduzieren. Das ist allerdings eine große Herausforderung, denn bei Wachstum des Unternehmens ist die Reduzierung von Geschäftsreisen sehr schwierig. Hinzu kommt, dass durch die sehr „sparsame“ Anbindung von Tettnang-Obereisenbach und der meisten Wohnorte der VAUDE Mitarbeiter an öffentliche Verkehrsmittel und die Randlage innerhalb von Deutschland die richtige Mischung aus Ökologie, Zeitaufwand und Kosten für Geschäftsreisen eine besondere Herausforderung bleibt.

Grundsätzlich wird auch bei VAUDE die Bahn gegenüber dem Fliegen bevorzugt – insbesondere innerhalb Deutschlands und auf vielen europäischen Strecken: Bis zu einer Entfernung von 600 Kilometern ist die Bahn erste Wahl (zweite Wahl: Fahrgemeinschaft). Bei Strecken von über 600 Kilometern und bei einem zeitlichen Mehraufwand von mindestens 30 % ist Fliegen erlaubt.

Bei ista, einem der weltweit führenden Unternehmen bei der Verbesserung der Energieeffizienz im Gebäudebereich, entfällt der weitaus größte Teil des Ressourcenverbrauchs auf den Kraftstoffverbrauch der Dienstwagenflotte. Grundsätzlich wird auch hier versucht, Flugreisen zu reduzieren. Die interne Reiserichtlinie regelt, wann Flugreisen sinnvoll sind und wann auf Alternativen wie die Bahn zurückgegriffen werden soll. So haben die ista Mitarbeiter im Berichtsjahr rund 2.012.126 Personenkilometer mit der Bahn zurückgelegt. Dies entspricht einer Steigerung von 25 % im Vergleich zum Vorjahr. Als Geschäftskunden fahren sie in DB-Fernzügen mit 100 % Ökostrom und somit CO2-frei. Im Gegensatz dazu konnten die absoluten Dienstreisekilometer durch Flüge um 11 %, pro FTE sogar um 15 % reduziert werden (Quelle: ista Nachhaltigkeitsbericht 2017).

Zur Sicherstellung der Umwelt- und Qualitätsstandards der Produkte der memo AG und der laufenden Optimierung des Kundenservice sind Geschäftsreisen für den Ökoversender unvermeidbar. Als Geschäftskunde der Deutschen Bahn wird durch den Einsatz von 100 % Ökostrom auch hier klimaneutral gereist. Alle Mitarbeiter, die regelmäßig unterwegs sind, erhalten vom Unternehmen eine BahnCard. Innerhalb Deutschlands wird grundsätzlich nicht geflogen, und auch bei Reisen in angrenzende Länder wird - wo sinnvoll und abhängig von der Zugverbindung - die Bahn gewählt. Da Lieferanten aus Deutschland und Europa bevorzugt werden, wurde in den Jahren 2015 und 2016 lediglich eine einzige Flugreise unternommen. Diese verursachte 438 kg CO2e-Emissionen. (Quelle: memo Nachhaltigkeitsbericht) Für den Außendienst stehen drei Erdgasfahrzeuge und ein Dieselfahrzeug zur Verfügung.

Unternehmen haben die Möglichkeit, über ihr Geschäftsreisebüro oder auch online, die durch den Flug entstehende Klimabelastung durch freiwillige Kompensationszahlungen auszugleichen, indem die Anbieter von Kompensationszahlungen die Gelder in Klimaschutzprojekte investieren. Im Vergleich mit den Belastungen ist dieser Ansatz allerdings noch auf einem niedrigen Niveau. 2016 haben sechs der von der Stiftung Warentest unter die Lupe genommenen Organisationen im Geschäft mit Privatkunden rund 170.000 Tonnen CO2 kompensiert. Ein großer Teil davon entfällt auf den Anbieter Atmosfair, der zugleich Testsieger der Untersuchung war.

Lässt sich am Reiseziel ein Mietwagen nicht vermeiden, empfiehlt es sich, bei der Anmietung ein Elektroauto oder ein Modell mit Hybridantrieb zu wählen. Für Kurzstrecken ist auch Carsharing eine gute Alternative, das sich als Konkurrenz zu Taxen, Mietwagen oder öffentlichen Verkehrsmitteln in Großstädten mittlerweile etabliert hat. Auf Geschäftsreisen nutzen bisher schon 15 Prozent der Befragten der Studie „Chefsache Business Travel 2018“ dieses Angebot häufig, Männer und Frauen liegen hier fast gleichauf. 59 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass Carsharing in den nächsten Jahren auch bei Geschäftsreisen an Bedeutung gewinnen wird. Der Anteil der Männer mit dieser Einschätzung liegt bei 61 Prozent und damit um fünf Prozentpunkte höher als bei den Frauen.

DriveNow bietet in europäischen Metropolen Premiumfahrzeuge der Marken BMW und MINI zur Miete nach dem Free-Floating Prinzip an. Die Fahrzeuge können innerhalb eines definierten Geschäftsgebietes stationsunabhängig angemietet und wieder abgestellt werden. Die memo AG hat einen Partnervertrag mit einem Autovermieter abgeschlossen, um Langstrecken mit der Bahn zu tätigen und anschließend bei Bedarf für die Weiterfahrt in ländliche Gegenden auf einen Mietwagen zu wechseln.

Vielreisende sollten bei Abreise möglichst alle elektrischen Geräte (mit Ausnahme von Tiefkühltruhe und Kühlschrank) daheim auszuschalten, um Energie und Geld zu sparen. Heizung oder Thermostat sollten ebenfalls auf ein Minimum runterreguliert werden. Gereist werden sollte stets mit kleinem Gepäck. „Sag nein zu totem Gewicht“ lautet hier die Devise, denn auch das Gewicht des Gepäcks schlägt sich auf den CO2-Ausstoß nieder.

Antworten auf Fragen zum Thema nachhaltiges Reisen gibt das Handbuch „FAIRreisen“: Infokästen, Checklisten und ein ausführlicher Serviceteil informieren über seriöse Tourismussiegel oder die CO2-Kompensation der Reise. “Grüne Hotels” tragen in der Regel ein Umweltsiegel (z. B. Green Globe, ISO 14001 oder der DEHOGA Umweltcheck). Eine Übersicht über passende Tagungs- und Businesshotels bietet z.B. Biohotels. In Hotels kann der Wasserverbrauch durch Mehrfachverwendung von Handtücher und Bettwäsche reduziert werden. Zudem ist zu empfehlen, die Klimaanlage immer nur in kurzen Intervallen zu nutzen.

Weiterführende Informationen:

Claudia Silber und Alexandra Hildebrandt: Mobilität und Logistik: Richtige Wege, die nicht aufs Abstellgleis führen. Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2017.

Claudia Silber und Alexandra Hildebrandt: Gut zu wissen... wie es grüner geht: Die wichtigsten Tipps für ein bewusstes Leben. Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2016.

Frank Herrmann: FAIRreisen. Das Handbuch für alle, die umweltbewusst unterwegs sein wollen. oekom verlag München, 2016.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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