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Circular Economy: Wie Elektroschrott nachhaltig genutzt werden kann

Ressourcenverbrauch, Abfallmengen und Emissionen erfordern einen neuen Umgang mit Ressourcen

Circular Economy gilt als ressourcenschonendes Wirtschaftsmodell der Zukunft, weil sie die Umwelt schont, die eingesetzten Rohstoffe länger und häufiger nutzt als dies bislang der Fall ist und neue Geschäftsmodelle und Einkommensquellen erschließt. Die Materialien sollen durch Wiederverwendung, Reparatur und Recycling möglichst lange in der Ökonomie behalten werden.

IKT-Geräte gehen heute immer schneller kaputt, und ständig kommen neue Modelle auf den Markt, für deren Herstellung viel Energie und wertvolle Ressourcen aufgewendet werden müssen. Allein in Deutschland werden 1,7 Millionen Tonnen neue Elektrogeräte und mehr als 24 Millionen Smartphones verkauft. Mit einem Anteil von 250.000 Tonnen jährlich ist die IKT mitverantwortlich für immer kürzere Nutzungszyklen, Berge von Elektroschrott sowie steigende Ressourcenverbräuche.

Elektroschrott macht neben Plastik den größten Anteil am europäischen Müllberg aus. Jährlich landen elektronische Geräte mit einem Gesamtgewicht von 9,5 Millionen Tonnen im Müll. In einem Smartphone stecken allein hunderte Einzelteile, die aus mehr als 60 verschiedenen Rohstoffen und Materialien gefertigt werden. Laut EU-Richtlinie muss Elektromüll zwar fachgerecht entsorgt oder wiederverwendet werden, doch sieht die Realität meistens anders aus – denn es wird wenig davon recycelt. Die meisten Geräte werden nach Afrika, China oder Indien verschifft und landen dort auf illegalen Müllkippen. Von dort gelangen giftige Stoffe wie Quecksilber, Arsen oder Blei aus den Geräten ins Grundwasser, was für Mensch und Umwelt sehr schädlich ist. Vor allem die hohe Abnutzungsrate von Computern, Telefonen, Druckern oder Kopierern führt dazu, dass dort besonders viel Elektroschrott entsteht.

In Deutschlands Schubladen

Ein Handy hält heute im Schnitt fünf bis zehn Jahre. Die Deutschen kaufen allerdings alle anderthalb bis zwei Jahre ein neues Gerät – vor allem Smartphones. Doch wie sieht es mit der Wiederverwertung aus? Nach Berechnungen des Digitalverbands Bitkom liegen in Deutschlands Schränken und Schubladen etwa 124 Millionen alte Handys ungenutzt herum. In den USA werden Gold und Silber im Wert von 60 Millionen Dollar aus nicht mehr benötigten Telefonen weggeworfen. Nur 12,5 Prozent des Elektroschrotts werden bei der Herstellung neuer Produkte wiederverwendet. Weltweit fielen 2016 etwa 44,7 Millionen Tonnen Elektroschrott an ("Global E-Waste Monitor 2017").

Jedes Handy oder Smartphone enthält durchschnittlich 20 Milligramm Gold. Für ein Kilogramm werden durchschnittlich in den Minen dieser Welt 141 Kilogramm hochgiftiges Cyanid benötigt, um das Material aus dem Erz zu waschen. Ähnlich verhält es sich mit Silber oder Kupfer, die sich in den Alt-Handys befinden. Bereits heute warnen Experten davor, dass das Vorkommen weitere wichtige Handybestandteile wie Indium (Schwermetall, das als transparenter Leiter für Touchscreens oder Flachbildschirme benötigt wird) und Palladium bereits in 25 Jahren erschöpft sein könnte.

