Oliver Zipse auf der BMW-Hauptversammlung. Der CEO will an seiner Strategie festhalten. - (Foto: BMW)
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„Blackberry der Automobilindustrie“: BMW-Investoren fordern Enddatum für Verbrenner

BMW agiert zu zögerlich bei der Antriebswende, monieren Aktionäre. CEO Zipse widerspricht vehement. Sein Weg sei zwar nicht Mainstream, aber wirksam.

München. Es ist kein Jahrzehnt her, da galt BMW hierzulande noch als großer Pionier in puncto Elektromobilität. Tatsächlich haben die Münchener 2013 mit dem i3 als erster deutscher Fahrzeughersteller überhaupt ein Stromvehikel in Serie gebracht. Mehr als eine Viertelmillion Einheiten von dem Modell hat BMW bis dato verkauft. Im Juli wird das Fabrikat dennoch eingestellt.

Einige Aktionäre beunruhigt das. Während Konkurrenten wie Mercedes-Benz, Audi, Volvo oder Jaguar bis Ende der Dekade entweder nur noch oder nahezu ausschließlich Elektroautos verkaufen möchten, weigert sich BMW konsequent, schnell auf den Vertrieb von Dieseln, Benzinern und Plug-in-Hybriden zu verzichten.

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre hält das für einen schweren Fehler und lehnt im Zuge der virtuellen Hauptversammlung von BMW die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat ab. „BMW muss ein Enddatum für den letzten Verbrennungsmotor nennen“, heißt es vom Verband. Im Konzern solle ein „Umdenken“ erfolgen und eine Premiumstrategie neu definiert werden: Kleine, umweltfreundliche Fahrzeuge müssten dabei im Fokus stehen anstatt große Spritschlucker.

„Machen Sie Ernst und Tempo bei der CO2-Reduktion, der Kampf gegen den Klimawandel duldet keinen Aufschub“, fordert Janne Werning von Union Investment. BMW müsse zum Vorreiter der nachhaltigen Transformation werden und eine überzeugende Börsenstory erzählen. Derzeit verkaufe sich der Konzern aber unter seinem Wert. „Der Börsenwert von BMW liegt deutlich unter dem Eigenkapital, das kann nicht Ihr Anspruch sein.“

Auch Inyova bringt sich bei BMW als kleiner, aber umso aktiverer Investor ins Spiel. Aus Sicht der Schweizer läuft das deutsche Vorzeigeunternehmen gerade Gefahr, zum „Blackberry der Automobilindustrie“ zu verkommen.

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Klimagesetze sollten im Vordergrund stehen

BMW konzentriere sich zu sehr auf Technologien rund um Verbrennungsmotoren und unterlaufe mit seiner Lobbyarbeit wichtige Klimagesetze, moniert Inyova. Sollten die Münchener nicht zügig umsteuern, könnten sie ähnlich tief fallen wie einst der kanadische Smartphone-Vorreiter. Nicht zuletzt, weil zumindest in Europa ab 2035 wohl nur noch Autos mit elektrischen Antrieben verkauft werden dürfen. Eine Zustimmung zu diesem Plan zeichnet sich im Europaparlament und im Rat der EU-Mitgliedstaaten ab.

Oliver Zipse, Vorstandschef von BMW, hält dennoch an seiner Strategie fest: „Behauptungen, Ankündigen, Luftschlösser – das ist unsere Sache nicht.“ BMW stehe für Taten und liefere, was das Unternehmen verspreche. „Wir haben zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Produkte und Technologien im Markt.“

Jeder Antrieb leiste einen Beitrag, um klimaschädliche Kohlendioxidemissionen zu senken – moderne Ottomotoren und Selbstzünder genauso wie Batterieantriebe oder die wasserstoffbasierte Brennstoffzelle. „Der BMW-Weg ist nicht Mainstream, dafür aber hochwirksam.“

Technologieoffenheit und flexible Architekturen seien keine Schwäche, sondern eine Stärke, sagt Zipse. Die neue 7er-Reihe bietet sein Konzern bewusst mit vier unterschiedlichen Antrieben an. Wer zu früh alles auf die batterieelektrische Karte setzt, macht sich aus seiner Sicht selbst klein und beraubt sich der Chance, auch noch in jenen Märkten Fahrzeuge zu verkaufen, in denen die Ladeinfrastruktur nicht so schnell ausgebaut wird wie in Europa.

Dennoch will auch BMW bis Ende der Dekade mindestens die Hälfte seines Absatzes mit vollelektrischen Modellen generieren. Acht reine Stromer haben die Bayern bald im Programm. „Unsere Auftragsbücher sind prall gefüllt“, erklärt Zipse. Besonders gefragt seien etwa die beiden neuen Stromer i4 und iX. In Summe stellt BMW dieses Jahr infolge von Halbleitermangel, Covid-Lockdowns und des Ukrainekriegs aber lediglich einen Absatz auf dem Niveau des Vorjahres in Aussicht, als der Konzern 2,5 Millionen Fahrzeuge verkauft hat.

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Schrumpfende Marge

Das Betriebsergebnis dürfte zwar aufgrund der erstmaligen Vollkonsolidierung des lukrativen Joint-Venture-Geschäfts in China merklich ansteigen. Zugleich rechnet BMW allerdings mit einer leicht schrumpfenden Marge in der zentralen Autodivision. Hier haben die Bayern im vergangenen Jahr eine Umsatzrendite von 10,3 Prozent erzielt. Für 2022 strebt BMW hingegen nur noch einen Wert von sieben bis neun Prozent an, während Rivalen wie Mercedes deutlich zweistellige Gewinnspannen versprechen.

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BMW müsse auch bei der Profitabilität Premium liefern, fordert Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei Deka Investment. „Das Ziel muss ein hohes Volumen bei hoher Marge sein.“ Die Strategie, beim Antrieb alle Technologien weiterzuentwickeln, statt sich zu fokussieren, koste viel Geld. Pro Fahrzeug erleide BMW dadurch einen komparativen Wettbewerbsnachteil von 200 bis 300 Euro. Zudem würden die Bayern ihre Flottenverbrauchsziele in China und den USA aus eigener Kraft verfehlen. Dadurch ergeben sich „massive Reputationsrisiken“, fürchtet Speich.

„Eine zu stark ausgeprägte Risikovermeidungsstrategie zahlt sich dauerhaft nicht aus“, mahnt der Kapitalmarktexperte. „Das Problem für BMW ist: Wenn man so stark auf Volumen schaut und alle Kunden mit verschiedenen Antriebsarten bedienen will, besteht in der Übergangszeit zur Elektromobilität die Gefahr, dass sich die Marktanteile der Elektrofahrzeuge zugunsten von spezialisierten Anbietern wie Tesla verschieben.“

BMW-Chef Zipse hält die Kritik der Investoren für unberechtigt und scheut auch den Wettbewerb mit Tesla nicht. „Volumen ist nicht alles. Doch ohne begehrte Produkte ist alles andere nichts.“ BMW habe trotz Coronakrise seinen Weltmarktanteil erhöht. Die beiden Großaktionäre Stefan Quandt und Susanne Klatten stehen zudem geschlossen hinter dem Management. Zumal der Konzern für 2021 seine Dividende kräftig erhöht, von 1,90 auf 5,80 Euro je Vorzugsaktie. In Summe beteiligt BMW seine Anteilseigner mit 3,8 Milliarden Euro am Gewinn des abgelaufenen Geschäftsjahrs.

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