Vor allem für digitale Geschäftsfelder suchen Unternehmen gerade händeringend Fachkräfte. - unsplash/wocintechchat.com
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Bis zu 90.000 Euro dank Branchenwechsel: Diese zehn Quereinsteiger-Jobs boomen gerade

Wer jobtechnisch umsatteln will, hat derzeit beste Chancen. Aber nicht überall lohnt sich der Quereinstieg finanziell.

Düsseldorf, Köln. Die Deutschen sind Quereinstiegsmuffel: Etwa jeder sechste wechselt hierzulande im Jahr zwar den Betrieb, aber nur weniger als jeder neunte komplett den Beruf. Das zeigen Zahlen des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.

Doch mit der Pandemie hat bei vielen Beschäftigten das Grübeln eingesetzt: Bin ich da, wo ich sein will – bei meinem jetzigen Arbeitgeber? In meiner Branche? Mit meiner Qualifikation?

Für Quereinstiegswillige ist oft jedoch schwer einzuschätzen, wie gefragt ein Job am Arbeitsmarkt ist, welche Voraussetzungen für den neuen Bereich vonnöten sind – und inwiefern sich der Wechsel finanziell lohnt.

In der folgenden Übersicht haben wir deshalb zehn Quereinstiegsmöglichkeiten betrachtet, die derzeit stark nachgefragt sind, mit Angaben, was sich verdienen lässt:

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1. Beratung und Wirtschaftsprüfung

Beratungsjobs haben eigentlich immer Konjunktur am Arbeitsmarkt. Allein im Bereich Wirtschaftsprüfung ist die Anzahl der Stellen laut der Onlinedatenbank index.de seit Corona noch mal um knapp 30 Prozent gestiegen.

Und: „Die Unternehmensberatung ist eine Branche, die sehr offen für Quereinsteiger ist“, sagt Tim Verhoeven, Senior Manager Employer Insights bei Indeed. „Wenn man genug Praxiserfahrung hat, kann man etwa aus einer Bank in eine Beratung wechseln, die Banken berät.“ Gerade Wirtschafts- und Naturwissenschaftler seien in der Branche beliebt, ergänzt Korbinian Nagel, Arbeitsmarktökonom bei gehalt.de.

Topabschlüsse sind in der Branche ein Muss. Dafür bieten die Beraterjobs finanziell viel: Laut Indeed erhalten Unternehmensberater ein Jahresdurchschnittsbrutto von 62.000 Euro. Eine Wirtschaftsprüferin kommt sogar auf 70.000 Euro. Bei bekannten Wirtschaftsprüfern wie PwC oder EY oder bei Strategieberatungen wie BCG oder McKinsey ist deutlich mehr als der Durchschnitt drin.

2. Recruiter

Aktuell sind in Deutschland so viele Stellen ausgeschrieben wie lange nicht mehr. Das bringt Personaler in eine Schlüsselposition. Sie müssen schnell viele gute Leute finden. Entsprechend hoch ist die Nachfrage nach HR-Experten derzeit. Laut index.de werden aktuell 68 Prozent mehr Recruiter gesucht als noch vor der Pandemie.

Für den Job bietet sich der Wechsel innerhalb des Unternehmens an: Sind Sie heute im Marketing oder Vertrieb einer Firma tätig und möchten sich in eine andere Richtung weiterentwickeln, ist der Schritt in den Personalbereich eine gute Option. Verdienen können Sie als Senior Recruiter im Durchschnitt 55.000 Euro pro Jahr.

3. Vertriebler

Der Vertrieb ist eine der besten Branchen für Quereinsteiger, denen Verkaufs- und Verhandlungsgespräche liegen. „Hier kommt es auf die Begabung an, andere zu überzeugen, und nicht auf eine besondere Ausbildung“, unterstreicht Nagel von gehalt.de.

Hilfreich ist es, wenn man schon Know-how aus der Branche mitbringt, in der man sich bewirbt. „Zusätzlich zum Grundgehalt gibt es die Möglichkeit, durch den flexiblen Gehaltsanteil gut bis sehr gut zu verdienen“, sagt Indeed-Experte Verhoeven. Als Junior Sales Manager sind durchschnittlich pro Jahr 54.000 Euro drin. Mit etwas Erfahrung können sich Quereinsteiger nach ein paar Jahren auch auf Leitungspositionen bewerben. Auf Vertriebsstellen ist die Bewerberresonanz üblicherweise nicht so hoch wie in anderen Bereichen, sie sind aber immer gefragt.

4. Softwareentwickler

„Programmieren lernen? Viel zu kompliziert.“ Das gilt nicht mehr unbedingt. 86.000 IT-Stellen sind laut Branchenverband Bitkom in Deutschland derzeit unbesetzt. Eine Riesenlücke sehen Experten in der Softwareentwicklung.

Oft lassen sich Grundkenntnisse schon in Bootcamps oder Coding-Schulen wie „42 Wolfsburg“ oder „42 Berlin“ in wenigen Monaten erlernen. Hinter der Finanzierung solcher Ausbildungszentren stecken oft große Konzerne wie Volkswagen, SAP oder Microsoft. Im Gegenzug gibt es für Absolventen praktisch eine Jobgarantie.

Und die Aussicht, sehr viel Geld zu verdienen. Eine Einsteigerin, die die Programmiersprache Java beherrscht, kommt laut Indeed auf 64.000 Euro Durchschnittsgehalt. Bei Nischensprachen wie Rust sind sogar 90.000 Euro für Quereinsteiger drin.