Nachhaltigkeit von Geschäftsmodellen in der IKT

In ihrer Studie „Nachhaltigkeit von Geschäftsmodellen in der Informations- und Kommunikationstechnik“ hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) 25 Gerätehersteller, Telefonie- und Internetanbieter am Beispiel von Smartphones, Festnetztelefonen und Routern untersucht. Aus den Ergebnissen werden konkrete Handlungsempfehlungen abgeleitet, wie sich Unternehmen in einem ökologischen Wettbewerb erfolgreich positionieren können, worauf Verbraucher beim Kauf und der Nutzung der Geräte achten sollten und wie die Politik dem zunehmenden Ressourcenverbrauch entgegenwirken kann.

Beispielsweise sollte sie Dienstleistungen im Vergleich zum Ressourcenverbrauch steuerlich begünstigen und umweltfreundliche Produkte durch finanzielle Anreize fördern. Zudem seien höhere gesetzliche Mindeststandards beim Ökodesign dringend geboten. Auch die niedrige Sammelquote und der sehr geringe Anteil von wiederaufbereiteten Geräten sollte durch weitergehende rechtliche Anforderungen, etwa im Elektro- und Elektronikgerätegesetz, angehoben werden. Ein Beispiel für ein nachhaltiges Geschäftsmodell ist die aktive Rücknahme mit Wiederaufbereitung und Vermarktung der gesammelten Geräte, wie sie einzelne Unternehmen bereits für einige Gerätearten durchführen. Auch bei untersuchten Umweltaspekten wie Umweltzeichen, Zubehör oder Umweltdatenblätter, Haltbarkeit und Reparierbarkeit konnten besonders vielversprechende Ansätze festgestellt werden. Die in der Studie vorgestellten Empfehlungen und Best-Practice-Beispiele zeigen auf, wie Unternehmen ihre Umweltauswirkungen verringern und gleichzeitig ihre Marktposition halten oder verbessern können.

Das sollten Unternehmen tun:

• Ökodesign verbessern (u.a. bei Haltbarkeit, Reparierbarkeit und dem Einsatz von Recyclingmaterialien)

• Geschäftsmodelle auf Dienstleistungen statt Ressourcen fokussieren

• gebrauchte Geräte anbieten

• Ersatzteile und Updates bereitstellen

• alte Geräte zurücknehmen und für eine zweite Nutzung aufbereiten

• Umweltaspekte ins Marketing aufnehmen

• bei Telefon- und Internetverträgen Anreize für neue Geräte vermeiden und auf Leasingmodelle setzen („Nutzen statt Besitzen“)

Für den Schutz von Umwelt und Ressourcen empfiehlt die DUH Verbrauchern, beim Kauf gebrauchte Geräte zu bevorzugen, vorhandene Geräte möglichst lange nutzen und im Schadensfall wenn möglich eine Reparatur durchführen. Seriöse Umweltzeichen wie der „Blaue Engel“ bieten eine Möglichkeit ohne größere Vorkenntnisse vergleichsweise umweltschonende Geräte auszuwählen. Auch Produktbewertungen neutraler Prüforganisationen (z.B. Stiftung Warentest, Öko-Test, Ifixit) stellen eine Möglichkeit zur Meinungsbildung dar.

Viele Unternehmen und Organisationen führen Sammelaktionen durch, die dabei helfen, die alten Handys ordnungsgemäß zu entsorgen und dabei etwas Gutes zu tun: Es gibt beispielsweise Sammelboxen des Naturschutzbunds Deutschland (NABU), in denen die Altgeräte entsorgt werden können. Außerdem liegen in einigen Geschäftsstellen von Unternehmen Umschläge aus, die die Kunden mitnehmen können, um ein Handy auch per Post zu entsorgen.

