Blumes Geduldsprobe – VW-Chef erwartet langwierigen Konzernumbau
Im Interview äußert sich Konzernchef Oliver Blume erstmals ausführlich zu den Renditeprogrammen – und schiebt Erwartungen an die Aktie in die Zukunft.
Wolfsburg. Volkswagens Konzernchef Oliver Blume stimmt Mitarbeiter und Investoren von Europas größtem Autobauer auf einen langwierigen Umbauprozess ein. „Die Automobilindustrie ist langzyklisch“, sagte der 55-Jährige im Interview mit dem Handelsblatt: „Viele Ergebnisse werden sich in drei bis fünf Jahren bewerten lassen. Das bildet sich nicht automatisch gleich im Aktienkurs ab.“
Blume führt den Volkswagen-Konzern seit einem Jahr in Doppelfunktion zu seinem Amt als Porsche-Chef. Seither ist der Kurs der VW-Aktie um etwa ein Viertel gefallen.
Die wichtigste Aufgabe des Topmanagers ist es, den Konzern in der Transformation hin zur Elektromobilität wirtschaftlich besser aufzustellen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, ist es nötig, das Renditeniveau in den nächsten Jahren von aktuell acht auf zehn Prozent zu heben, bis 2027 soll zudem der Umsatz jährlich um fünf bis sieben Prozent zulegen.
Dazu hat sich jede der zwölf Konzernmarken feste Rendite- und Kostenziele gesetzt. Erfolgsentscheidend dafür ist die Pkw-Kernmarke VW, die mehr als die Hälfte der Konzernauslieferungen an die Kunden trägt. Dort soll die Marge mittelfristig von vier auf 6,5 Prozent wachsen. Dafür sind Einsparungen und Effizienzsteigerungen in Höhe von zehn Milliarden Euro notwendig.
Die Ergebnisprogramme „entwickeln sich über die Zeit“, sagte Blume. Mit Blick auf die üblicherweise im November anstehende Investitionsplanungsrunde sagte der Konzernchef: „Wir liegen gut in der Zeit.“ Allerdings würden bis dahin nicht alle Maßnahmen in jeder Marke feststehen.
Bei der Planungsrunde werden die Investitionssummen der verschiedenen VW-Geschäftsbereiche festgelegt. Zuletzt ging es dabei um Summen in der Größenordnung von 180 Milliarden Euro. Auch die Belegung der insgesamt 120 VW-Werke ist dort Thema. Blume räumte „technische Überkapazitäten“ in einigen VW-Fabriken ein, klammerte das Thema Personalabbau aber bewusst aus. „Wir konzentrieren uns auf unser Stammpersonal und bestehende Standortsicherungen.“
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Volkswagen kämpft mit einer Flaute bei der Nachfrage nach Elektroautos. Am Standort Zwickau waren wegen der Kaufzurückhaltung bei Elektroautos vergangene Woche die Verträge von 269 befristet Beschäftigten nicht verlängert worden. Am Standort Dresden wird die Produktion nach Angaben aus Konzernkreisen wahrscheinlich eingestellt. In der „Gläsernen Manufaktur“ hatte VW indes nur wenige E-Autos gefertigt. Nach einem Bericht der „Automobilwoche“ soll die Entscheidung zeitnah fallen. VW wollte den Bericht weder bestätigen noch dementieren und verwies auf laufende Verhandlungen und die Beschäftigungssicherung am Standort.
Lesen Sie hier das gesamte Interview mit Oliver Blume:
Herr Blume, Sie sind jetzt ein Jahr im Amt. Das war ein Jahr, in dem sich so klar wie seit Jahren nicht mehr die Schwäche des Standorts Deutschland gezeigt hat. Niedrige Produktivität, hohe Kosten, viel Bürokratie: Nun läuft die Debatte über die Zukunft dieses Landes. Was muss aus Ihrer Sicht passieren, damit Deutschland seine Spitzenposition halten kann?
Zunächst finde ich, dass die Stimmung in Europa und speziell in Deutschland positiver sein könnte. Wir haben Wohlstand, ein starkes Sozialsystem, ein hohes Bildungsniveau und vieles mehr. Gleichzeitig sollten wir die Lage genau analysieren und entschlossen handeln. Wir brauchen Fokus und Tempo.
Was meinen Sie damit?
