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Christian Klein: Der SAP-Manager hält die Bürokratie in Europa für einen Standortnachteil. - Foto: Uwe Anspach/dpa
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Christian Klein: Deshalb hofft SAP-Chef auf Deepseeks KI-Technologie

Der Vorstandschef erklärt im Handelsblatt-Interview, was das neue Sprachmodell aus China für SAP bedeutet, wie Europa auf Trump reagieren sollte und warum er die Konzernführung umbaut.

Walldorf. Wenn SAP-Chef Christian Klein mit Kunden spricht, ist Künstliche Intelligenz (KI) oft ein wichtiges Thema. Zahlen nennt der Manager des deutschen Softwareherstellers zwar nicht, er betont im Handelsblatt-Interview aber, dass die Technologie bei der Hälfte der neuen Aufträge enthalten sei.

Klein hofft auch auf das neue Sprachmodell Deepseek, das in China entwickelt wurde und in der Branche für Schlagzeilen sorgt H+. „Wenn die Kosten für Künstliche Intelligenz sinken, ist das eine gute Nachricht für uns.“

Angesichts der Wirtschaftspolitik der neuen US-Regierung mahnt der Manager zudem Reformen in der EU an – insbesondere einen kräftigen Bürokratieabbau. „SAP als globales Unternehmen hat bei den Investitionen die Wahl. Hierbei sind die Fragmentierung und Bürokratie in Europa echte Standortnachteile“, betont Klein.

Lesen Sie hier das ganze Interview mit SAP-Chef Christian Klein:

Herr Klein, der neue US-Präsident Donald Trump hat auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos an die Unternehmen appelliert: „Kommt in die USA, wir haben die niedrigsten Steuern der Welt.“ Hat der Lockruf schon SAP erreicht?

SAP als globales Unternehmen hat bei den Investitionen die Wahl. Hierbei sind die Fragmentierung und Bürokratie in Europa echte Standortnachteile. Es gibt zum Beispiel nicht nur den AI Act, sondern auch noch 27 Umsetzungsgesetze in den Ländern. Die Konferenz in Davos war auf jeden Fall ein „Hallo wach“-Ruf.

Konkret: Verlagern Sie Investitionen oder gar den Firmensitz von der Rhein-Neckar-Region in die USA?

SAP ist seit über 50 Jahren in der Region – hier hat alles angefangen, hier ist viel Wissen, das unser Unternehmen immer stark gemacht hat. Es gibt keinen konkreten Plan, Deutschland zu verlassen. Und wir wollen auch weiter hier investieren. Aber dafür müssen sich Dinge ändern.

Ist die Trump-Politik wirklich so positiv? Zölle würden dem internationalen Handel massiv schaden.

Die neue Regierung in den USA ist noch nicht lange im Amt, wir müssen abwarten, was passiert. Eines ist sicher: Eine starke amerikanische Wirtschaft hat Deutschland als Exportnation noch nie geschadet.

SAP investiert erheblich in Software für die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Kauft die noch jemand, wenn die Regulierung entfällt?

Ja, wir sind sehr zufrieden mit dem Geschäft. Wir werden hier weiterentwickeln, auch wenn das Thema Nachhaltigkeit in manchen Teilen der Welt gerade nicht oberste Priorität hat. In Europa gibt es klare Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Wer hier Geschäfte machen will, muss die CO2-Emissionen erheben – das geht mit unserer Software.

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SAP-Manager Klein: „In einer Krise kann Software helfen“

SAP-Chef Klein und Finanzvorstand Asam: „Sinken die KI-Kosten, ist das gut für uns.“ - Foto: Uwe Anspach/dpa
SAP-Chef Klein und Finanzvorstand Asam: „Sinken die KI-Kosten, ist das gut für uns.“ - Foto: Uwe Anspach/dpa

Mitglieder aus Trumps Team wie Elon Musk setzen sich lautstark für die AfD in Deutschland ein. Wie bewerten Sie das?

Bei politischen Themen halte ich mich zurück, ich habe genug mit SAP zu tun. Nur eines zum Thema Immigration: Wir haben viele Top-Fachkräfte aus allen Teilen der Welt, etwa Indien. Ohne die wären wir in Deutschland nie so stark. Die müssen hier willkommen sein.

Was muss sich denn in Deutschland ändern? Geben Sie ein Beispiel.

Ein Digitalministerium würde wirklich helfen, die Digitalisierung voranzubringen, zum Beispiel in der Verwaltung – aber mit Durchgriff. Es bringt wenig, wenn jede Behörde eigene Projekte durchführt und Software bestellt.

