Mit dem Rennrad zur Arbeit. Flexible Arbeitsbedingungen sind Experten zufolge ein sehr starkes Bindemittel. - Imago/Westend61
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Corporate Benefits: Diese 15 Gehaltsalternativen sind besonders beliebt

Personalchefs und Karriereexperten verraten: Mit diesen Alternativen zur Gehaltserhöhung halten Chefs ihre besten Mitarbeiter im Unternehmen.

Düsseldorf. Die Zeit der Jahresgespräche beginnt. Im dritten Krisenjahr stehen Arbeitgeber und Angestellte unter Druck. Mitarbeitende erwarten besondere Unterstützung, doch so manchem Chef fehlt der Spielraum für Gehaltserhöhungen. Wünsche und Forderungen könnten kollidieren.

Zu „gezielten Maßnahmen statt Gießkannenprinzip“ rät Arne Sjöström in Sachen Zulagen. Auf seiner Onlineplattform von Culture Amp sammeln rund 3000 Unternehmen Mitarbeitererfahrungen, die ausgewertet werden, um so die jeweilige Unternehmenskultur zu verbessern. Daraus leitet Sjöström folgende Maxime für 2023 ab: „Die Kreativität der Arbeitgeber ist gefragt“, um Mitarbeitende zu belohnen und zu binden.

Ein Karriereexperte, mehrere Personalmanager bekannter Unternehmen sowie eine Spezialistin vom Bund der Steuerzahler geben hier Anregungen für Mitarbeitervorteile, mit denen Vorgesetzte dem steigenden Fachkräftemangel und der sinkenden Loyalität ihrer Mitarbeiter entgegenwirken können – ohne die Vergütung dauerhaft zu erhöhen.

Corporate Benefits statt Gehaltserhöhung: Arbeitsmodell individualisieren

Arbeitszeit und -ort flexibel zu handhaben spart Mitarbeitenden Kosten etwa für Pendelfahrten und hilft dabei, Beruf und Privates besser miteinander zu vereinbaren. Auch passgenaue Teilzeitlösungen wünschen sich immer mehr Beschäftigte.

Ob für das Ehrenamt-Engagement oder mehr Zeit für Hobbys, Freunde und Familie – „es lohnt sich, den Mitarbeitenden entgegenzukommen und Vertrauen zu schenken – flexible Arbeitsbedingungen sind ein sehr starkes Bindemittel“, sagt Sybille Reiss, Personalchefin des Reisekonzerns Tui mit rund 60.000 Mitarbeitern.

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Karrierechance bieten statt Gehaltserhöhung

„Einem erfahrenen Mitarbeiter, aber auch einem Nachwuchstalent die Leitung eines wichtigen Projekts zu übertragen ist ein Klassiker unter den Bindungsinstrumenten“, sagt Experte Christian Bernhardt. Der Kommunikationspsychologe hat rund 500 Unternehmen bei der Verbesserung der Mitarbeiterbindung beraten. Wer sich inhaltlich oder führungstechnisch beweist, kann nach Abschluss der befristeten Aufgabe mit einem Bonus oder einer Beförderung rechnen.

Eine Alternative könne es sein, jemanden zum Verantwortlichen für ein relevantes Zukunftsthemen zu machen: Der- oder diejenige darf dann auch zum Beispiel an einem Fachkongress rund um Künstliche Intelligenz oder einem Spezialworkshop „Zukunft der Arbeit“ teilnehmen, um Informationen aus erster Hand zu erhalten und wertvolle Kontakte zu knüpfen.

Inflationsausgleichsprämie zahlen

Um die steigenden Preise bei Lebensmitteln und Energie ein wenig zu mildern, können Chefs noch bis Ende 2024 jedem Mitarbeiter bis zu 3000 Euro Inflationsausgleichsprämie zusätzlich zu Gehalt und Weihnachtsgeld steuerfrei auszahlen. Telefonanbieter Freenet etwa stellt dazu rund 1,5 Millionen Euro bereit, die gestaffelt nach Einkommen vergeben werden.

