ChatGPT beim Anschreiben vertrauen?!
Natürlich kann ChatGPT bei der Bewerbung das Anschreiben erstellen. Aber sollte man darauf vertrauen?
Ist ChatGPT eine Revolution? Zumindest ist es vielfach Gesprächsthema. In der „Tagesschau“ wird diskutiert, wie ChatGPT in Schulen den Umgang mit Hausaufgaben verändern wird. In der Werbebranche wird analysiert, welche Arbeitsaufgaben zukünftig von dieser Software übernommen werden können. Und zweifellos kann man sich fragen, welche Auswirkungen diese Plattform auf die Bewerbungswelt hat.
Jedoch, wie vertrauenswürdig sind die Vorschläge von ChatGPT? Werfen wir dazu einen Blick auf ausgewählte Details bei der häufig sehr mühsamen Anschreiben-Erstellung.
ChatGPT formuliert den 1. Satz des Anschreibens
Erste Sätze wie „Hiermit bewerbe ich mich bei Ihnen auf die Stelle als …“ sind nicht nur langweilig, inhaltlich redundant (zur Bewerbung äußern wir uns ja bereits in der Betreffzeile) und generell wenig überzeugend. Eine solche Formulierung im ersten Satz zeigt auch, dass man sich einfach zu wenig Mühe schon am Anfang vom Anschreiben gegeben hat. Wenn man nun aber ChatGPT nach einer Alternative zu diesem eher langweiligen Anschreiben-Einstieg fragt, so kommt u. a. folgender Vorschlag: „Mit großem Interesse habe ich Ihre Stellenausschreibung für die Position als … gelesen und möchte mich hiermit um diese Stelle bewerben.“
Nun, das ist ebenfalls wenig überzeugend und nicht wirklich hilfreich. Aber ChatGPT und wir selbst geben so schnell nicht auf. 20 weitere Anschreiben-Anfänge? Kein Problem für die Software. Leider ist hier wahrscheinlich noch immer keine individuell zu uns passende Variante dabei. Viel sinnvoller ist es deshalb, wenn man sich zunächst notiert, wie es zu genau dieser Bewerbung gekommen ist, z. B. wie man davon erfahren hat, welche Motivation man für diese Stelle hat und was einen direkt beim Jobprofil und/oder der Firma angesprochen hat. Wer hierzu Klarheit hat, kann deutlich einfacher zu einem individuellen, überzeugenden 1. Satz beim Anschreiben kommen.
Empfehlung: Nicht der Software blind vertrauen und wahllos einen der Standard-Vorschläge übernehmen, sondern interaktiv und Schritt für Schritt im Austausch mit der Software erkunden, welcher Einstieg zu uns bzw. unserer Bewerbungssituation tatsächlich passt.
Der passende Anschreiben-Mittelteil
Unabhängig davon, was ChatGPT vorschlägt: Der Mittelteil vom Anschreiben sollte unsere Kompetenz, Leistungsmotivation und Persönlichkeit darstellen. Was bedeutet das im Detail? Zur Kompetenz gehören z. B. Ausbildungsstationen oder kürzlich absolvierte Weiterbildungen. Die Leistungsmotivation wird deutlich, wenn ein roter Faden in der beruflichen Entwicklung sichtbar ist, z. B. aufeinander aufbauende Berufspraxis. Und zur Persönlichkeit gehören die uns allen bekannten Soft Skills. Jedoch, sind all diese Informationen ChatGPT bekannt? Wir stehen also vor der Herausforderung, ein sehr detailliertes Briefing erstellen zu müssen. Nur dann kann die künstliche Intelligenz auch individuell passende Formulierungen basteln, denen die Leser/Leserinnen vertrauen.
Empfehlung: Vor der Beauftragung von ChatGPT die Stellenanzeige und Firmenhomepage hinsichtlich relevanter Keywords analysieren. Diese dann in einer Liste priorisieren, um der künstlichen Intelligenz klar mit auf den Weg geben zu können, welche Begriffe (sofern sie zu unseren beruflichen Stärken passen) zwingend im Anschreiben-Hauptteil das eigene Profil vorstellen sollten.
Ein gelungener Abschluss vom Anschreiben
Alles hat ein Ende - auch das Anschreiben. Der Abschluss sollte harmonisch zu den bisherigen Formulierungen passen. Hierzu kann uns ChatGPT ein Feedback geben, damit alles wie aus einem Guss klingt. Vertrauenswürdig wird ein Anschreiben jedoch nur, wenn es einen Sprachstil verwendet, den wir auch im Vorstellungsgespräch präsentieren. Dieser Hinweis bezieht sich übrigens nicht nur auf ChatGPT, sondern auf Bewerbungs-Hilfestellungen jeder Art. Wer sich beispielsweise als junger Mensch ein Anschreiben-Feedback von Leuten holt, die 30 Jahre älter sind, der wird vielleicht auch Formulierungen mit auf den Weg bekommen, die nicht authentisch zum Sprachgebrauch junger Menschen passen.
Empfehlung: Vorab für sich selbst klären, wie der eigene Sprachstil aussehen sollte, damit er zum eigenen Profil, aber auch den Erwartungen der Firmenseite passt. Diese Erkenntnisse sind dann beim Austausch mit der künstlichen Intelligenz zu berücksichtigen.
Fazit
Auch beim Einsatz von ChatGPT gilt das bekannte Motto: Ohne Fleiß keinen Preis. Je intensiver man Vorarbeit leistet, möglichst detailliert Informationen zur Verfügung stellt und gemeinsam mit der Software im interaktiven Austausch einen individuell passenden Weg erarbeitet, umso vertrauenswürdiger wird das Ergebnis sein. Und gleichzeitig gilt auch bei der KI die Erkenntnis: Es gibt nicht das 100 Prozent perfekte Anschreiben, das alle Leser/Leserinnen vollständig überzeugt.
Was sind eure Erfahrungen zum Thema ChatGPT und Anschreiben? Ich freue mich auf einen produktiven Austausch.