Corporate Political Responsibility und Unternehmensengagement: Wie aktiv sind deutsche Unternehmen?
Angesichts globaler Krisen und Unsicherheiten sowie demokratischer Erosion tragen auch Unternehmen Verantwortung, die konkrete Maßnahmen und eine mutige Haltung erfordert.
Der Monitor Unternehmensengagement 2025 untersucht das gesellschaftliche Engagement von kleinen, mittleren und großen Unternehmen in Deutschland und zeichnet ein aktuelles Bild von der privatwirtschaftlich geförderten Engagementlandschaft. Befragt wurden knapp 4.500 Unternehmen im gesamten Bundesgebiet.
Die zentralen Ergebnisse im Überblick:
Eigene Aktivitäten im Bereich der Corporate Political Responsibility (z.B. durch öffentliche Statements, Beteiligung an Kampagnen oder interne Formate zur Stärkung der demokratischen Kultur) werden bislang nur von einem Teil der Unternehmen aktiv ausgestaltet. Viele fürchten negative Auswirkungen auf ihr Geschäft: Fast die Hälfte betrachtet politische Positionierungen als potenziell geschäftsschädigend. Vor allem große Unternehmen zeigen sich in Bezug auf dieses Thema aktiver. Knapp 30 Prozent der Betriebe mit mehr als 250 Beschäftigten haben im Jahr 2024 Statements oder Aufrufe veröffentlicht.
Mit 61 Prozent bleibt der Sport das populärste Engagementfeld für Unternehmen, gefolgt von Bildung und Erziehung mit 43 Prozent . Dahinter folgen die Bereiche Soziales (38 Prozent), Freizeit und Geselligkeit (34 Prozent) sowie Kunst und Kultur (28 Prozent). Besonders auffällig ist die starke Zunahme des Engagements im Bevölkerungsschutz. Ein Teil dieses Anstiegs könnte allerdings auch darauf zurückzuführen sein, dass einzelne Unternehmen Aktivitäten im Bereich betrieblicher Nachhaltigkeit – wie Investitionen in Photovoltaikanlagen oder die Elektrifizierung des Fuhrparks – als gesellschaftliches Engagement im Klimaschutz deuten.
Engagementformen im Wandel: Spenden sind die häufigste Form des gesellschaftlichen Engagements von Unternehmen. 56 Prozent der Unternehmen spenden regelmäßig, weitere 32 Prozent in Einzelfällen. Insgesamt engagieren sich somit 88 Prozent der befragten Unternehmen in Form von Geldspenden. Auf den nächsten Plätzen folgen Sachspenden (insgesamt 75 Prozent) sowie die Freistellung von Beschäftigten für gemeinnützige Zwecke (63 Prozent). Mehr als jedes zweite Unternehmen engagiert sich zudem durch kostenlose Dienstleistungen (55 Prozent) oder Nutzungsüberlassungen (zum Beispiel Räume, Fahrzeuge, Technik, Software) (55 Prozent). Dahinter folgen eigene Engagementprojekte (31 Prozent) und nachhaltige Geldanlagen (30 Prozent). Diese stellen allerdings einen Grenzfall dar und sind nur unter bestimmten Voraussetzungen dem gesellschaftlichen Engagement zuzurechnen.
Ganzheitliche Erfassung von Unternehmensengagement: Während bereits fundierte Kenntnisse zur Entwicklung des Engagements von DAX-Unternehmen vorliegen, mangelt es an Erkenntnissen zur Art und dem Umfang des gesellschaftlichen Engagements der die Struktur der Wirtschaft Deutschlands stark prägenden kleinen und mittelständischen Unternehmen.
Hemmnisse: Neben strukturellen Hürden mangelt es vielen Unternehmen an Orientierung und praktischer Unterstützung. Gerade kleinere Betriebe wünschen sich mehr Transparenz bei bestehenden Projekten, niedrigschwellige Einstiegsmöglichkeiten und Beispiele gelungener Praxis. Viele Unternehmen sehen auch bürokratische Anforderungen als wesentliches Hemmnis für ihr gesellschaftliches Engagement (komplizierte Förderanträge, aufwendige Kooperationsverträge oder die steuerliche Behandlung von Sachspenden).
Kommunikation: Unternehmen berichten heute deutlich häufiger über ihr gesellschaftliches Engagement als noch 2018. Dennoch bleibt das Engagement gerade kleiner Unternehmen vielfach unsichtbar: Knapp die Hälfte von ihnen kommuniziert nicht öffentlich über ihr Engagement.