Die Handy-Aktion: fragen. durchblicken. nachhaltig handeln! https://www.handy-aktion.de/, die von Mai 2017 bis Mai 2019 in Baden-Württemberg stattfand, zeigte auf, wie Geräte repariert und länger genutzt werden können. Durch die Sammlung von ausrangierten Handys und deren Zuführung in ein geordnetes Recycling wurde die Thematik in Schulen, Gemeinden, an öffentlichen und kirchlichen Orten sichtbar gemacht, außerdem wurden Bildungsveranstaltungen zu der bisher noch kaum wahrgenommenen Thematik angeregt. Im Rahmen dieser Aktion haben auch die Auszubildenden des Leinfeldener Druckluft- und Pneumatikspezialist Mader alte Handys gesammelt. Es kamen hier 43 ungenutzte Mobiltelefone zusammen. Durch umweltgerechtes Recycling wurden u.a. 387g Kupfer, 6,45 g Silber und 1,075 g Gold zurückgewonnen.

Refurbed (eng.) steht für runderneuert, generalüberholt oder so gut wie neu (as good as new). Es geht darum, die Dinge so lange wie möglich zu nutzen. Die Runderneuerung eines Smartphones spart laut Fraunhofer 14 Kilo bereits beim Rohstoffabbau ein und 58 Kilo Treibhausgasemissionen. Verlängert sich die Nutzungszeit eines Handys um nur um ein Jahr, reduziert sich der ökologische Fußabdruck, also die Belastung für die Umwelt, um 31 Prozent (Quelle: Umweltorganisation Green Alliance). Eine Viertelmillion Tonnen Elektronikgeräte werden jährlich in Verkehr gebracht, doch nur einige tausend Tonnen Altgeräte werden für eine Wiederverwendung "vorbereitet". Trotz des „bewiesenen ökologischen Nutzens und der positiven Grundhaltung in der Bevölkerung ist Refurbishment kein Selbstläufer“ (Max Hägler, Michael Kläsgen). Damit die Verbraucher Vertrauen fassen können, müsste der Gesetzgeber die Mindeststandards für das Wiederaufbereiten elektronischer Geräte definieren.

Durch die Wiederaufbereitung ausgedienter IT-Hardware und eine zweite Nutzungsdauer der Geräte wird die Produktion von Neugeräten verringert. Diese Substitution der Neuproduktion spart nachweislich Energie sowie CO2-Emissionen ein. Ein weiterer umwelttechnischer Vorteil der Leistung liegt in der Schonung von wertvollen Ressourcen. Einerseits werden durch die Substitution von Neuproduktionen wertvolle Ressourcen und Metalle, die für die Herstellung von IT-Hardware benötigt werden, nicht unnötig abgebaut. Anderserseits ermöglicht die fachgerechte Zerlegung der nicht wiederverwendbaren Hardware ein ökologisch sinnvolles Recycling aller in der Hardware enthaltenen Metalle.

Es gibt auch spezielle Firmen, die gebrauchte Handys und Elektrogeräte aufkaufen, sie optisch und technisch aufbereiten und dann weiterverkaufen. Vor der Nutzung lohnt ein Vergleich, welches Portal wie viel zahlt. Außerdem nehmen einige Mobilfunkanbieter Altgeräte beim Kauf neuer Mobiltelefone in Zahlung. Zu beachten ist, dass es manchmal nur Gutscheine oder Gutschriften gibt und kein Bargeld. Handybesitzer können ältere, aber noch intakte Geräte auch verschenken beziehungsweise spenden. Verschiedene Initiativen wie die „Handy Aktion“ sammeln zudem alte Mobiltelefone, um entweder die Rohstoffe wiederzuverwerten oder die Telefone in Entwicklungsländer zu verschicken.

Die memo AG in Greußenheim, ein nachhaltiger Versandhändler, bietet neben Elektrogeräten auch gebrauchte PCs, Laptops und Monitore an. In diesem Bereich arbeitet das Unternehmen mit einem großen deutschen Dienstleister, der ihm generalüberholte Ware zu günstigen Preisen liefert. Dabei handelt es sich um so genannte Business-Geräte, die sich von Consumer ware in einigen Punkten deutlich unterscheiden: Sie sind in der Regel leistungsfähiger, solide verarbeitet und reparaturfähig gebaut. Der Dienstleister kauft ausgemusterte Bestände in großen Stückzahlen auf. Die Geräte werden gereinigt, Verschleißteile ausgetauscht, evtl. vorhandene Daten sicher gelöscht. Danach durchläuft jedes eine ausführliche Funktionsprüfung und ist danach so gut wie neu. Der Käufer eines solchen Gerätes hat zwei Jahre Garantie – mit Ausnahme der Akkus bei Notebooks – und volles Rückgaberecht.