5. PR-Manager

Public Relations, kurz PR, ist „eine klassische Quereinstiegsmöglichkeit“, sagt Indeed-Experte Verhoeven. Ein spezifisches Studium ist zwar gern gesehen, aber nicht erforderlich, um diesen Karriereweg einzuschlagen. Am wichtigsten ist einschlägige Kommunikationsexpertise. Oft kommen Quereinsteiger aus den Sprach- oder Geisteswissenschaften.

Laut dem aktuellen Stepstone-Gehaltsreport kommen Fachkräfte im Bereich Marketing und PR auf 60.174 Euro Bruttodurchschnittsgehalt im Jahr. Mit Führungsverantwortung sind im Schnitt 19 Prozent mehr drin.

6. Produktmanager

Wie einfach und erfolgreich der Quereinstieg als Produktmanager sei, komme auf das Produkt an, sagt Tim Verhoeven von Indeed. Während in manchen Branchen sehr spezifische Qualifikationen erforderlich seien, gelinge der Quereinstieg bei digitalen Produkten einfacher.

„Als Produktmanager kann man mit vielen Ausbildungshintergründen arbeiten, weil es die verschiedensten Produkte gibt, die alle unterschiedliches Wissen erfordern“, betont auch Arbeitsökonom Nagel. Das Gute: In letzter Zeit ist laut Indeed die Bewerberresonanz auf Produktmanagerstellen gesunken, dafür liegt das Gehalt mit 77.000 Euro im Mittel relativ hoch.

7. SEO-Manager

Egal ob im E-Commerce, der Kommunikationsbranche oder in der klassischen Industrie: Überall wollen Unternehmen im Internet möglichst rasch gefunden werden. Suchmaschinenoptimierung – auch SEO genannt – ist daher in vielen Branchen relevant und wird in Pandemiezeiten immer wichtiger.

Das erklärt auch, warum laut index.de die Zahl der Gesuche im SEO-Bereich – verglichen mit der Zeit vor Corona – um unglaubliche 173 Prozent gestiegen ist. Oft reichen ein paar Grundkenntnisse oder Mikrozertifikate, um in dem Bereich Fuß zu fassen. Dafür liegt das durchschnittliche Bruttojahresgehalt mit 45.000 Euro eher auf gehobenem Jobeinsteiger-Niveau.

8. Projektmanager

„Je schwammiger die Jobbezeichnung ist, desto weniger Zugangsbarrieren gibt es in der Regel“, sagt Tim Verhoeven von Indeed. Für das Projektmanagement ist keine besondere Ausbildung gefragt. Oft reichen Zertifizierungen aus – etwa zum Scrum-Master, also zum Experten für agiles Projektmanagement im Bereich Softwareentwicklung. „Hier kommt es auf das Organisationstalent an. Das können auch Leute mitbringen, die keine Projektmanagement-Erfahrung haben, dafür aber einen fachlichen Bezug zu den Projekten“, sagt gehalt.de-Experte Nagel.

Der Konkurrenzkampf um die Stellen ist hoch: Laut Indeed liegt die Bewerberresonanz auf Projektmanagementstellen derzeit 39 Prozent höher als bei einer durchschnittlichen Stellenanzeige. Dafür winkt mit 70.000 Euro ein attraktives Durchschnittsgehalt.

9. Online-Marketing-Manager

„Digitales Marketing ist eine Disziplin, die immer wichtiger wird und die man sich schnell durch Kurse aneignen kann“, sagt Tim Verhoeven von Indeed. „Wenn man Begeisterung für soziale Medien mitbringt und keine Berührungsängste hat, was Datenanalyse angeht, ist das eine gute Wahl für einen Quereinstieg.“ Die Nachfrage jedenfalls ist da. Allein im dritten Quartal 2021 waren in dem Bereich laut index.de 86 Prozent mehr Stellen ausgeschrieben als noch vor Corona.

Das Gehalt hängt laut Verhoeven stark vom Arbeitgeber ab. Den Durchschnittswert gibt Indeed mit 50.000 Euro brutto im Jahr an. Wer als Online-Marketing-Manager bei einem Dax-Unternehmen anheuert, kann wesentlich mehr verdienen.

10. Coach

Sie haben keine Angst vor der Selbstständigkeit? Dann könnte der Quereinstieg als Coach etwas für Sie sein. Denn der Markt boomt – vor allem in Pandemiezeiten. Wer im Karrierenetzwerk LinkedIn nach „Coach“ sucht, erhält 75.000 Treffer. Und: Es werden immer mehr. „Dafür ist Erfahrung in einem Beruf – egal in welchem – sehr relevant“, sagt Nagel.

Wer jahrelang Personalentwicklung in einem Unternehmen gemacht hat, kann als Karrierecoach gutes Geld verdienen, wenn er es geschickt anstellt und genügend Aufträge an Land zieht. Der durchschnittliche Stundensatz eines Coachs liegt bei 165 Euro, wie die Fachzeitschrift „Manager Seminare“ zuletzt 2019 ermittelte. Im Topmanagement sind noch einmal höhere Honorare drin. Dafür müssen selbstständige Berater viele Abgaben miteinkalkulieren. Laut Indeed liegt der durchschnittliche Jahresverdienst für die Jobbeschreibung Coach bei 60.000 Euro.

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