Konzept der „Neuen Klasse“ von BMW auf der IAA. - (Foto: Imago)
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BMW, Audi, Mercedes: Diese Fachkräfte sind bei den Top-Konzernen gefragt

Die deutschen Autohersteller stecken in der größten Transformation ihrer Geschichte. Das verändert auch die Anforderungen an die Belegschaft. Welche Qualifikationen gebraucht werden.

Berlin. Die IAA Mobility in München will längst mehr sein als eine reine Autoschau. Das zeigen die Ankündigungen der deutschen Hersteller auf der Messe in München. BMW präsentierte mit der elektrischen „Neuen Klasse“ nicht nur die nächste Generation von Elektroautos, sondern kündigte auch eine Partnerschaft mit der Amazon-Tochter AWS an. Auch Mercedes enthüllte mit dem neuen CLA ein Konzeptauto und gab zudem einen Großauftrag für den Chipspezialisten Qualcomm bekannt.

Neue Antriebe sowie eine leistungsfähige Hard- und Software werden für die Hersteller immer wichtiger als der klassische Verbrennungsmotor. Mit der Digitalisierung und Elektromobilität verändern sich auch die Anforderungen an die Beschäftigten. „Wir erwarten in der Automobilindustrie große Verschiebungen, was die benötigten Rollen und Kompetenzen angeht“, sagt Julian Kirchherr, Personalexperte bei der Unternehmensberatung McKinsey.

Softwareanwendungen und leistungsfähige Batterien entscheiden künftig über den Erfolg der Hersteller. Welche Fachkräfte die deutschen Autohersteller dafür suchen.

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BMW, Porsche, Audi: Diese Berufsprofile sind gefragt

„Wir sehen einen starken Zuwachs bei allen digitalen Skills – vor allem in den Entwicklungsbereichen“, sagt Kirchherr. Es brauche zum Beispiel Softwarearchitekten für Fahrzeugsysteme, Cybersecurity-Spezialisten oder Big-Data-, KI- und Machine-Learning-Experten für das autonome Fahren.

Bei BMW wurden in der Entwicklung und der zentralen IT im vergangenen Jahr rund 1700 Mitarbeiter eingestellt oder aus Nachwuchsförderungsprogrammen übernommen. „Wir sind auch ein Digitalunternehmen“, sagt Ilka Horstmeier, Personalvorständin von BMW. Autos wie die „Neue Klasse“ könne man nur entwickeln, wenn man auch über die entsprechende digitale Kompetenz verfüge.

Und nicht nur für die Fahrzeuge, auch für die Produktion sucht man nach IT- und vor allem nach KI-Spezialisten. „Mit über 300 produktiven Anwendungsfällen in unserem weltweiten Produktionsnetzwerk sind wir längst im Serieneinsatz von Künstlicher Intelligenz angekommen“, sagt Horstmeier.

Die hohe Nachfrage nach Profilen mit digitalen Kompetenzen verändert auch die Ausbildung. Auszubildende und Studierende in dualen Studiengängen bekommen von BMW digitale Grundlagen vermittelt, zum Beispiel darüber, wie man Computer und Software benutzt, um Prozesse zu steuern und zu überwachen. 60 Prozent der Berufe oder Studiengänge des Unternehmens haben bereits einen Schwerpunkt auf digitalen Anwendungen und Technologien. Beispiele sind der Studiengang Künstliche Intelligenz oder der Fachinformatiker für Systemintegration. Auch Konkurrent Audi bietet mittlerweile einen Bachelorstudiengang mit dem Schwerpunkt Künstliche Intelligenz an.

Re- und Upskilling: Zehntausende Fachkräfte werden umgeschult

Außerdem sollen Mitarbeiter in Richtung digitaler Kompetenzen und Elektroantriebe umgeschult oder weitergebildet werden. Der Stuttgarter Autohersteller Mercedes-Benz will bis 2030 mehr als zwei Milliarden Euro investieren, um seine Mitarbeiter unter anderem zu Daten- und KI-Experten zu machen. BMW setzt mit dem „Digitalboost“ gerade die größte Bildungsinitiative für digitale Kompetenzen seiner Geschichte um. Rund 80.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nehmen derzeit daran teil.

