Danke, dass ich kein Topmodel bin
Vor Kurzem war ich auf einer beruflichen Veranstaltung – einer Messe, auf der ich mit einer Freundin unterwegs war.
Es war wie immer superinteressant. Ich besuche oft Messen, Kongresse und andere Business-Events, und man gewöhnt sich an einen bestimmten Umgangston. Meistens sind die Leute freundlich und professionell, manchmal sogar herzlich. Ein dummer Spruch oder Machogehabe sind eher die Ausnahme – zumindest dachte ich das bisher.
An diesem Tag durfte ich allerdings feststellen, dass die Frage, wie sich Männer im Businesskontext verhalten, offenbar in hohem Maße vom Aussehen abhängt. Meine Freundin – eine wirklich attraktive Frau – stieß irgendwann auf dem Kongress zu mir, und was dann passierte, war einfach faszinierend. Einige Männer, die zuvor noch völlig professionell und respektvoll waren, legten auf einmal eine Art „Trophy-Wife-Verhalten“ an den Tag – ein Flirt hier, ein protziger Kommentar da. Plötzlich ging es nur noch darum, zu beeindrucken, und der Businesskontext schien vergessen.
Meine Freundin war sichtlich genervt. Schließlich waren wir nicht dort, um uns von irgendjemanden beeindrucken zu lassen, sondern um zu arbeiten. Und ich stand daneben und dachte: Manchmal ist es gar nicht so schlecht, nicht wie das nächste Topmodel auszusehen. Dieses ganze „Du musst so und so aussehen, um glücklich zu sein“ – wie es uns die Konsumwelt suggeriert –, bekam in diesem Moment eine ganz neue Bedeutung.
Das Interessanteste an dieser Erfahrung? Es waren die gleichen Männer, die sich vorher völlig normal, respektvoll und professionell verhalten hatten. Aber sobald eine besonders attraktive Frau dazukommt, scheint bei einigen das „Steinzeitgehirn“ anzuspringen. Auf dem Heimweg dachte ich mir: Ich mag meine Freundin unheimlich gern, aber ihre Probleme möchte ich nicht haben. Es ist das eine, als Frau im Beruf nicht immer ernst genommen zu werden – ein ohnehin großes Thema. Aber es ist etwas ganz anderes, wenn dich Leute im Businesskontext nur noch auf dein Aussehen reduzieren und du permanent mit so einem Urzeit-Flirtverhalten konfrontiert bist.
Am Ende bin ich dankbar, dass ich nicht in der gleichen Rolle stecke. Vielleicht bringt es in manchen Situationen sogar Vorteile, eben nicht nach einem Schönheitsideal geformt zu sein. Und vielleicht ist es genau das, was mir ermöglicht, im Business ernst genommen zu werden – ohne dass ich mir Sorgen machen muss, ob jemand mein Aussehen oder meine Expertise sieht.