Die Generationen vor uns haben unser Land aufgebaut und im positiven Sinn zu dem gemacht, was es heute ist. Mit Blick auf den weltweiten Wettbewerb gehen für mich Diskussionen um mehr Work-Life-Balance oder eine Viertagewoche bei gleicher Bezahlung in die falsche Richtung. Wir sollten in Chancen denken, unseren Pioniergeist bewahren, die Ärmel hochkrempeln und stärker honorieren, wenn jemand mehr leistet.
In einer Wirtschaft mit nahezu Vollbeschäftigung und Fachkräftemangel werden Sie sich an solche Forderungen gewöhnen müssen, oder?
Ein konstruktiver Austausch mit unterschiedlichen Positionen ist richtig und notwendig. Mir geht es um das große Bild – um die Zukunft unserer Gesellschaft. Wenn ich schaue, möglichst wenig zu arbeiten und dabei denke „Alles geht schon von allein“, dann mache ich das zulasten anderer. Unser Land wird getragen vom Anpacken und Umsetzen. Wir tragen Verantwortung für künftige Generationen.
Wie würde Ihre Agenda für Deutschland aussehen?
Für die politische Agenda in Deutschland ist die Politik zuständig. Gleichzeitig lassen sich Parallelen ziehen zwischen dem Staat und einem Unternehmen. Bevor ich als CEO des Volkswagen-Konzerns angetreten bin, habe ich die wichtigsten Prioritäten herausgearbeitet. Daraus ist ein Zehn-Punkte-Plan entstanden mit klaren Leitplanken und Zielen für die Neuausrichtung des Konzerns. Auch Deutschland sollte sich fokussieren.
Wie?
Wir leben maßgeblich von Technologien, unserer Industrie und dem damit verbundenen Export von Gütern. Hier gilt es, uns auf die richtigen Zukunftsfelder zu konzentrieren. Dazu müssen auch Rahmenbedingungen für Unternehmen passen – wettbewerbsfähiges Forschen, Entwickeln und Produzieren sind essenziell.
Praktisch, dass Sie als größter Automobilkonzern im Land genau davon profitieren würden.
Mein Blick reicht deutlich über den Volkswagen-Konzern hinaus. Es geht um den Industriestandort Deutschland und um die richtigen Prioritäten für Technologiefelder. Dazu gehören auch Bereiche wie Halbleiter, Chemie oder Software. Zudem finde ist es wichtig, die regenerative Energieerzeugung aus Sonne und Wind auszubauen. Dafür hat die Bundesregierung die richtigen, ehrgeizigen Ziele gesetzt. Im Sinne grünen Stroms und stabilerer, niedrigerer Preise. Wie im Unternehmen ist auch im Land eine gesamthafte, zielgerichtete Agenda entscheidend.
VW befindet sich – ähnlich wie Deutschland – gerade in einem perfekten Sturm. Die Nachfrage nach Elektroautos in Europa trübt sich ein, die Rendite ist mager. Dazu kommt die starke Konkurrenz der Chinesen. Bereuen Sie manchmal die Doppelrolle als Konzern- und Porsche-Chef angenommen zu haben?
Überhaupt nicht. Das war für mich damals eine wichtige Grundlage bei der Entscheidung, den Vorstandsvorsitz des Volkswagen-Konzerns zu übernehmen. Wenn ich die richtigen strategischen Entscheidungen auf Konzernebene treffen will, muss ich operativ in einer Marke arbeiten, eng an den Technologien, den Prozessen und den Menschen. Das ist bei Porsche der Fall.
Mit Blick auf den Aktienkurs hat Ihr Vorgänger allerdings mehr geliefert als Sie. Seit Ihrem Amtsantritt ist der Kurs der VW-Aktie um etwa ein Viertel gefallen.
Der Aktienkurs von Porsche hat sich seit dem direkten Einstieg in den Dax allerdings sehr positiv entwickelt. Zum Konzern kann ich sagen: Unser Zehn-Punkte-Plan ist nach vorn gerichtet und setzt auf nachhaltiges Wachstum. Wir kommen schneller voran als geplant und haben in den letzten Monaten viele wichtige strategische Weichen gestellt. Die Automobilindustrie ist langzyklisch. Viele Ergebnisse werden sich in drei bis fünf Jahren bewerten lassen. Das bildet sich nicht automatisch gleich im Aktienkurs ab.
Die UBS hat Ihnen gerade erst ein Downgrade verpasst und prognostiziert, dass die Hälfte Ihres Gewinns auf dem Spiel steht, wenn Chinas Autobauer weiter in diesem Tempo wachsen. Lässt Sie so etwas kalt?