Leuchtstoffröhren und Energiesparlampen werden bei memo gesammelt und vorsortiert nach Stablampen, Lampen mit Schraub- bzw. Stecksockel und Lampen. Die einzelnen Chargen werden zu einem ökologisch günstigen Sammeltransport gebündelt und an spezialisierte, zertifizierte Recyclingunternehmen verteilt. Dort werden die Lampen selektiv in ihre Bestandteile zerlegt. Die geringen Anteile schwermetallhaltiger Inhaltsstoffe werden separiert und als Sonderabfälle behandelt. Metallteile werden nach Aluminium und Stahl getrennt und der industriellen Wiederverwertung zugeführt.

Wie jeder Einzelne zu einer gelingenden Kreislaufwirtschaft beitragen kann

• Auf Werkstoff- und Recyclinghöfen, die von Kommunen bereitgestellt werden, können Verbraucher ihre Elektro-Altgeräte kostenlos abgeben. Wer den Elektromüll abholen lässt, muss meistens eine Gebühr zahlen.

• Mobilfunkanbieter nehmen von ihnen ausgegebene Geräte meist kostenlos zurück. Auch alle großen Elektrohändler sowie Online-Anbieter müssen Kleingeräte wie Handys kostenlos zurücknehmen.

• Eine Möglichkeit ist auch der Verkauf über das Internet. Für gebrauchte Smartphones werden je nach Modell und Zustand noch mehrere hundert Euro gezahlt. Verschiedene Apps und Internetseiten bieten zudem die Möglichkeit, das Handy per Kleinanzeige anzubieten.

• Es gibt auch spezielle Firmen, die gebrauchte Handys und Elektrogeräte aufkaufen, sie optisch und technisch aufbereiten und dann weiterverkaufen. Vor der Nutzung lohnt ein Vergleich, welches Portal wie viel zahlt. Außerdem nehmen einige Mobilfunkanbieter Altgeräte beim Kauf neuer Mobiltelefone in Zahlung. Zu beachten ist, dass es manchmal nur Gutscheine oder Gutschriften gibt und kein Bargeld.

• Handybesitzer können ältere, aber noch intakte Geräte auch verschenken beziehungsweise spenden.

• Immer mehr Unternehmen setzen heute auch auf Cloud Computing, da dieser Service mit vielen Vorteilen verbunden ist: Dazu gehört u.a., dass die Technologie aufgrund modernster Techniken umweltfreundlicher ist als klassische lokalen Rechenzentren im Unternehmen. Dafür spezialisierte Dienstleister stellen regelmäßig aktuelle Data Center für die Cloud bereit. Auch erlauben Dienstleistungen wie "Infrastructure as a Service" (IaaS) zudem eine bedarfsgerechte Skalierung, weil nur die tatsächlich benötigten Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Auch verfügen Cloud-Dienst-Anbieter über stromsparende und effiziente Hardware, die die meiste Zeit im Büro gar nicht verwendet wird. Unternehmen, die auf Cloud Computing setzen, müssen diese nicht erst kaufen. Damit wird nicht nur das Geld für teure Anschaffungen gespart, sondern auch anfallender Elektroschrott reduziert.

Weiterführende Informationen:

Wohin mit unserem Elektroschrott?

Am Ohr der Nachhaltigkeit

Wie das Handy-Recycling funktioniert und welche positiven Auswirkungen das Wiederverwenden der Geräte hat

Claudia Silber und Alexandra Hildebrandt: Circular Thinking 21.0: Wie wir die Welt wieder rund machen. Amazon Media EU S.à r.l. 2017.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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