Bis zu 300.000 Euro Gehalt: Recruiter erleben massiven Nachfrage-Boom
Seit Beginn der Coronapandemie ist die Zahl der ausgeschriebenen Stellen für HR-Experten um 130 Prozent gestiegen, zeigt eine exklusive Auswertung. In welchen Fällen ein besonders hohes Gehalt lockt.
Berlin. Kompetente Personaler finden neue Talente, halten Mitarbeiter und sind damit entscheidend für den Unternehmenserfolg. Wer den Kampf gegen den Fachkräftemangel gewinnen will, der braucht auch in der Personalabteilung kompetentes Personal. Doch an dem mangelt es auch im Bereich Human Resources (HR). Und Recruiter sind deshalb aktuell sehr gefragt.
Das zeigt der aktuelle „Fachkräfte-Index“ der Personalberatung Hays, der dem Handelsblatt exklusiv vorliegt. Auch wenn der Boom langsam ein wenig abflacht, ist die Zahl der ausgeschriebenen HR-Stellen seit Beginn der Coronapandemie insgesamt um mehr als 130 Prozent angestiegen – und damit stärker als die Nachfrage nach den begehrten IT-Fachkräften.
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„Personaler sind heiß begehrt auf dem Arbeitsmarkt“, sagt Inga Dransfeld-Haase, Präsidentin des Bundesverbands der Personalmanager (BPM). Blieben Stellen vakant, bremse das im schlimmsten Fall die gesamte Entwicklung des Unternehmens.
Fast doppelt so viel Gehalt für Recruiter nach 15 Jahren
Das bietet Jobsuchenden gute Chancen. Es gibt in Personalabteilungen viele verschiedene Einstiegsmöglichkeiten. Je nach Berufserfahrung, Profil und Branche sind im Personalwesen zudem bis zu sechsstellige Jahresgehälter drin.
Wer in einer Personalabteilung viel verdienen will, braucht vor allem eines: Ausdauer. HR-Experten steigen mit einem durchschnittlichen Gehalt von 44.000 Euro im Vergleich zu Topverdienern wie Beratern oder Ingenieuren relativ gering ein. Nach zwei Jahren im Beruf erhöht sich das Gehalt jedoch schon auf 54.400 Euro. Wer länger als 15 Jahre mit dabei ist, bekommt im Durchschnitt 84.800 Euro.
Diese Gehaltsangaben stammen ebenfalls von Hays. Für ihren HR-Gehaltsreport hat die Personalberatung im vergangenen Herbst rund 1250 Personalerinnen und Personaler zu ihrer Gehaltssituation befragt. Alle Angaben beziehen sich auf das Bruttojahresgehalt.
Selbst Führungskräfte starten dabei mit einem eher geringen Verdienst. Ein Teamleiter, der bis zu fünf Jahre Berufserfahrung mitbringt, bekommt laut den Daten von Hays im Schnitt rund 49.900 Euro – also kaum mehr als jemand, der keine Personalverantwortung trägt.
Danach sind aber beachtliche Sprünge drin. Nach sechs Jahren im Job kommen HR-Führungskräfte im Schnitt auf 75.600 Euro. Ein Bereichsleiter mit mehr als 15 Jahren Berufserfahrung verdient jährlich im Durchschnitt sogar 141.200 Euro brutto.
Recruiter erwartet mit Führungsverantwortung ein bis zu sechsstelliges Gehalt
Wer es als Personaler in eine Spitzenposition schaffen will, der muss nicht nur Ausdauer mitbringen, sondern auch vielseitig sein, sagt Kevin Flunk. Er vermittelt seit mehreren Jahren für die Agentur HRblue Personalexperten in Führungs- und Spezialistenpositionen. Je höher die Funktion, umso mehr müsse ein Mitarbeiter neben den klassischen HR-Themen auch die Geschäftsziele und die Strategie eines Unternehmens verstehen, sagt Flunk.
Zahlenaffinität, ein gutes Netzwerk und IT-Kenntnisse für automatisierte Recruiting-Prozesse seien hier ebenso gefragt wie Kommunikationsfähigkeit und Empathie. Internationale Erfahrung sei ein weiterer Pluspunkt.