Wir haben Programme aufgesetzt, die genau in die andere Richtung zeigen. Ich respektiere und schätze jede Art von Wettbewerb. Er spornt an und darüber entstehen Innovationen im Sinne unserer Kundinnen und Kunden. In den 80er-Jahren waren es die Japaner, die nach Europa kamen. Später kam der Wettbewerb aus Korea. Am Ende ist der Volkswagen-Konzern immer gestärkt aus solchen Wellen hervorgegangen. Das ist auch dieses Mal unsere Absicht.
Die Programme, die Sie angesprochen haben, gelten für alle Ihrer zwölf Marken. Auf Konzernebene heißt das Ziel: zehn Prozent Rendite bis Ende des Jahrzehnts, bis dahin soll der Umsatz jährlich um fünf bis sieben Prozent wachsen. Wie soll das gelingen, in einer Zeit, in der Sie Ihre Absatzziele zuletzt nach unten korrigieren mussten?
Zunächst erwarten wir in diesem Jahr ein deutliches Absatzplus. Gleichzeitig ist das allein nicht mehr unsere oberste Motivation. Uns geht es um ein wertschaffendes Wachstum. Wir nennen diesen Ansatz „Value over Volume“. Dahinter steht ein neues Führungsmodell, welches das Unternehmertum in unseren Marken deutlich stärkt. Zum Beispiel werden wir weniger Fahrzeuge auf Lager produzieren, die dann möglicherweise mit hohen Rabatten verkauft werden müssten. Wir orientieren unsere Produktion deutlich stärker am Markt.
„Value over Volume“ – heißt das auch, Sie setzen die Preise rauf?
Nicht unbedingt. Wir verbessern die Ertragsseite und unsere Kostenposition. Gleichzeitig erarbeiten wir neue Geschäftsmodelle. Gesamthaftes Ziel unserer Programme ist es, das Ergebnis jeder Marke zu verbessern. Vorteile haben wir über die Größe des Volkswagen-Konzerns und die damit verbundenen Skaleneffekte. Ziel ist es auch, den Mix unserer Auslieferungen zu optimieren. Das bedeutet höhere Erträge durch höher positionierte Fahrzeuge. Gleichzeitig werden wir im Volumenbereich weiterhin attraktive Angebote machen. Ein Beispiel ist unsere Serienversion des Showcar ID.2all, die Mitte des Jahrzehnts in der Basisausstattung für unter 25.000 Euro auf den Markt kommen soll.
Überlassen Sie das Billigsegment dann den Chinesen, oder werden Sie preislich noch tiefer gehen?
Der Volkswagen-Konzern trägt auch im Elektrozeitalter eine Verantwortung für bezahlbare Mobilität. Deshalb beschäftigen wir uns damit, wie kompakte, besonders preiswerte Elektrofahrzeuge in der Region von 20.000 Euro ausschauen könnten. Eine Entscheidung dazu ist noch nicht gefallen.
Der Erfolg im Konzern wird maßgeblich von Ihrer Kernmarke, den VW Pkw, abhängen. Was ist da der aktuelle Stand des Sparprogramms?
Es geht nicht um bloßes Sparen, die Ergebnisverbesserung zählt. Die Marke VW bewegt sich bei der heutigen Rendite im Bereich vergangener Jahrzehnte. Aber: Wettbewerb und Preisdruck sind weltweit deutlich stärker geworden. Zudem befinden wir uns mitten in der Transformation. Diese erfordert erhebliche Investitionen, die über den Cashflow erwirtschaftet werden müssen. Aus diesem Grund müssen wir die rund vier Prozent Rendite der Kernmarke VW auf mittelfristig 6,5 Prozent verbessern, im gesamten Konzern mit allen Marken wollen wir auf zehn Prozent in 2030 kommen.
Ihr Markenvorstand Thomas Schäfer hat von einem brennenden Dachstuhl gesprochen. Das klingt schon deutlich dramatischer als das, was Sie beschreiben.
Er hat nichts anderes gemeint als das, was ich gerade sagte: Die Transformation erfordert große Anstrengungen und muss entschlossen angepackt werden. Wir sprechen deshalb von einem Performance-Programm, das wir gleichzeitig in allen Marken des Konzerns aufgesetzt haben.
Im Herbst wollte die Marke alle Maßnahmen stehen haben und kommunizieren. In einem internen Interview war neulich zu lesen, dass man von den anvisierten zehn Milliarden Euro Ergebnisverbesserung ungefähr die Hälfte identifiziert hat. Eigentlich sind Sie also jetzt schon zu spät dran, oder?