Das ist laut McKinsey-Personalexperte Kirchherr auch notwendig. Digitalkompetenzen seien bei den deutschen Herstellern schwächer ausgeprägt als bei den Konkurrenten aus China oder den USA – sowohl in der Verfügbarkeit als auch in der Tiefe der Fähigkeiten. Zudem hätten nur wenige Hersteller eine mittelfristige strategische Personalplanung. Diese sei aber notwendig, um zu zeigen, wie sich die benötigten Qualifikationen verändert haben, und um die nötigen Maßnahmen anzustoßen.

Angesichts des Fachkräftemangels könnten die notwendigen Kompetenzen nicht mehr einfach so eingestellt werden. Das betreffe allerdings vor allem kleinere Zulieferer. Bei den großen Herstellern sehe es noch etwas besser aus.

Dabei zahlt die Autoindustrie schon heute üppige Gehälter für IT-Spezialisten. Ein Data-Scientist, der aus Zahlenreihen Handlungsempfehlungen für Unternehmen ableitet, steigt bei BMW nach eigenen Angaben mit einem Gehalt von rund 73.000 Euro ein, ein erfahrener Mitarbeiter in dieser Position verdient im Schnitt rund 87.000 Euro. Hinzu kommt eine Erfolgsbeteiligung.

Elektroautos: Batterie-Experten dringend gesucht

Ein weiterer Fokus bei der Rekrutierung liegt auf Batterieexperten. Für den Anlauf des Elektro-SUV Q6 e-tron schafft Audi derzeit 500 Stellen am Stammsitz in Ingolstadt. Das Werk wird der erste Standort der VW-Tochter mit eigener Batteriemontage. Gefragt sind neben IT-Spezialisten vor allem Profile im Bereich der Hochvolttechnik, etwa im Thermomanagement oder im Einkauf für E-Mobilität.

Porsche hat derzeit rund 80 offene Stellen in der Elektromobilität zu besetzen – vor allem im Bereich Hardware. Hier kommen hauptsächlich Fachkräfte mit Expertise im Energiesystem oder in der Funktionsentwicklung für das Ladeumfeld infrage.

„Es ist nicht so, dass Autos in Zukunft nur noch aus Elektronik und Software bestehen“, sagt auch Boris Jary, Personalberater für die Automobilbranche bei Russell Reynolds. Der Headhunter rekrutiert Top-Führungskräfte in der Automobilindustrie ab einer Gehaltsklasse von rund 250.000 Euro. Ebenso wichtig sei Wissen in den Bereichen Mechatronik und Hardware. Neben Softwareentwicklern oder Elektrotechnikern brauche es Experten aus der Chemie, Physik oder Thermodynamik.

UX- und UI-Designer sorgen für gutes Infotainment

„Nicht nur das Produkt, sondern auch die Kundeninteraktion und die Services rund um das Fahrzeug verändern sich“, sagt BMW-Vorständin Horstmeier. So braucht es zum Beispiel auch Experten, die die App von BMW weiterentwickeln, die nach Konzernangaben inzwischen mehr als zehn Millionen Kunden nutzen. Hier sind etwa UX- und UI-Designer gefragt, die nicht nur für das Kundenerlebnis im Fahrzeug zuständig sind, sondern zum Beispiel auch Bedienkonzepte für die App entwerfen.

Ein UX-Designer verdient in Deutschland durchschnittlich 60.000 Euro, zeigen Daten der Jobplattform Indeed. Auf Managementebene fallen die Gehälter deutlich üppiger aus. Auf 250.000 bis 350.000 Euro und mehr im Jahr beziffert der Führungskräfte-Headhunter Jary das Gehalt eines Head of User Experience bei einem Automobilhersteller. Hinzu kommen eventuell noch Langfristboni.

Nachhaltigkeit: Autos recyceln

„Autos müssen so gedacht werden, dass man sie recyceln kann“, sagt BMW-Personalvorständin Horstmeier. Für qualitativ hochwertiges Recycling müssten vor allem gut verwertbar Metallen wie Stahl und Aluminium, aber auch Kunststoffe eingesetzt werden. Ziel sei es, die Materialvielfalt an Kunststoffen zu reduzieren. Damit das gelingt, müssen verschiedene Experten zusammenarbeiten – etwa Designer, Materialexperten, Facheinkäufer oder Montageexperten.

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