Wer es ins Management oder die Geschäftsführung schafft, kann dann auch mit einer sehr guten Bezahlung rechnen. „Je nach Branche und Größe der Unternehmen sind Gehälter im Bereich 180.000 bis 300.000 Euro möglich“, sagt Flunk. Schafft es jemand ins C-Level, können auch noch höhere Beträge drin sein. Besonders lukrativ seien Branchen wie Chemie, Pharma, Banken und Technologie. Konzerne würden zudem in der Regel besser zahlen als der Mittelstand.
Dax-Konzerne suchen vermehrt nach Personalern
Die Aussichten auf einen Job in der Personalabteilung eines deutschen Topkonzerns stehen derzeit gut. Laut einer Auswertung der Jobplattform Indeed sind bei den 40 Dax-Unternehmen aktuell 420 Stellen im HR-Bereich vakant. Besonders hoch ist der Bedarf etwa bei Eon, BASF oder der Deutschen Post.
Aufgeschlüsselt nach einzelnen Positionen ohne Führungsverantwortung, erzielen HR-Businesspartner – die Schnittstellen zwischen Führungsebene und Mitarbeitenden – das höchste Gehalt, zeigen die Hays-Daten. Hier sind bis zu 80.300 Euro drin. „Leitet jemand dann auch noch einen Bereich und ist dazu in der Industrie beschäftigt, kassiert er zusammen mit anderen Bereichen sicherlich mit die höchsten Bezüge“, sagt Christof Gastmeyer, Managing Expert bei Hays.
Dafür müsse man aber auch einiges leisten. „Branchen- und unternehmerisches Know-how ist die erste Dimension, die auf ein überdurchschnittliches Gehalt einzahlt“, so Gastmeyer. Die zweite sei eine fachliche Expertise. Wer sich zum Beispiel als einzige Person im Unternehmen mit den Feinheiten auskenne, um einen Mitarbeiter ins Ausland zu entsenden, bekomme ebenfalls mehr Geld. Und Nummer drei ist eben Führungsverantwortung.
Hohe Nachfrage nach Human-Resources-Experten lässt Gehälter steigen
Die Karrierewege in einen HR-Job sind dabei sehr divers. Anders als etwa beim Ingenieur entspringe das Berufsfeld des Personalers nicht einem klassischen Ausbildungsberuf, sagt Hays-Experte Gastmeyer. „Für Absolventen von beispielsweise BWL, Jura oder Sozialpädagogik ist der Schritt in die HR-Abteilung nur einer von vielen möglichen.“ Die Herausforderung sei, dass sich Experten aus den genannten Bereichen überhaupt für die Personalarbeit entscheiden.
Eine Stellschraube ist das Gehalt – und das ist laut Gastmeyer in den vergangenen zwei Jahren in Personalabteilungen überproportional gestiegen. Auslöser seien höhere Forderungen der HR-Experten gewesen.
Wer das Unternehmen gewechselt habe, konnte mit einem Plus von zehn bis 15 Prozent rechnen, sagt der Experte. Bei denjenigen, die bei ihrem Arbeitgeber geblieben seien, habe sich der Verdienst zwischen drei und sieben Prozent erhöht. „Aktuell sehen wir allerdings keine Steigerungen auf den Positionen mehr“, sagt Gastmeyer. „Die Personalergehälter haben sich auf einem höheren Niveau als noch vor zwei Jahren eingependelt.“
Durch den Mangel an Personalern hätten auch Quereinsteiger bessere Chancen, sagt BPM-Präsidentin Dransfeld-Haase. Wer Sales- oder Kommunikationserfahrung mitbringe, der eigne sich zum Beispiel gut für eine Stelle im Recruiting oder im Employer Branding. Habe jemand einen medizinischen Hintergrund, könne er zum Beispiel im Bereich Personalgesundheit eine Stelle finden.
Um gutes Personal in die HR-Abteilungen zu locken, sei neben dem Gehalt auch die Unternehmenskultur entscheidend, sagt Dransfeld-Haase: „Bei der nächsten Krise die Personalbudgets zusammenstreichen, das geht nicht mehr.“ Wer den HR im Unternehmen eine Schlüsselposition gebe, der mache die beste Eigenwerbung. „Gute Personaler ziehen schließlich gute Personaler an“, erklärt sie.
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