Die externe Kommunikation steht für mich nicht im Vordergrund. Erst mal sind Hausaufgaben zu erledigen. Analysieren, priorisieren, intern abstimmen – natürlich auch mit der Arbeitnehmerseite. Dann beschließen und pragmatisch und zügig umsetzen. So geht der VW-Markenchef Thomas Schäfer mit seinem Team vor und kommt gut voran.
Haben Sie denn schon ein komplett fertiges Konzept präsentiert bekommen? Alles, was man hört, sind momentan nur Fragmente.
Wir haben intern ein klares Bild im Kopf. Ich sitze mit den Marken zu bestimmten Zeitpunkten zusammen und biete dabei meine Erfahrung als Sparring an – auch mit der Marke VW. Ergebnisprogramme entwickeln sich über die Zeit. Bei Porsche haben wir beispielsweise in den vergangenen fünf Jahren mehr als 3000 Maßnahmen erarbeitet und umgesetzt. Die standen nicht alle in den ersten Monaten fest.
Werden Sie denn Ihre nächste Fünfjahresplanung wie gewohnt im November abgeben können?
Die anstehende Planungsrunde wird pünktlich kommen. Wir liegen gut in der Zeit. Eckpunkte sind die strategische Produktplanung, die Absatz- und Ergebnisplanung sowie die resultierende Belegung unserer Fabriken.
Was sind die größten Hebel kostenseitig?
Die fünf großen Hebel in jeder Marke sind für uns die Entwicklungskosten, Materialkosten, Herstellkosten, Vertriebskosten und Fixkosten. Dazu kommen die Produkte. Es geht um viele Details. In sogenannten Materialkostenklausuren prüfen wir zum Beispiel Kostenpotenziale für jedes einzelne Teil, das wir in den Fahrzeugen verbauen. Auch die Verwendung von gleichen Komponenten in verschiedenen Baureihen spielt eine große Rolle. Wichtig ist uns dabei immer die Kundenorientierung. Teile im direkten Blickfeld und der Bedienung müssen hochwertiger sein als untergeordnete Teilegruppen.
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Das klingt wie das kleine Einmaleins der Autoindustrie, warum wird das nicht seit Jahren gemacht?
Das Besondere ist die Systematik, die sich über den ganzen Konzern erstreckt. Wir haben gleichzeitig in allen Marken gesamthafte Programme mit ambitionierten Ergebniszielen aufgesetzt. Das hat es vorher in dieser Breite und Tiefe so noch nicht gegeben.
Wie viele Jobs müssen Sie im Rahmen des Programms abbauen?
Für das Stammpersonal in Deutschland gibt es klare Prognosen, wer wann entlang der demografischen Kurve in den Ruhestand geht. Gleichzeitig ist klar, dass unsere Standortsicherungen gelten.
Können Sie das konkreter beziffern?
Wir können das, tun es aber nicht öffentlich, sondern intern. Es geht hier um Vertrauen.
Können Sie betriebsbedingte Kündigungen ausschließen?
Können Sie ausschließen, dass … ist eine beliebte Suggestivfrage. Das Thema liegt derzeit gar nicht auf dem Tisch. Wir haben Vereinbarungen zur Beschäftigungssicherung. Grundsätzlich gilt: Wir halten Maßnahmen stets so sozial verträglich wie möglich.
Werden Sie in Zukunft jedes Ihrer deutschen Werke brauchen?
Wir konzentrieren uns auf unser Stammpersonal und bestehende Standortsicherungen. An einigen Stellen haben wir technische Überkapazitäten. Auf der anderen Seite ist unser Produktportfolio breit aufgestellt. Die finale Belegung jeder Fabrik ist ein komplexes Zusammenspiel aus der Produktplanung, einer realistischen Vertriebsplanung und den Rahmenbedingungen jedes Standortes. Danach entscheiden wir.
Können Sie denn ausschließen, dass ein deutsches VW-Werk dichtmachen muss?
Auch das ist eine Suggestivfrage, die falsch interpretiert werden kann. Wir wissen unsere Werke in Deutschland sehr zu schätzen. Ich habe Ihnen die Komplexität erläutert, Zuspitzungen helfen in diesem Kontext nicht weiter.
Wann waren Sie das letzte Mal in China?
Im April zur Shanghai Auto Show.
Auf der Messe konnte man den Eindruck gewinnen, dass die gesamte Branche überrascht war, wie schnell das Land sich elektrifiziert hat und wie stark die chinesischen Autobauer geworden sind. Sie auch?