Dazu sagt Personalchefin Nicole Engenhardt-Gillé: „Neben der akuten finanziellen Hilfe zeigen wir so auch, dass unsere Mitarbeitenden generell in schwierigen Zeiten auf Unterstützung durch ihren Arbeitgeber zählen können. Ein Pluspunkt im War for Talents.“

Titel verleihen und Anerkennung zeigen statt Gehaltserhöhung zahlen

Mitarbeiter vom „Junior“ zum „Senior“ zu befördern oder vom einfachen Verkäufer zum „Chef einer Vertriebseinheit“ zu ernennen – klangvolle Titel zu verleihen, kann eine Alternative sein, wenn ein Gehaltssprung nicht drin ist. „Gerade Männer reagieren stark auf solche Statusheber“, sagt Karriereexperte Christian Bernhardt. Das macht sich gut auf der Visitenkarte und im LinkedIn-Profil – kostet das Unternehmen aber nichts.

Extraurlaub offerieren als Corporate Benefit

Durchschnittlich 28 Tage Urlaub pro Jahr sind vielen Angestellten in Deutschland zu wenig, Extraurlaub ist willkommen. Vielleicht nach dem Modell der Deutschen Bahn, die ihre Mitarbeiter regelmäßig entscheiden lässt, ob sie künftig mehr Geld oder mehr Freizeit wollen.

Alternative zur Gehaltserhöhung: Workation ermöglichen

Ob in Amsterdam oder auf Zypern – an Orten arbeiten, wo andere Urlaub machen, auch davon träumt so mancher. Publicis, einer der drei größten Werbedienstleister weltweit, bindet die besonders Reiselustigen unter seinen rund 750.000 Mitarbeitern mit dem sogenannten „Workation“-Angebot: Sie können überall arbeiten, wo die Agenturgruppe vertreten ist – in Paris, Düsseldorf oder London, aber auch in Costa Rica oder Japan.

Miete übernehmen, um finanziell zu entlasten

Von München nach Berlin oder von Düsseldorf nach London umziehen – wer bereit ist, für seinen Arbeitgeber dauerhaft den Wohnort zu wechseln, freut sich in Zeiten des Homeoffice über ein Zeichen der Anerkennung. Anne Spanjersberg, Personalchefin von A&O Hostels, weiß: „Die Wohnungssuche gehört zu den größten Herausforderungen.“ Deshalb übernimmt das Beherbergungsunternehmen die erste Monatsmiete nach dem Umzug.

Belegschaftsaktien ausgeben

Es handelt sich um eine Form der Mitarbeiterbeteiligung, bei der ein Teil der variablen Vergütung in Form von Unternehmensanteilen erfolgt. Vor allem Tech-Konzerne wie Apple binden damit wertvolle Fachleute oder Manager an sich – denn die Firmenanteile können in der Regel nicht sofort zu Geld gemacht werden.

Ein Blick auf die Modelle und Zielgruppen von Belegschaftsaktien offenbart große Unterschiede. Zum einen existieren Programme, die etwa Gratisaktien oder großzügige Preisnachlässe vorsehen. Daneben gibt es „Möglichkeiten, bei denen der jährliche Steuerfreibetrag von derzeit 1440 Euro pro Mitarbeiter ausgeschöpft werden kann“, sagt Daniela Karbe-Geßler vom Bund der Steuerzahler (BdSt).

Steuerfreie Zuwendungen als Corporate Benefits

„Es gibt eine ganze Palette von steuerbegünstigten Extras, die sich zudem beliebig kombinieren lassen“, sagt BdSt-Steuerexpertin Daniela Karbe-Geßler. So kann der Arbeitgeber sehr individuell Bedürfnisse und Wünsche seiner Mitarbeitenden erfüllen. Manches ist sogar komplett steuerfrei. Hier eine Auswahl:

  • Smartphone, Notebook, Monitor spendieren: Arbeiten Angestellte hybrid, mal zu Hause und mal im Betrieb, kann sich der Arbeitgeber großzügig zeigen und seine Mitarbeitenden zum Beispiel mit Smartphone, Computer oder einem großen Monitor ausstatten. Wer diese Geräte auch privat nutzen darf, muss diesen Vorteil nicht versteuern.

  • Jobticket sponsern: Zu den beliebten Bindungsextras zählt das Jobticket. Der Arbeitgeber kann wahlweise einen Zuschuss gewähren oder das Ticket komplett zur Verfügung stellen. Beide Varianten sind für den Mitarbeiter steuerfrei – wenn das Ticket zusätzlich zum Gehalt gesponsert wird und es auf der Lohnsteuerbescheinigung vermerkt ist. „Das gilt auch für das 49-Euro-Ticket, das 2023 kommen soll“, sagt BdSt-Expertin Daniela Karbe-Geßler.

