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Bessere Meetings: 5 einfache Regeln für effektivere Teambesprechungen

Schlecht vorbereitete Meetings kosten Zeit – und Nerven. Fünf einfache Regeln, mit denen Sie schnellere, effektivere und spannende Besprechungen organisieren können.

Von Rae Ringel

Jeder kennt es: Kaum hat man ein Meeting beendet, sucht man hektisch nach dem Zoom-Link für das nächste, atmet beim Klicken auf den „Beitreten“-Button kurz auf, nur um festzustellen, dass man es versäumt hat, sich ordentlich vorzubereiten: ein Dokument zu lesen, einen Vertrag zu prüfen oder wichtige Fragen zu beantworten, die als Gesprächsgrundlage dienen sollten.

Kein Wunder, dass man inzwischen beim Verteilen der To-dos in einer gemeinsamen Runde nur noch Stöhnen und Augenrollen erntet. Niemand weiß mehr wirklich, wann sie oder er die ihm übertragenen Aufgaben erledigen soll. Um den Stress nicht noch mehr zu erhöhen – und weil die allermeisten Hausaufgaben aus Meetings ohnehin nicht gemacht werden – haben sich die meisten Führungskräfte mit diesem Status quo abgefunden.

Dabei ginge es auch anders: Wenn ­Führungskräfte alle Besprechungsgäste bäten, die ersten 5 bis 20 Minuten jedes ­Meetings dafür zu nutzen, ein von ihnen vorab sorgfältig vorbereitetes, handlungsorientiertes Dokument durchzugehen.

Wenn ich meinen Gesprächspartnern ­vorschlage, in Besprechungen Zeit für die Vorbereitung zu reservieren, äußern diese häufig die Sorge, dass dies die Meetings nur noch mehr in die Länge ziehen würde. Das muss aber keineswegs der Fall sein.

Studien belegen, dass 70 Prozent aller Besprechungen Menschen im Grunde nur davon abhalten, ihre eigentliche Arbeit zu erledigen. Um den Effekt zu testen, bat ich eine Gruppe von Menschen, in ihren kommenden Besprechungen ganz ­bewusst am Anfang Zeit einzuplanen und alle Teilnehmenden aufzufordern, sich zunächst gemeinsam auf das Meeting vorzubereiten. Was soll ich sagen? Der überwiegende Teil meiner Gesprächspart­nerinnen und Gesprächspartner gab an, dass ihre Sitzungen durch ­diesen kleinen Eingriff nicht etwa langatmiger wurden, sondern stattdessen ­fokussierter und ­effektiver.

Die Zeit, in der man zu Beginn gemeinsam auf ein vorbereitetes Dokument schaut, ist gut investiert: Sie sorgt dafür, dass sich alle Teilnehmenden bei der anschließenden Diskussion auf demselben Stand befinden. Niemand ist mehr un­vorbereitet oder muss erst ­aufwendig mit Informationen versorgt werden, genauso wie kleinere Fragen schnell via Chat schriftlich geklärt werden können. Diese kleinen Maßnahmen sorgen nebenbei auch dafür, dass die Geduld derjenigen weniger strapaziert wird, die sich tatsächlich auf das Meeting vorbereitet haben.

Anstatt sich ständig im Kreis zu drehen, Dinge immer wieder aufs Neue zu ­besprechen oder in der Vergangenheit zu schwelgen, sorgt diese vergleichsweise winzige Störung dafür, dass ein Team die kostbare gemeinsame Zeit wirklich für die Dinge nutzt, die die gemeinsame Organisation nach vorn bringen: Also etwa um zu entscheiden, sich abzustimmen, sich abzugleichen oder Dinge zu genehmigen. Je mehr dieser produktiven Verben genutzt werden können, um den Kern einer Besprechung zu beschreiben, um so produktiver die Zusammenkunft.

Ein gründlich durchdachtes, sorgfältig ausgearbeitetes und prägnantes Memo zu einem Meeting bedeutet zusätzliche Arbeit für den Leiter oder die Leiterin der Besprechung. Und das ist gut so. Denn vor dem Hintergrund, dass immer mehr Mitarbeitende unter der Flut von Meetings leiden, sollte jeder, der ein Treffen anberaumt, eine klare Vorstellung vom Ziel dieser Besprechung haben. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels sollten Führungskräfte die vorhandenen Talente in ihrem Unternehmen lieber ­optimal nutzen (als unnötig stressen). ­Investiert die Meeting-Leitung Zeit und Mühe in die Vorbereitung eines gemeinsamen Dokuments, schärft und klärt sie automatisch den Zweck der Besprechung. Im Grunde fungiert dieser Prozess der Klärung wie ein Türsteher, der am metaphorischen Eingang jedes Treffens steht. Wird dieser Schritt übergangen, sollte man sich als Einladende oder Einladender eines Treffens besser zweimal überlegen, ob es sich lohnt, die Zeit der Teilnehmenden in Anspruch zu nehmen. Allein die bessere Vorbereitung macht die Treffen sehr viel zielgerichteter.