Ich bin beeindruckt, wie sich die chinesische Automobilindustrie in den vergangenen Jahren entwickelt hat. Es ist absolut anzuerkennen, wie chinesische Unternehmen das Autobauen gelernt haben und mit welcher Motivation und welcher Geschwindigkeit dort Innovationen entwickelt werden.
Was ist die eine Sache, die China anders gemacht hat – auch als Deutschland?
China hat sich fokussiert. Sie haben erkannt, dass sie bei den Verbrennungsmotoren nicht aufholen können. Also haben sie sich auf die Elektromobilität inklusive der Ladeinfrastruktur konzentriert. Gleichzeitig wurde die Digitalisierung mit hoher Geschwindigkeit vorangetrieben. Darüber entstehen gute, intelligent vernetzte Fahrzeuge mit der resultierenden Nachfrage im Markt.
Aktuell werden Strafzölle für chinesische Autobauer diskutiert, die nach Europa expandieren. Bereitet Ihnen der Aufstieg der Chinesen Sorge?
Ich bin Befürworter des Wettbewerbs und des freien Welthandels. Beides macht uns besser und nützt am Ende den Kundinnen und Kunden. Wichtig ist, dass wir uns wieder auf unsere Stärken konzentrieren. Unsere Modelle haben tolle Fahreigenschaften, ein hohes Qualitätsniveau, ein sehr attraktives Design. Und vor allem haben wir extrem starke Marken. Strategisch und technologisch haben wir in den letzten Monaten wichtige Weichen gestellt.
Sie sind aber auch auf die Hilfe der Chinesen angewiesen. Künftig entwickeln Sie mit dem chinesischen Auto-Start-up Xpeng Plattformen für China, eigentlich Ihre Kerndisziplin. Was erhoffen Sie sich davon?
Wir haben im Volkswagen-Konzern unser Produktportfolio und Marktchancen für China analysiert. Für die Marke VW haben wir ein Wachstumsfeld im B-Segment ausgemacht, das wir bislang nicht bedienen.
… also etwa Passat-Größe, damit man sich das besser vorstellen kann.
Hier sehen wir durch die Kooperation mit Xpeng die Möglichkeit, bereits um das Jahr 2026 zwei zusätzliche Elektromodelle anzubieten, die unser bisheriges großes Portfolio ideal ergänzen. Das wäre mit unserer aktuellen Plattformplanung so schnell nicht möglich gewesen.
Es hieß in mehreren Berichten, dass Sie auf eine alte Plattform von Xpeng setzen. Warum?
Das ist so nicht richtig. Wir werden die neueste Technologie von Xpeng in unseren Fahrzeugen verwenden.
Wird die Xpeng-Technik künftig auch in Autos in Europa zum Einsatz kommen?
Im Moment beschränkt sich die Kooperation auf zwei Produkte in China.
Sind weitere Kooperationen in China geplant? Zuletzt gab es glaubwürdige Gerüchte, dass Sie mit Leapmotor im kleineren und günstigen Segment zusammengehen könnten. Was ist da dran?
Viele Unternehmen sind an einer Zusammenarbeit mit Volkswagen interessiert. Wir werden die Komplexität durch Kooperationen aber nicht beliebig erweitern. Es braucht eine starke industrielle Logik. Unabhängig davon sehen wir den Volkswagen-Konzern in der gesellschaftlichen Verantwortung, bezahlbare Fahrzeuge anzubieten. Das gilt in China genauso wie in Europa.
Kommt Ihnen die Elektrowende eigentlich zu schnell? BMW-Chef Zipse hatte vor wenigen Wochen im Handelsblatt die politische Vorgabe zum Verbrenner-Aus als „fahrlässig“ bezeichnet. Gehen Sie da mit?
Für mich ist klar: Wir fokussieren uns auf die Elektromobilität. Im Jahr 2030 soll der Anteil rein elektrischer Neuwagen in Europa im Konzern bei rund 70 Prozent liegen, bei Porsche in 2030 sogar über 80 Prozent weltweit. Wo ich Oliver Zipse zustimme: Die Politik sollte ihre gesetzten Ziele mit den geeigneten Maßnahmen flankieren, zum Beispiel dem Hochlauf der Ladeinfrastruktur, zu dem die Wirtschaft ihren Beitrag leistet. Auch da können wir von der Schnelligkeit Chinas lernen. In großen Städten wie Shanghai gibt es heute schon in den Parkhäusern auf nahezu jedem Parkplatz eine Ladestation.
Herr Blume, vielen Dank für das Interview.
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