In den USA machen einige Technologieunternehmen mit dem Projekt Stargate Schlagzeilen, das eine Infrastruktur für Künstliche Intelligenz bauen soll. Ein Vorbild?

Wir sollten nicht die USA und China kopieren. Für die Unternehmen hier ist viel wichtiger, dass die Technologie intelligent zum Einsatz kommt und sie mit den Daten einen Wettbewerbsvorteil schaffen. Es wäre sinnvoll, dass wir in Europa für alle Mitgliedstaaten einen einheitlichen Rahmen für die souveräne Cloud schaffen – dann hätten wir eine ganz andere Durchschlagkraft.

Und SAP hätte neue Aufträge. Das Geschäft läuft derzeit auch so – allerdings ist die geopolitische Unsicherheit groß. Befürchten Sie negative Einflüsse?

Im Gegenteil: In einer Krise kann Software helfen, die Produktivität zu steigern. Auch in Ländern und Branchen, die unter Druck stehen, läuft unser Geschäft derzeit gut. Wenn ich einem Finanzchef zeigen kann, wie er mit unserem digitalen Assistenten Joule das Forderungsmanagement verbessern kann, ist das für ihn sehr wertvoll.

Sie stellen eine Beschleunigung des Wachstums bis 2027 in Aussicht. Wo gibt es für SAP das größte Potenzial?

Für uns ist das Zusammenspiel der Produkte zentral. Mit unserer Plattform können Unternehmen die verschiedenen Module mit einem einheitlichen Datenmodell einführen und integrieren. Die Mitarbeiterplanung muss beispielsweise mit Finanzplanung integriert sein. So lässt sich Künstliche Intelligenz auch leichter über die gesamte Organisation hinweg verwirklichen.

Marktforscher berichten allerdings, dass SAP in den vergangenen Jahren Marktanteile verloren hat – nicht bei Finanzlösungen, aber etwa bei Beschaffung und Personalwesen.

Vor einigen Jahren war die Situation eine andere. Mittlerweile sind unsere Produkte integriert. Und wir haben in Lösungen wie Ariba und Successfactors investiert. Es zeigt sich, dass wir wieder mehr und mehr Ausschreibungen gewinnen.

Deepseek ist eine „gute Nachricht“

Wie viel trägt Künstliche Intelligenz zum Umsatz bei?

Den Umsatz veröffentlichen wir nicht. Aber die Hälfte unseres Cloud-Auftragseingangs im vierten Quartal enthält bereits Künstliche Intelligenz. Wenn ein Kunde einen großen Vertrag abschließt, sind zehn oder fünfzehn Szenarien dabei. KI hilft, unsere Software zu verkaufen.

Das chinesische Start-up Deepseek sorgt in der Technologiebranche für Aufruhr, weil es ein sehr günstiges Sprachmodell vorgestellt hat. Was bedeutet das für SAP?

Wenn die Kosten für Künstliche Intelligenz sinken, ist das eine gute Nachricht für uns. Wir entwickeln die Grundlagentechnologie nicht selbst, sondern arbeiten mit Anbietern von KI-Infrastruktur und Sprachmodellen zusammen. Die Nachricht über Deepseek bestätigt unsere Strategie.

SAP hat die Führung umgebaut. So übernimmt Strategiechef Sebastian Steinhäuser einen neuen Vorstandsbereich. Welche Strategie steckt dahinter?

Sebastian hat die Strategie von Tag eins an maßgeblich mitentwickelt – er kam ja zunächst als Berater, nun lebt und atmet er SAP. Jetzt geht es um die Umsetzung, und zwar über den gesamten Konzern hinweg. Deswegen ist ein Mandat im Vorstand wichtig.

Warum braucht es einen erweiterten Vorstand?

SAP ist ein großer Konzern – der erweiterte Vorstand erweitert unsere Perspektive und erlaubt uns, schnellere Entscheidungen zu treffen. Es geht darum, stärker auf die Produktentwicklung einzuwirken und Diskussionen übers Portfolio zu führen.

Bei SAP hat es in den vergangenen Jahren enorm viele Veränderungen in der Konzernspitze gegeben – viele Mitarbeitende wünschen sich mehr Ruhe.

Der Wandel war dringend notwendig für SAP. Jetzt beginnt eine Phase mit mehr Stabilität – dass bei uns künftig keine Veränderungen mehr stattfinden, kann ich aber nicht ausschließen. Dafür verändert sich die Technologie viel zu schnell.

Herr Klein, vielen Dank für das Interview.

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