Die Engagementbereitschaft ist vielfach vorhanden, doch es braucht klarere, verlässlichere Rahmenbedingungen, um sie langfristig zu stärken.
Gesellschaftliches Engagement gewinnt personalpolitisch an Relevanz Während die Verbesserung oder Pflege der Marke beziehungsweise des Unternehmensimage weiterhin eine wichtige Rolle spielt, gewinnen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des daraus resultierenden Fachkräftemangels personalbezogene Aspekte zunehmend an Bedeutung. Engagement wird besonders häufig mit der Verbesserung der Arbeitgeberattraktivität und der Steigerung der Bindung der Beschäftigten ans Unternehmen begründet. Auch die Erweiterung der Kompetenzen der Beschäftigten ist für viele Unternehmen ein relevanter Faktor. Dies unterstreicht die wachsende Bedeutung von gesellschaftlichem Engagement als strategisches Instrument des Employer Branding.
Stabilität im Engagement: 56 Prozent der Unternehmen gibt an, dass ihr gesellschaftliches Engagement in den letzten drei Jahren stabil geblieben ist. Ca. 29 Prozent berichten von einer Zunahme – davon 6 Prozent von einer starken Zunahme. Gleichzeitig hat sich das Engagement bei insgesamt 8 Prozent der Unternehmen verringert, wobei 2 Prozent von einem starken Rückgang sprechen. Die Mehrheit der Unternehmen plant, ihr gesellschaftliches Engagement auf dem aktuellen Niveau fortzusetzen. Dies trifft besonders auf kleinere Unternehmen mit bis zu 49 Beschäftigten (75 Prozent) sowie mittlere Unternehmen (73 Prozent) zu. 16 Prozent der kleinen, 20 Prozent der mittleren und 26 Prozent der großen Unternehmen streben eine moderate Ausweitung ihres Engagements an, nur ein kleiner Teil der Unternehmen plant eine Reduzierung der Aktivitäten.
Zunehmende strategische Verankerung des Themas: Während einige Unternehmen überaus großzügig spenden, zeigen sich andere deutlich zurückhaltender. Ein Drittel der Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 50 Millionen Euro spendet lediglich bis zu 10.000 Euro, ein nennenswerter Anteil spendet jedoch auch deutlich höhere Be träge – bis hin zu mehr als einer Million Euro (4 Prozent).
Thematische Verschiebungen: Der Sport bleibt das am weitesten verbreitete Engagementfeld der Unternehmen. Mehr als 60 Prozent der engagierten Unternehmen sind in diesem Bereich aktiv, etwa ein Drittel gibt den Sport als primäres Engagementfeld an. Zu den weiteren besonders weit verbreiteten Engagementfeldern zählen Bildung, Soziales, Freizeit und Kultur. Allerdings zeigt sich eine klare thematische Verschiebung: Gerade das Engagement im Bereich Bevölkerungs- und Katastrophenschutz hat deutlich zugenommen. Auch der Klimaschutz hat sich als eigenständiges Engagementfeld etabliert. Diese Entwicklung ging zulasten des Engagements für Bildung und Erziehung, vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass verfügbare Ressourcen verstärkt in krisenbezogene Handlungsfelder umgelenkt werden.
Das Bekenntnis zu demokratischen Werten findet breite Zustimmung – konkrete Maßnahmen sind jedoch deutlich seltener. Bei der Frage, welche Auswirkungen die seit einigen Jahren zu beobachtende politische Polarisierung auf das gesellschaftliche Engagement von Unternehmen hat, zeigt sich ein ambivalentes Bild: Grundsätzlich befürwortet die überwiegende Mehrheit ein öffentliches Bekenntnis von Unternehmen zu demokratischen Werten.
Die Zuständigkeiten für das Thema innerhalb der Unternehmen verändern sich sukzessive: In den allermeisten Unternehmen ist die Verantwortung zwar weiterhin in der Unternehmensleitung verankert. Gleichzeitig zeigt sich jedoch eine zunehmende Ausdifferenzierung: Sowohl die Bereiche Kommunikation/Marketing als auch Personal/Human Resources sind inzwischen häufiger für die Steuerung gesellschaftlichen Engagements zuständig. Dies deutet auf eine stärkere Verankerung von Engagement in strategisch relevanten Funktionsbereichen hin, etwa im Kontext von Arbeitgebermarke, Unternehmenskultur oder externer Kommunikation.