  • Gesundheit fördern: Ob Rückengymnastik, Ernährungskurs oder Stressbewältigungstraining: Alles, was beim Gesundbleiben hilft, ist bis zu 600 Euro pro Jahr und Mitarbeiter steuerfrei. Falls Sportvereine oder Fitnesscenter Kurse anbieten, die den Anforderungen der Krankenkassen entsprechen, kann der Arbeitgeber die Kosten dafür ebenfalls steuerfrei erstatten.

  • Gutscheine ausgeben: Als regelmäßige, sehr persönliche Aufmerksamkeit kann der Arbeitgeber zum Beispiel Bücher- oder Kino-Fans in seiner Belegschaft Gutscheine überreichen. Pro Monat sind für jeden Arbeitnehmer Sachbezüge in Höhe von 50 Euro steuerfrei drin. Vorteilhaft sind auch Tankkarten. Wichtig: Bar ausgezahlt werden darf der Gutschein nicht.

  • Kinderbetreuung finanzieren: Ob Kindergarten, Tagesmutter oder sogar Über-Nacht-Betreuung: Was die Höhe angeht, gibt es keine Begrenzung für steuerfreie Betreuungszuschüsse vonseiten des Arbeitgebers – vorausgesetzt, der Chef bezahlt Müttern oder Vätern das on top zum bisherigen Gehalt. Steuerexpertin Karbe-Geßler: „Ein beliebtes Bindungsinstrument für Eltern – bis der Nachwuchs in die Schule kommt. Dann greift dieser steuerfreie Zuschuss nicht mehr.“

  • Dienstfahrzeug stellen: Für Fach- und Führungskräfte gehören Dienstwagen zum Repertoire an Vergütungsextras, mit denen sich sparen lässt. Aber Achtung: Auch der privat genutzte Dienstwagen muss versteuert werden. Wer kein Fahrtenbuch führen will, nutzt die Ein-Prozent-Regel: Monatlich muss ein Prozent des Brutto-Listenpreises als steuerpflichtige Einnahme angesetzt werden. Wer sowieso ein Auto braucht, fährt mit einem Dienstwagen günstiger, als wenn er sich privat ein entsprechendes Fahrzeug kaufen würde. Dagegen ist das Dienstfahrrad, das auch privat genutzt werden kann, von der Steuer befreit. Das gilt auch für Räder mit Elektroantrieb – solange sie nicht als Kraftfahrzeug eingeordnet sind. So oder so: Elektrofahrzeuge dürfen Arbeitnehmer an der Ladestation ihres Arbeitgebers kostenlos und steuerfrei aufladen.

  • Altersvorsorge aufbessern: Betriebliche Altersvorsorge kann allen Angestellten, vom Azubi bis zum Vorstandschef, zugesagt werden. „Klassischerweise wird ein Teil des Gehalts vom Arbeitgeber steuer- und abgabenfrei entweder in eine Direktversicherung, einen Pensionsfonds oder eine Pensionskasse abgeführt – damit die Angestellten später im Rentenalter von den erwirtschafteten Erträgen profitieren“, erklärt Daniela Karbe-Geßler, wie dieses Langfrist-Bindungsinstrument funktioniert. Die steuerfreie Obergrenze für Beiträge des Arbeitgebers liegt bei acht Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung. Für 2023 sind das maximal 7008 Euro. Daneben gibt es ein Extra-Fördermodell speziell für Geringverdiener in kleineren Betrieben: Wer seinen Mitarbeitern bis zu 2575 Euro brutto im Monat zahlt, profitiert davon. Und zwar über einen Zuschuss von 30 Prozent, den Vater Staat über einen Lohnsteuerverzicht gewährt, wenn der Chef Beiträge zwischen 240 und 960 Euro pro Jahr in die betriebliche Altersvorsorge seines Mitarbeiters steckt. Egal, ob niedrige oder hohe Summen eingezahlt werden – der Chef erhöht damit die Bindung an den Betrieb. „Ein Mitarbeiter, der solcherart profitiert, wird sich einen Jobwechsel sehr genau überlegen“, sagt Steuerexpertin Karbe-Geßler.

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