Der Versandhändler Amazon hat mit dieser verpflichtenden Vorbereitung sehr gute Erfahrungen gesammelt. Bei Amazon werden die ersten Minuten jeder ­Besprechung (oft sogar die erste halbe Stunde) damit verbracht, ein Memo durchzugehen, das als Gesprächsgrundlage für die folgende Besprechung dient. Laut Amazon-Gründer Jeff Bezos sollen diese Memos den „Kontext für eine gute Diskussion“ schaffen. Er wird zitiert: „Einer der Gründe, warum wir zu dieser gemeinsamen Lektüre übergangen sind, ist, dass viele Führungskräfte sonst wie Schulkinder dazu neigen, sich durch Sitzungen zu bluffen und nur vorgeben, dass sie das Material durchgearbeitet hätten. Wir haben alle mehr Arbeit als Zeit. ­Deshalb muss man auch so etwas wie Lektürezeit ganz bewusst integrieren.“

Die Memos helfen nicht nur Führungskräften. Ich habe während meiner Arbeit mit den unterschiedlichsten Gruppen bei dem Versandhändler gesprochen: Viele meiner Gesprächspartner gaben an, dass sie diese Form der schriftlichen Vorbereitung regelmäßig in ihre Besprechungen einbauen. Alle waren sich einig, dass es für sie inzwischen ungewöhnlich sei, wenn ein Meeting nicht mit dem gemeinsamen Memo-Durchsehen begänne. „Vorab zu formulieren, worum es gehen soll, hilft mir, klar zu denken“, sagte eine technische Beraterin, die in der Personalabteilung von Amazon arbeitet. „Wer ein Meeting einberuft, ist auch für die dazugehörende Recherche und Vorbereitung verantwortlich. Wenn das klar ist, kann man in einer Besprechung auch wirklich sofort loslegen und Probleme angehen.“

Auch wenn wir Sie mit unseren Argumenten von besser strukturierten Meetings überzeugt haben, mag es schwer sein, auch Ihr Team davon zu überzeugen. Hier kommen fünf einfache Regeln, die Ihnen bei der Einführung helfen können:

1. Seien Sie eindeutig

Falls es Ihnen zunächst anmaßend vorkommt, Mitarbeitende im Schreiben von Memos zu schulen, versichere ich Ihnen: Es ist sehr hilfreich. Viele von uns können besser Powerpoint-Präsentationen er­stellen als längere Texte verfassen. Bei Amazon gibt es deshalb inzwischen einen ­Leitfaden, in dem wirklich alles – von der Schriftgröße bis zu den Seitenrändern – für das Erstellen eines lesbaren und guten Memos festgelegt ist. Diese Detailgenauigkeit mag zunächst ab­schreckend wirken, doch es lohnt sich, gute Praktiken für die gesamte Organisation zu vereinheitlichen.

2. Bauen Sie interaktive Elemente ein

Damit die Diskussion gleich nach der ­gemeinsamen Stillarbeit rege losgehen kann, ist es hilfreich, ein interaktives ­Element zu planen. Fordern Sie etwa alle Teilnehmenden auf, ihre Gedanken, ­Fragen und Beobachtungen in einem ­gemeinsamen Dokument zu sammeln. Tools wie Google Docs, Wortwolken oder Mentimeter-Umfragen helfen dabei.

3. Seien Sie transparent

Niemand mag Extraarbeit. Deshalb ist es wichtig, Ihrem Team von vornherein klarzumachen, dass der Zweck dieser Übung nicht darin besteht, noch mehr Belastung zu verursachen oder Sitzungen in die Länge zu ziehen, sondern dass Sie die Zahl der überflüssigen Meetings deutlich reduzieren und die noch bestehenden Runden effizienter machen wollen.

4. Sorgen Sie für Interaktion

In Zweiergruppen können sich Teilnehmende nachweislich besser auf Aufgaben konzentrieren als in der Einzelarbeit. Erste Diskussionen in kleinen Gruppen ­lockern die Gesprächsatmosphäre auf, ­sodass das Brainstorming in der großen Gruppe anschließend leichter fällt.

5. Bringen Sie Papier mit

Viele Menschen verarbeiten Informationen schneller und effektiver, wenn sie sie auf Papier vor sich sehen und sich parallel zum Lesen Notizen machen können. ­Nutzen Sie diesen Effekt und bringen Sie zur nächsten Besprechung Ihre Tages­ordnungspunkte ausgedruckt mit.

Ich versichere Ihnen: Diese einfachen Regeln werden Ihnen helfen. Wer dafür sorgt, dass Meetings nicht mehr ohne Grund und Vorbereitung einberufen ­werden, und wem es gelingt, sein Team auf diese Reise mitzunehmen, der zeigt, wie wertvoll ihm jedes einzelne Teammitglied ist. Die Zeit, die wir miteinander verbringen, ist wertvoll – wenn Sie sorgsamer mit ihr umgehen, wird sie nur noch wertvoller. © HBP 2023

Autorin

Rae Ringelist Gründerin und Chefin von The Ringel Group, einem Beratungsunternehmen für die Entwicklung von Führungskräften. Sie ist Fakultätsmitglied des Institute for Transformational Leadership der Georgetown University und Gründungsdirektorin des dortigen Executive Certificate in Facilitation. Das Programm bereitet Führungskräfte darauf vor, Einzelgespräche und Meetings effektiv zu planen und zu moderieren.

Dieser Beitrag erschien erstmals in der April-Ausgabe 2023 des Harvard Business managers.

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