Beispiel aus dem Mittelstand
Das Beispiel der NEUMÜLLER Unternehmensgruppe in Nürnberg bestätigt eine Vielzahl dieser Ergebnisse. Sie ist nicht nur als Personaldienstleister im kaufmännischen Bereich, sondern auch in den Bereichen Ingenieurwesen und Softwareentwicklung tätig. Auch die 2019 gegründete und damit jüngste Firma consil med gmbh ärzte fachpflegepersonal vermittlung ist inzwischen ein fest etablierter Partner und Personaldienstleiter im medizinischen Bereich. Auch vor dem Hintergrund aktueller Herausforderungen wird gesellschaftliches Engagement hier nicht vernachlässigt. In allen Unternehmensbereichen gilt als Grundlage die Unternehmens-DNA: „ehrlich, fleißig, nachhaltig“ (Verankerung im Kerngeschäft). Alle Maßnahmen ist hier miteinander verflochten. Auch der Sport nimmt eine zentrale Rolle ein. So gehört zum regionalen Sponsoring auch die Unterstützung des HBC Nürnberg, ein Zusammenschluss zweier Nürnberger Handball Traditionsvereine - TV Eibach 03, Post SV Nürnberg und Sponsor St. Johannis 07 „Grizzlys“. Die einstigen Rivalen nutzten bereits vor ihrer Verschmelzung verstärkt gegenseitige Unterstützung und schufen Synergien in organisatorischen und sportlichen Themen. Ohne die großzügige Unterstützung der Sponsoren wäre es nicht möglich, den Spielbetrieb aufrechtzuerhalten und vor allem die Förderung des Nachwuchses zu sichern. Unterstützt werden außerdem das „St. Paul Haus der Athleten“, der „SVS – Spielvereinigung Seligenporten e.V.“ und „Fechterring Nürnberg e.V.“
Zudem werden Ausbildung, Bildung, Wissenschaft (Zukunftspartner der DHBW-Mosbach), Kultur gefördert: So werden die Opernfreunde Nürnberg unterstützt und dadurch gewährleistet, dass das Staatstheater junge Sänger fördert und begleitet, auch zahlreiche Inszenierungen werden unterstützt. Bei Musicalproduktionen arbeitet das Staatstheater seit einigen Jahren mit der Bayerischen Theaterakademie August Everding zusammen. Durch diese Kooperation haben die Studierenden die Möglichkeit, in Nürnberg Bühnenerfahrung zu sammeln. Auch Maßnahmen zugunsten von Mitarbeitergesundheit und Chancengleichheit, Einsatz von umweltschonenden Technologien und Arbeitsmitteln, Schaffung von Freiräumen für ehrenamtliche Tätigkeiten, Unterstützung von karitativen und sozialen Projekten wie z. B. den Bau von Schulen in Indonesien und auf den Philippinen, Consilatio Stiftung Treuhandstiftung für Kinder in Not über das Kinderfonds Stiftungszentrum, Spenden für „Ärzte ohne Grenzen“ und für die Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS), World Vision-Patenschaften, SOS Kinderpatenschaften und Helping Hands Uganda, Tierpatenschaft für einen Hyazinth-Ara, Kinderfond, Spenden für regionale Organisationen wie „Tröster Teddy“, „Schutzbengel“ sowie Kindergärten und Krankenhäuse spielen eine wichtige Rolle. Die Unterstützung einzelner Projekte und das gesellschaftliche Engagement sind auch ein guter Weg, dem eigenen Leben Sinn zu geben.
Weiterführende Informationen:
Werner Neumüller: Die Grenzen der Rationalität. In: Bauchgefühl im Management. Die Rolle der Intuition in Wirtschaft, Gesellschaft und Sport. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. SpringerGabler Verlag 2021.
Werner Neumüller: Das resiliente Unternehmen im Mittelstand. Am Beispiel der Neumüller Unternehmensgruppe. In: Zukunftsvision Deutschland. Innovation für Fortschritt und Wohlstand. Hg. Marion A. Weissenberger-Eibl. SpringerGabler Verlag, Berlin Heidelberg 2019.
Werner Neumüller: Ehrlich weiter: Auf der Suche nach den Menschen. In: Visionäre von heute – Gestalter von morgen. Inspirationen und Impulse für Unternehmer. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2018.